Die neue Frauen- und Kinderklink am Katharinenhospital kostet voraussichtlich 332 Millionen Euro. 132 Millionen zahlt die Stadt, 150 das Land, den Rest muss wohl die Klinik aufbringen. Foto: Peter Petsch

Stuttgarts OB Fritz Kuhn und Finanz­bürgermeister Michael Föll haben am Mittwoch glänzende Zahlen für das Haushaltsjahr 2012 präsentiert: Der Überschuss erreichte 306,1 Millionen Euro. Er drückt die für dieses Jahr geplante Kreditaufnahme.

Stuttgart - Die Landeshauptstadt hat 2012 den zweithöchsten Überschuss seit der Jahrtausendwende erwirtschaftet. Das lag an der Konjunktur, die hohe Gewerbesteuereinnahmen und Zuweisungen des Landes brachte. OB Fritz Kuhn (Grüne) und Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) warnen den Gemeinderat davor, nun ein Wunschkonzert anzustimmen, denn für 2013 sind laut Haushaltsplan neue Schulden geplant.

Das Gremium soll den Jahresabschuss 2012 am 18. Juli zur Kenntnis nehmen und dem städtischen Klinikum vorzeitig (geplant war 2014) eine Finanzspritze von 132 Millionen Euro für den Neubau von Olgahospital und Frauenklinik gewähren. Er wird am 26. Oktober eingeweiht. Die Umzugstermine sind am 9. und 23. November.

2012: Mehr Einnahmen

Wenn in der Kasse viel mehr Geld bleibt als erwartet, kann mehr eingenommen, aber auch weniger ausgegeben worden sein. Stuttgart profitiert vor allem von höheren Einnahmen. 638,2 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen brutto (davon gehen 105,5 Millionen Euro Umlage weg) markieren laut Föll den dritthöchsten Wert überhaupt. Vom Land kamen außerdem 100 Millionen Euro mehr an Zuweisungen, aus der Einkommensteuer erhielt die Stadt 34 Millionen mehr als erwartet. Für 2012 waren neue Kredite von 70,7 Millionen Euro geplant. Föll musste aber nicht zur Bank, um Geld zu holen. Er brachte welches hin. Der Schuldenstand der Stadt sank von 47,1 auf 35,5 Millionen Euro oder 61,32 Euro pro Einwohner. Hohe Schulden haben allerdings städtische Betriebe wie die Abwasserentsorgung und Müllabfuhr (zusammen 392 Millionen). Diese werden nicht aus dem Haushalt, sondern durch Gebühreneinnahmen abbezahlt. Gespart wurde 2012 auch, zum Beispiel im Vergleich zur Planung beim Personal (16 Millionen), bei baulichen Anlagen (34) und sozialen Leistungen (18 Millionen).

2013: Sparsamkeits-Appell

Nach den fetten Jahren 2011 (242 Millionen Überschuss) und 2012 (306,1 Millionen) warnt Föll: „Es wird so nicht weitergehen.“ Das liege zum Beispiel daran, dass Firmen ihre „Gestaltungsmöglichkeiten“ bei der Verteilung der Gewerbesteuer an verschiedene Standorte nutzen. Der Fall Porsche/Volkswagen ist bekannt. So wird Stuttgart zwei Drittel der bisherigen Porsche-Abgabe an die größeren VW-Standorte verlieren. Es gebe weitere Firmen, bei denen dieser Umverteilungsmechanismus einsetzen könne, warnt Föll. „Die Gewerbesteuer wird dauerhaft niedriger ausfallen“, sagt er. Um investieren zu können, müsse die Stadt eigentlich dauerhaft rund 200 Millionen Euro erwirtschaften. Davon sei man aber weit entfernt. Immerhin drückt der 2012er-Überschuss die für dieses Jahr vorgesehene Neuverschuldung. Aus 217 Millionen Euro neuen Krediten werden 76 Millionen.

Viel wahrscheinlicher ist aber, dass gar keine Kredite aufgenommen werden müssen, weil nämlich die Stadt die vom Gemeinderat beschlossenen Investitionen nicht so schnell wie gewünscht abarbeiten kann. Föll räumt ein: „Wir übertragen 302 Millionen Euro Investitionsmittel auf 2013, das ist das Volumen eines kompletten Haushalts.“ Gründe? Es werde „zum Teil euphorisch geplant, zum Teil sind die Pläne mit den Kapazitäten der Bauwirtschaft nicht so schnell umsetzbar, zum Teil gibt es andere Gründe“. Diese anderen Gründe liegen laut Gesamtpersonalrat Uwe Theilen im Personalmangel von Hochbau- und Baurechtsamt. Auch die Bezirksämter und das Amt für öffentliche Ordnung bräuchten mehr Mitarbeiter. Theilen: „Wir müssen die Investitionen auch intern abwickeln können.“

2014: Kuhns Schwerpunkte

Der neue OB Fritz Kuhn ist seit sechs Monaten im Amt. Seine Schwerpunkte nannte der Grüne am Mittwoch erneut: „Wohnen, Verkehr, Kinderbetreuung, Schulsanierung, Energie.“ Zahlen? „Über die Hausnummern müssen wir uns erst noch verständigen“, vertröstet Kuhn auf den 26. September. Dann ist die Einbringung des Doppelhaushalts 2014/15 im Gemeinderat, dann muss Kuhn Farbe bekennen. Er wolle weiter „sparsam haushalten, um zu investieren“, sagt Kuhn, und dass er ein „Infrastrukturfreak“ sei.

Die von Föll und Volker Schaible, dem Leiter der Stadtkämmerei zusammengestellten Eckdaten für die nächsten zwei Jahre zeigen einen Rückgang der Gewerbesteuer auf 570 (2014) und 580 (2015) Millionen Euro. Er werde weder Steuererhöhungen noch -senkungen vorschlagen, sagt Kuhn. Magerer werden auch die Gewinnbeteiligungen an der Landesbank (LBBW, minus 39 und 35 Millionen Euro) ausfallen. Steigen sollen dagegen die Überweisungen aus den Anteilen an der Einkommensteuer (plus 47 und 53 Millionen) und Zuweisungen (plus elf und 61 Millionen Euro). Der Blick in die Zukunft ist schwierig, alle Zahlen sind von der Konjunkturentwicklung abhängig. Sicher sei, dass die Stadt ihre „strikte Ausgabendisziplin“ beibehalten müsse.