„Selbst kreativ zu werden ist sehr wichtig“, sagt Fjodor Zarmutek. Der Illustrator hat unter anderem für die Harald-Schmidt-Show gearbeitet. Foto: Benjamin Bauer

Fjodor Zarmutek erklärte Grundschülern der Hohen-steinschule das Einmaleins der Comic-Figuren. Dabei will er vor allem die Individualität der Schüler fördern.

Stuttgart-Zuffenhausen - Die zehnjährige Elisabeth hat ihrem fies dreinschauenden Piraten gerade eben zwei Narben auf der Stirn verpasst. Seine Ohren sind mit einer Unmenge von Ringen behängt, die Visage des Raubritters ziert ein Dreitagebart. „Den habe ich mir selber ausgedacht“, sagt die Viertklässlerin über ihre Zeichnung. Das ist ganz im Sinne von Fjodor Zarmutek, der an diesem Morgen der Klasse 4b der Hohenstein-Grundschule bei einem Workshop zeigt, wie man eine Comic-Figur zeichnet. Dabei will er vor allem die Individualität der Schüler fördern. „Mir ist wichtig, dass die Kinder selbst etwas entwerfen und nicht nur abzeichnen“, sagt er. Durch seine Anleitung will der diplomierte Designer den Kindern lediglich eine Hilfestellung geben und ihnen zeigen, wie man eine Comic-Figur aufbaut und welche Schritte nötig sind, um ein das Ergebnis möglichst professionell wirken zu lassen.

Zuerst geht es an die Vorzeichnung. „Comic-Figuren zeichnet man immer erst mit einem hellblauen Stift vor“, sagt Zarmutek. „Das Hellblau kann man nämlich gut mit Schwarz nachzeichnen, so dass man die Vorskizze nicht mehr sieht.“ Für die Skizze bringt Zarmutek zunächst geometrische Grundformen zu Papier: Ellipsen für Kopf, Rumpf und wichtige Gelenke, Striche für Arme und Beine. „Ihr kennt doch bestimmt diese Gliederpuppen aus Holz“, sagt der Zeichner. „So müsst ihr euch die Vorzeichnung vorstellen.“ Eifrig kritzeln die Kinder auf ihr Papier. Nach der groben Skizze werden Details herausgearbeitet: Augen, Nase, Mund, Hände und Füße. „Warum haben so viele Comic-Figuren eigentlich nur vier Finger?“, fragt Zarmutek in die Runde. „Weil der Daumen so schwierig zu zeichnen ist“, antwortet einer. „Weil man für fünf Finger eine zu große Hand braucht“, sagt ein anderer. Zarmutek nickt. „Weil Fingerstellungen mit vier Fingern einfacher zu zeichnen sind“, sagt er und schickt einen Tipp hinterher: „Die Finger sind quasi Bratwürste.“

Eine Art Bildungsauftrag

Der 47-Jährige weiß, wovon er spricht. Seit 1995 arbeitet Fjodor Zarmutek als selbstständiger Illustrator. Gezeichnet hat er schon für die Harald-Schmidt-Show, für Bild der Wissenschaft oder auch die Motor Presse. Zusammen mit seiner Lebensgefährtin hat er ein Atelier im Stuttgarter Süden, wo er je nach Bedarf Comic-Workshops veranstaltet. Darin sieht er durchaus eine Art Bildungsauftrag. „Heutzutage wird ja zunehmend einfach nur noch konsumiert“, sagt Zarmutek. „Selbst kreativ zu werden, ist da sehr wichtig.“ Comic-Zeichnen sei zudem nicht nur was für Kinder. „Erwachsenen kann das helfen, einfach mal abzuschalten und einmal eine andere Sicht auf die Dinge zu bekommen“, sagt er.

So zeichnete auch Klassenlehrerin Silvia Szolek-Müller beim Workshop fleißig mit und war von den Arbeiten der Kinder begeistert. „Ich bin fasziniert davon, wie gut die Kinder das können“, sagte sie. Einen Comic-Workshop würde sie gerne jedes Jahr veranstalten. „Es ist einfach was anderes, wenn da mal ein richtiger Profi vor Ort ist und die Kinder nicht nur im Kunstunterricht zeichnen“, sagt sie.

Nach rund anderthalb Stunden sind die Figuren, die so illustre Namen tragen wie „Mister Dick und Dumm“ oder „Big Johnny“, zu Papier gebracht. Und den Kindern hat es Spaß gemacht. „Der Workshop hat mir sehr gut gefallen, denn ich zeichne sowieso gerne“, sagte der elfjährige Josue. „Vielleicht werde ich ja auch einmal Comic-Zeichner.“