Ursula Haverbeck verbüßt ihr Haftstrafe. Foto: POOL

Weil sie den Völkermord in den Gaskammern von Auschwitz bestreitet, sitzt Ursula Haverbeck mit fast 90 Jahren im Gefängnis. Zu Recht, sagt auch das Bundesverfassungsgericht. Aber nicht jede beschönigende Darstellung des Nationalsozialismus ist für die Richter strafbar.

Karlsruhe - Die zu einer Haftstrafe verurteilte Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck ist mit einer Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht gescheitert. Eine Bestrafung wegen Leugnung des nationalsozialistischen Völkermordes sei grundsätzlich mit dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit vereinbar, teilte das Gericht am Freitag in Karlsruhe mit. Die Verfassungsklage der 89-Jährigen wurde deshalb nicht zur Entscheidung angenommen. (Az. 1 BvR 673/18)

Die Verfassungsbeschwerde eines zweiten Klägers, der wegen Verharmlosung des NS-Völkermordes zu einer Geldstrafe verurteilt worden war, hat dagegen Erfolg. Eine Verurteilung komme nur bei Äußerungen in Betracht, die geeignet seien, den öffentlichen Frieden zu gefährden, hieß es zur Begründung. (Az. 1 BvR 2083/15)

Haverbeck sitzt ihre Strafe seit Mai in einem Gefängnis in Bielefeld ab. Das Landgericht Verden in Niedersachsen hatte sie wegen Volksverhetzung in acht Fällen zu zwei Jahren Haft verurteilt. Ihre Revision hatte keinen Erfolg. Die Verfassungsklage bezog sich auf dieses Verfahren. Außerdem hat das Landgericht Detmold Haverbeck wegen Volksverhetzung rechtskräftig zu 14 Monaten Haft verurteilt.

Leugnen des Holocausts ist strafbar

Haverbeck hatte wiederholt behauptet, das deutsche Konzentrationslager Auschwitz im besetzten Polen sei kein Vernichtungs-, sondern ein Arbeitslager gewesen. In mehreren Artikeln schrieb sie, die massenhafte Ermordung von Menschen jüdischen Glaubens in den Gaskammern könne sich so nicht ereignet haben. In Auschwitz-Birkenau starben Schätzungen zufolge etwa 1,1 Millionen Menschen.

Der zweite Kläger ist ein Mann, der eine Internetseite namens „Netzradio Germania“ betrieb. In einem dort veröffentlichten Audio-Beitrag kritisiert ein anderer Sprecher die Wehrmachtausstellung, die von 1995 bis 1999 in verschiedenen Städten in Deutschland und Österreich zu sehen war. Unter anderem wirft er den Ausstellungsmachern Fälschung und Manipulation vor. Holocaust-Überlebenden unterstellt er, mit Vorträgen über die Massenvernichtung Geld zu verdienen.

Das allein begründet nach der Karlsruher Entscheidung keine Strafbarkeit. Die Grenzen der Meinungsfreiheit seien nicht schon überschritten, wenn die anerkannte Geschichtsschreibung oder die Opfer nicht angemessen gewürdigt würden, heißt es in dem Beschluss. Das bedeute nicht, dass solche Meinungen gleichgültig hingenommen werden müssten. Die freiheitliche Ordnung setze aber darauf, dass solchen Äußerungen „grundsätzlich nicht durch Verbote, sondern in der öffentlichen Auseinandersetzung entgegengetreten wird“. Das Landgericht Paderborn muss den Fall nun neu entscheiden.

Das Leugnen des Holocausts wie im Fall Haverbeck trägt für die Verfassungsrichter dagegen „unmittelbar die Gefahr in sich, die politische Auseinandersetzung ins Feindselige und Unfriedliche umkippen zu lassen“. Sie mache mit ihren Artikeln gezielt und bewusst Stimmung gegen die jüdische Bevölkerung und den Zentralrat der Juden.