Die Betriebsgebäude der Firma Dehling sind am vergangenen Samstag ein Raub der Flammen geworden. Die Lagerhalle und die Werkstatt müssen abgerissen werden. Foto: factum/Granville

Die Dach- und Fassadenbaufirma Dehling erfüllt weiterhin die Aufträge ihrer Kunden. Nur jene Fahrzeuge, die auf der Straße standen, sind unbeschädigt geblieben. Die Ursache für das Feuer, das einen Millionenschaden verursachte, ist ungeklärt.

Holzgerlingen - Im Hof der Firma Dehling stehen auf einem Tischchen eine Kanne mit Kaffee, Tassen und Brezeln bereit. Die Helfer der Holzgerlinger Unternehmerfamilie, bei der ein verheerender Brand am Samstag die

Firmengebäude in Schutt und Asche gelegt und das Wohnhaus unbrauchbar gemacht hat, sollen sich bei ihrem Einsatz stärken können. Fast ist wieder ein bisschen Normalität eingekehrt in der Max-Eyth-Straße. Doch wird wohl nichts mehr so sein, wie es vorher einmal war.

Freunde und Bekannte der Dehlings sind eifrig damit beschäftigt, das Wohngebäude zu reinigen. Dort hängen noch der Rauch und der Ruß drin, überall ist es nass und feucht. „Die Böden müssen alle entfernt werden“, sagt Firmenchef Peter Dehling, Viele Möbel sind bereits herausgeräumt worden. „Die Feuerwehr hat allein 280 000 Liter Wasser in unser Haus gespritzt“, berichtet der 58-Jährige. Das Gebäude sei nun im Zustand eines Rohbaus: „Von oben bis unten ist es ein einziger Wasserschaden.“ Doch ist Peter Dehling den Feuerwehrkräften unendlich dankbar. „Wenn sie zwei Minuten später mit dem Löschen begonnen hätten, wäre wohl nichts mehr zu retten gewesen.“ Besonders brenzlig war es für den Dachstuhl des Wohngebäudes: Dort hatten die Einsatzkräfte das Übergreifen der Flammen in letzter Sekunde gerade noch einigermaßen verhindern können.

Büro samt EDV-Anlage ein Raub der Flammen

An diesem Donnerstagvormittag fährt ein Lieferwagen nach dem anderen auf den Hof. „Ich habe mein sämtliches Werkzeug verloren“, sagt Peter Dehling. Nicht einmal einen Hammer hatte der Handwerker aus dem Bayerischen mehr, der seit 36 Jahren mit einer Schwäbin verheiratet ist und seit 1988 seinen Firmensitz im Holzgerlinger Industriegebiet Buch/Sol hat. Mitarbeiter der Firma Würth liefern Akku-Schrauber, Schleif- und Flexgeräte, Bohrer und vieles mehr – alles, was die 20 Mitarbeiter der gebeutelten Dach- und Fassadenbaufirma benötigen. „Die Arbeit geht weiter“, sagt Peter Dehling. „Wir haben unsere Aufträge auf verschiedenen Baustellen zu erfüllen“, fügt der gelernte Zimmermann, Dachdecker und Flaschner hinzu. Das Problem sei nur, dass die gesamte EDV-Anlage ein Raub der Flammen wurde: „Darin waren alle unsere Daten gespeichert. Ich kann zu bestimmten Kunden derzeit keinen Kontakt aufnehmen“, sagt der Firmenchef.

In einem Container, den ein Bekannter zur Verfügung stellt, versuchen die Dehlings, ein provisorisches Büro einzurichten. Ein Zelt dient als vorübergehender Werkstatt- und Lagerraum. Im bisherigen Betriebsgebäude hat die Feuersbrunst alles zerstört. Auch die Stapler, Lieferfahrzeuge und die gesamten Geräte. Dehling schätzt den Schaden auf rund zwei Millionen Euro. Glücklichweise waren einige Betriebsfahrzeuge auf der Straße geparkt, mit denen Dehling seine Mitarbeiter auf die Baustellen schicken kann. „Natürlich rechne ich mit Umsatzeinbußen, bis der Betrieb in einem Jahr vielleicht wieder aufgebaut ist.“ Aber irgendwie werde er sich und sein Unternehmen schon über Wasser halten können. Und vorerst kann die Familie bei Freunden wohnen.

„Raus, bloß raus hier!“

Die Brandursache ist noch nicht geklärt. Immer wieder kämen neue Ermittler der Polizei und Brandsachverständige, berichtet Dehling. Das Feuer sei möglicherweise auf dem Gelände des Nachbargrundstücks ausgebrochen. „Dort wurden unterem anderen auch Batterien gelagert“, sagt Peter Widenhorn, der Pressesprecher der Polizeidirektion Ludwigsburg. Welche Halle aber zuerst gebrannt habe, jene auf dem Nachbargrundstück, oder bei den Dehlings, sei ebenfalls noch unklar. Der Schaden bei der Nachbarfirma belaufe sich auf rund 20 000 Euro. „Wir suchen nach Zeugen“, erklärt Widenhorn, bisher habe sich aber noch niemand gemeldet.

„Raus, bloß raus hier!“, schrie Peter Dehling am Samstagmorgen, als er um halb zehn Uhr einen beißenden Brandgeruch in der Nase hatte. Die 28-jährige Tochter stand unter der Dusche. Aber zum Glück hätte die Familie noch rechtzeitig das Wohngebäude verlassen können. „Ich bin froh, dass niemanden etwas passiert ist“, sagt Dehling. Nun sei es an den Versicherungen, für den Schaden aufzukommen. Auch etwa 5000 Bücher haben Schaden genommen, sind angekokelt oder durchnässt. „Mein Vater ist eine Leseratte, er verschlingt vor allem Geschichtsbücher“, sagt der 30 Jahre alte Sohn Sebastian. Aber auch die Bücher – viele von ihnen jedenfalls – sind zu ersetzen. Und Peter Dehling, stellt am vierten Tag nach dem Großbrand mit einem zuversichtlichen Lächeln fest: „Wir sind schon wieder ganz gut dabei.“