Panagiotis, Zahida und Manjinder (v.l.) helfen in ihrer Freizeit in sozialen Einrichtungen. Foto: Bernd Zeyer

20 Mädchen und Buben aus der Hohensteinschule nehmen an dem Projekt „freiwilliges soziales Schuljahr“ der Caritas teil.

Zuffenhausen - Wenn am Freitagmittag die Glocke der Hohensteinschule läutet und für die meisten Mädchen und Buben das Wochenende beginnt, dann macht sich Zahida auf den Weg ins Samariterstift. Die 13-Jährige nimmt am Pilotprojekt „freiwilliges soziales Schuljahr“ teil. Jede Woche kümmert sie sich zwei Stunden lang um pflegebedürftige Senioren, und zwar ehrenamtlich und außerhalb des Unterrichts. Als eine von fünf Stuttgarter Lehranstalten macht die Hohensteinschule bei der Aktion der Caritas mit und stellt dabei die meisten Teilnehmer.

Große Resonanz hat überrascht

„Wir waren sehr überrascht, eigentlich haben wir nicht mit einer derartig großen Resonanz gerechnet“, sagt Yasmina Touchi vom Freiwilligenzentrum Caleidoskop der Caritas. Rund 60 Kinder hatten sich zum Projektstart am Schuljahresbeginn 2012 gemeldet, 20 davon von der Hohensteinschule. Wegen des großen Andrangs konnten einige der Kinder erst nach einer Wartezeit untergebracht werden. Vor allem Kindertagesstätten und Seniorenheime sind bei den Schülern beliebt, es gibt aber auch Plätze auf Jugendfarmen. Voraussetzung ist, dass der Arbeitsplatz im selben Bezirk wie der Wohnort liegt und sich die Interessen der Einrichtung und des Schülers überschneiden. Bei den sozialen Einrichtungen, so berichtet Touchi, sei die Begeisterung nicht so groß gewesen wie bei den Schülern. Mit rund 120 Institutionen hat die Projektkoordinatorin gesprochen, die Hälfte davon konnte sie schließlich ins Boot holen. „Es gab einerseits Begeisterung und Lob, andererseits aber auch die Angst vor zusätzlichen Belastungen, da man sich um die Schüler ja auch kümmern muss“, sagt Touchi.

Pilotphase dauert drei Jahre

Drei Jahre lang dauert die Pilotphase, mit dabei sind Acht- und Neuntklässler aus der Hohensteinschule, der Lerchenrainschule im Stuttgarter Süden, dem Gottlieb-Daimler-Gymnasium in Bad Cannstatt, der Auschule in Obertürkheim und der Jörg-Ratgeb-Realschule in Neugereut. Unterschiede beim Engagement der Mädchen und Buben aus den verschiedenen Schularten ist laut Touchi nicht festzustellen, wohl aber bei deren Erfahrungen. In diesem Zusammenhang lobt sie die Hohensteinschule. Dort gibt es in der siebten Klasse nämlich für alle Schüler ein zweiwöchiges Sozialpraktikum. Viele der Projektteilneh-mer konnten deshalb wieder an Einrichtungen vermittelt werden, die sie schon kannten. Einer von ihnen ist Manjinder, der jeden Mittwochnachmittag zwei Stunden im Haus Adam-Müller-Guttenbrunn hilft. Dort geht er mit den Senioren spazieren oder hört ihnen zu, wenn sie etwas erzählen möchten. „Die Pfleger haben nicht so viel Zeit zum Reden. Außerdem freuen sich die Senioren, wenn sie Besuch von jungen Leuten bekommen“, berichtet der Achtklässler. Da er indische Wurzeln hat und eine entsprechende Kopfbedeckung trägt, erregt er die Neugier vieler Heimbewohner und wird regelmäßig mit Fragen zu seiner Herkunft konfrontiert. „Die Arbeit hier macht eine Menge Spaß. Ich komme viel lieber hierher, als daheim vor dem Fernseher zu sitzen“, erzählt Manjinder.

Ebenfalls um ältere Menschen kümmert sich Zahida, und zwar im Samariterstift. Ihr Sozialpraktikum hatte sie in einem Kindergarten gemacht. Die Arbeit mit Älteren macht der 13-Jährigen mehr Spaß als der Umgang mit Kindern. „Die Senioren sind ruhiger“, beschreibt sie ihre Erfahrungen. Im Stift macht sie Spaziergänge mit den Bewohnern, füttert die alten Leute und backt manchmal auch etwas für sie.

Schüler lernen soziale Kompetenzen

Mit dem Projekt, das erläutert Yasmina Touchi, sollen den Schülern Verantwortungsbewusstsein, soziale Kompetenzen und Teamfähigkeit vermittelt werden. Außerdem möchte die Caritas damit Nachwuchswerbung betreiben. „Ich könnte mir schon vorstellen, später einmal in diesem Bereich zu arbeiten“, sagt Panagiotis. Der 13-Jährige ist jeden Freitagmittag von 14 bis 16 Uhr in einem Kindergarten auf der Schlotwiese tätig. „Ich komme gut mit den Kindern zurecht. Wenn ich ihnen etwas sage, hören sie auf mich“, erzählt er. Dass sein Wochenende erst einen halben Tag später als gewöhnlich beginnt, stört ihn nicht: „Ich verschiebe das Fußballspielen eben auf Samstag.“

Stolz auf die Kinder sind nicht nur die Eltern, sondern auch die Lehrer. „Die Schüler übernehmen Verantwortung für andere Menschen und lernen wichtige soziale Kompetenzen“, sagt Rektor Ludwig Bierbaum. Seitens der Beteiligten habe es bislang nur positive Rückmeldungen gegeben. Im Zusammenhang mit dem freiwilligen sozialen Schuljahr betont Bierbaum die Bedeutung des Sozialpraktikums. Eine Mutter habe einmal folgenden Satz zu ihm gesagt: „Beim Sozialpraktikum ist mein Kind erwachsen geworden.“