Nach einer Prüfung hat die Sekretärinnen-Initiative festgestellt, dass eine Hand voll Kollegen nur weniger besser bezahlt wird als Reinigungskräfte. Foto: dpa

Nach langem Kampf bezahlt die Uni ihre Sekretärinnen gerechter. Eigentlich ist das Ländersache.

Hohenheim - Aus ehemaligen Tippsen sind professionelle Hochschulsekretärinnen geworden. Mit diesem Satz begründete die „Initiative der Hochschulsekretärinnen“ an der Uni Hohenheim um Hélène Stauss in der Vergangenheit ihre Forderungen nach gerechter Bezahlung. Nach einem mehr als zwei Jahre dauernden Kampf ist dieser Wandel nun auch auf den Lohnzetteln der Mitarbeiter Realität geworden. Einen Haken hat die Sache trotzdem: Die Universität hat das Geld selbst aufgebracht, obwohl die Bezahlung der Mitarbeiter eigentlich Ländersache ist.

„Wir haben einen langen steinigen Weg hinter uns“, sagt Hélène Stauss, die Koordinatorin der Initiative. Sie ist trotz des faden Beigeschmacks, dass sich das Land aus seiner Pflicht herausgewunden hat, einfach nur erleichtert. Unzählige Stunden hat die Degerlocherin seit der Gründung der Initiative im Jahr 2010 mit ihren Mitstreitern nachts und an den Wochenenden für die gerechte Bezahlung der Sekretärinnen gearbeitet und gekämpft. „Ich bin stolz auf das, was wir erreicht haben“, sagt sie. Und das ist Folgendes: Alle 200 Sekretärinnen und Sekretäre der Hochschule sind vom Schreibkraft-Tarif, der Entgeltgruppe (EG) 5 im Tarifvertrag, in die Gehaltsgruppe 6 hochgestuft worden. Neue Stellen werden mindestens mit EG 6 ausgeschrieben. Und nach oben ist alles offen.

„Für manche macht das nur 100 Euro brutto mehr aus“, sagt Hélène Stauss. Doch der Lohnanstieg bedeutet mehr als ein Plus auf dem Konto: „Auch das Selbstwertgefühl spielt eine Rolle“, sagt Stauss. „Es tut gut zu wissen, dass man keine Schreibkraft mehr ist.“

„Eigentlich arbeiten wir wie Sachbearbeiter“

Denn die Aufgaben der Sekretärinnen gehen längst über tippen, Kaffee kochen, telefonieren und kopieren hinaus; viele von ihnen haben studiert. Fremdsprachen- und EDV-Kenntnisse werden vorausgesetzt, einige Kollegen verwalten Finanzen oder bereiten Einstellungen vor. „Eigentlich arbeiten wir wie Sachbearbeiter“, sagt Hélène Stauss. Umso erschütterter sei sie gewesen, als sie bei der anfänglichen Recherche festgestellt hatte, dass fünf Kollegen aufgrund alter Verträge noch nach EG 3 bezahlt worden waren. „Das ist eine Stufe über der Reinigungskraft“, erklärt Stauss.

Das hatte der Kämpfernatur noch mal so richtig Schwung gegeben. Nachdem Gespräche mit der damaligen Uni-Leitung ergebnislos blieben, „sind wir einen Stock höher gegangen“, sagt Stauss. Die Initiative trat mit Unterstützung einer Gewerkschaft an die Fraktionen im Landtag und das Wissenschaftsministerium heran. Und bekam im Februar 2011 tatsächlich einen Termin im Ministerium.

Dort zeigten sich die Verantwortlichen laut Stauss sehr interessiert und verständnisvoll. Am Ende sei jedoch nicht viel dabei herausgekommen. Wegen der schlechten finanziellen Lage des Landes sei es nicht möglich, den Lohn für Hochschulsekretäre und -sekretärinnen in Baden-Württemberg anzuheben, hieß es.

Alle 200 Mitglieder mindestens in EG 6 eingruppiert

Das enttäuschte die optimistische Hélène Stauss und ihre Mitstreiter. Umso mehr freute sie sich, als die Universitätsleitung sich einschaltete. Sie war natürlich alarmiert wegen des Ministeriumsbesuchs. Die fünf Geringverdiener wurden daraufhin sofort auf E 5 gestuft – nach einer weiteren Prüfung ihrer Aufgaben rutschten drei später sogar in EG  6, einer in EG 8 und einer in EG 9. Da sehe man mal, wie „miserabel sie bis dahin bezahlt wurden“, sagt Hélène Stauss. Die neue Uni-Leitung mit Rektor Stephan Dabbert und Kanzlerin Julia Henke entschied im Herbst schließlich, dass alle 200 Mitarbeiter mindestens in EG 6 eingruppiert werden. „Dafür muss man die Uni-Leitung wirklich loben“, sagt Stauss.

„Wir schätzen die Arbeit der Sekretärinnen in hohem Maße“, begründet die Kanzlerin Julia Henke die Entscheidung, die Löhne aus eigener Tasche aufzustocken. „Sie ist quasi die Basis der Uni-Arbeit.“ Mehrfach habe die Hohenheimer Uni-Leitung versucht, beim Land darauf hinzuweisen, dass die Bezahlung nicht angemessen ist. „Leider ist es uns nicht gelungen durchzudringen“, sagt Julia Henke. Einfach abzuwarten wäre aber keine Alternative gewesen. 130 000 Euro mussten die Fakultäten für die Erhöhung aufbringen, dafür wurden 2,85 Stellen nicht neu besetzt.

Natürlich hat man es dem Land einfach gemacht, bestätigt Julia Henke. „Aber wir bleiben am Ball und thematisieren die Angelegenheit bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit“, sagt sie. Auch Hélène Stauss will die Füße nicht stillhalten. Denn E 6 für alle sei ein guter erster Schritt, aber noch nicht genug. Sie will nun andere Universitäten im Land motivieren, sich ebenfalls zu engagieren. Denn wenn sich alle zusammenschließen, „hat das Ministerium keine Wahl mehr“, sagt Stauss. Dann könne es nicht mehr behaupten, dass E 5, der Schreibkraft-Tarif, ausreiche.