Aus Sicht vieler Bürger wird im Stuttgarter Wald zu oft die Säge angesetzt. Foto: dpa

Wenn Kettensägen und Fällmaschinen ausrücken, um Bäume zu roden, treibt das regelmäßig Bürger auf die Barrikaden. Die Stadt will einzelne Maßnahmen vorab in den Stadtbezirken erläutern. Allerdings, so Bürgermeister Türnau (SPD), könne man nicht über jeden einzelnen Baum diskutieren.

Stuttgart - Forstarbeiten größeren Ausmaßes sorgen in der Bevölkerung regelmäßig für Aufwallungen und böses Blut. Jüngste Beispiele: Als im Februar dieses Jahres im Rot- und Schwarzwildpark in großem Ausmaß gesunde Buchen gefällt wurden, zog das einen Aufschrei in der Bevölkerung nach sich. Und als im Mai entlang der Sommerhaldenstraße in Botnang Bäume gestutzt und gefällt wurden, ging die Bürgerinitiative Zukunft Stuttgarter Wald erneut auf die Barrikaden.

Die Vorwürfe: Die Stadt ordne den Naturschutz ihren wirtschaftlichen Interessen unter. Der Holzverkauf spült jährlich eine beachtliche Summe in die kommunale Haushaltskasse.

Die Stadt reagiert nun auf die Proteste: Zum einen wird der für die Wintersaison geplante Holzeinschlag im Stadtwald reduziert, zum anderen soll die Notwendigkeit der Eingriffe in die Natur besser kommuniziert werden. Einen von SÖS/Linke-plus Grünen und Stadtisten angeregten Waldbeirat, in dem auch Vertreter von Bürgerinitiativen und Naturschutzverbänden sitzen sollen, lehnt der zuständige Bürgermeister Dirk Thürnau (SPD) derzeit noch ab. Das Gremium soll erst zur 2022 beginnenden nächsten zehnjährigen Forstperiode in Leben gerufen werden.

Im Stadtwald sollen im Winter rund 8000 Festmeter Holz geschlagen werden

Die Gemarkung Stuttgart besteht zu 24 Prozent aus Wald. 2700 Hektar gehören der Stadt, rund 2000 Hektar sind im Besitz des Landes, werden aber noch bis 2020 vom städtischen Fortsamt mitbewirtschaftet. Neben Pflegemaßnahmen und der Gewährleistung der Sicherheit für Menschen, die den Wald zur Naherholung nutzen, wird der Wald auch verjüngt und erneuert: So werden etwa verstärkt Buchen durch Eichen ersetzt, die sich als resistenter gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels gezeigt haben. Nicht immer werden die Gründe für die Holzeinschläge den Bürgern ausreichend vermittelt.

Das zumindest will Thürnau nun ändern: Die geplanten Fällungen im Stadtwald für die kommende Winterperiode sollen in den jeweiligen Bezirksbeiräten vorab erläutert werden. Geplant sind Durchforstungen unter anderem im Revier Fasanengarten zwischen Weilimdorf und Hausen, auf den Fildern etwa in Dürrlewang und am Rohrer Wald sowie in Stuttgart-Ost am Frauenkopf und Lederberg. Sicherheitsbedingte Rodungen fallen am Kräherwald, entlang der Autobahn 8 und im Hofener Wäldle an. Die Arbeiten beginnen Mitte Oktober. Insgesamt liege die Menge des geschlagenen Holzes mit rund 8000 Festmetern – auch aus personellen Gründen – rund 60 Prozent unter dem eigentlich festgelegten Abholzvolumen, betonte Thürnau im Technischen Ausschuss des Gemeinderats. Die geforderte Einrichtung eines Runden Tisches noch vor Beginn der Fällungen sei aber kurzfristig nicht leistbar. Zudem, so Thürnau, könne man nicht „über jeden einzelnen Baum diskutieren“. Auch dass die Erntemaschinen oftmals eine Spur der Verwüstung im Wald hinterlassen, wie der Stadtisten-Stadtrat Ralph Schertlen beklagte, lasse sich nicht verhindern. Thürnau: „Wir können die Bäume nicht mit dem Helikopter abtransportieren.“

Initiative will nochmal mobilisieren

Für Jörg Noetzel von der Initiative Zukunft Stuttgarter Wald ist das Verschieben des Beirats nicht akzeptabel: „Wir brauchen den Waldbeirat so schnell wie möglich.“ Die Stadt müsse den Holzeinschlag dauerhaft reduzieren und dafür finanzielle Einbußen in Kauf nehmen. Noetzel und seine Mitstreiter wollen nun nochmals mobilisieren. Ihre Hoffnung: Die ökosoziale Mehrheit im Rat könnte per Antrag einen entsprechenden Beschluss herbeiführen und Thürnau zum Handeln zwingen.