Lange sind die Räume des Hofguts Hagenbach leergestanden. Doch nun hat das Therapiezentrum Backnang dort eine Bleibe gefunden. Wie lange die Praxis bleiben wird, ist allerdings noch unklar.
Dort, wo vor gut einem Jahr noch Regale mit Bio-Lebensmitteln standen, wird seit Anfang der Woche geknetet, gestrampelt und gestemmt: Auf dem Hofgut Hagenbach in Backnang ist zum Jahreswechsel das Therapiezentrum Backnang eingezogen. Die Physiotherapeutin Alice Pfitzer und ihr 22-köpfiges Team kümmern sich dort mit Angeboten der Sport-, Physio- und Ergotherapie um Patienten aus der Region – zumindest vorübergehend.
Nach einem Wasserschaden musste das Therapiezentrum umziehen
Denn eigentlich ist das Therapiezentrum im Backnanger Gesundheitszentrum untergebracht. Dort gab es allerdings Ende November einen schweren Wasserschaden. „Wir waren die Hauptgeschädigten“, sagt die Geschäftsführerin Alice Pfitzer. Im Stockwerk über der Praxis sei die Zuleitung eines Wasserspenders geplatzt, in der Nacht hätten sich tausende Liter Wasser ins Gebäude ergossen. „Bei uns ist die Decke heruntergekommen, fast alle Räume waren von der Feuchtigkeit betroffen.“ An eine Behandlung oder ein Training vor allem gehbehinderter Patienten war angesichts der Schäden und der verlegten Trocknungsrohre nicht zu denken.
Doch kurzfristig hat sich eine Interimslösung gefunden: Die Räume des ehemaligen Biomarktes stehen seit längerem leer. Und ein Therapiezentrum passt sehr gut zur Vision des Hofgut-Eigentümers Mathias Wurche, dem ein Hagenbach vorschwebt, auf dem sich alles um Körper, Geist und Seele des Menschen dreht. Kurz vor Weihnachten zog das Zentrum mit den diversen Gerätschaften – Liegen, Beinpressen, Seilzügen, Kniestreckern und was eine derartige Praxis sonst noch braucht – ins Hofgut um. Schreiner richteten vom Trainingsbereich abgeschirmte Behandlungsräume ein. Alles zusammen eine Mammutaufgabe. „Aber wir sind wirklich glücklich, wie gelungen unsere provisorische Praxis hier geworden ist“, sagt Pfitzer.
Ihr Patient Michael Feist stimmt ihr zu: „Es sieht wirklich gut aus“, meint der Backnanger, als er sich beim Training umsieht. Nicht alle Patienten des Therapiezentrums konnten ihre Termine in die Behelfspraxis verlegen – manche sind zum Beispiel mobilitätseingeschränkt und wohnen in der direkten Umgebung des Gesundheitszentrums. Daher ist die Wartezeit für Termine derzeit auch kürzer als die üblichen sechs bis acht Wochen. Wie lange Alice Pfitzer und ihr Team auf dem Hofgut bleiben, ist noch nicht klar. Drei bis vier Monaten sollen die Trocknungs- und Sanierungsarbeiten im Gesundheitszentrum noch dauern.
Ein schweres Jahr für das Hofgut Hagenbach in Backnang
Hinter dem Hofgut Hagenbach und seinem Eigentümer Mathias Wurche liegt ein herausforderndes Jahr. Kurz vor Weihnachten 2023 hatte der Biomarkt geschlossen – ein Vierteljahrhundert lang hatte dieser Kunden zum Hofgut gelockt. Doch der Mangel an Fachpersonal und starke Preissteigerungen, vor allem aber die Konkurrenz durch günstigere Bioprodukte in Discountern und Drogerien hatten Wurche schließlich zu dem Schritt bewegt. Seitdem standen die Räume leer.
Im Frühjahr folgte der nächste Rückschlag: Die Pächter des Biergartens entschlossen sich, künftig auf ihre Gastronomie in Weinstadt-Schnait zu konzentrieren, sodass es in der Saison 2024 auch keine Außengastronomie mehr am Hofgut gab. Wobei diese ohne die zusätzliche Laufkundschaft durch den Biomarkt möglicherweise auch weniger einträglich gewesen wäre. Im Sommer verstarb zudem Helmut Wurche, Mathias Wurches Vater, der noch bis 2021 auf dem Hofgut eine Allgemeinarztpraxis betrieben und die Geschichte des Hagenbach lange Jahre mitgeprägt hatte.
Trotz all dem gibt der Eigentümer Mathias Wurche seine Zuversicht nicht auf. Er ist sichtlich erfreut, dass in den Räumen des einstigen Biomarktes neues Leben eingekehrt ist. Denn auch wenn Alice Pfitzer und ihr Team voraussichtlich nicht ewig bleiben werden, zeigt die Sache in seinen Augen doch, dass das Hofgut für so eine Einrichtung gut geeignet sei. „Allein schon durch unsere 110 Parkplätze. Und in dieser schönen Umgebung kann man als Patient vor einem Termin doch erst einmal gut ankommen“, findet er.
Auch ein „höherwertiges Fitnessstudio“ könnte er sich gut auf dem Hofgut vorstellen. „Wenn sich ein langfristiger Mieter findet, würde ich natürlich auch Geld investieren – etwa in Trennwände oder einen einheitlichen, geeigneten Boden“, sagt Wurche. Der Bedarf an Praxen und anderen gesundheitsbezogenen Einrichtungen, ist er überzeugt, wird in den kommenden Jahren keinesfalls geringer werden. Sobald ein Kernmieter gefunden ist, könnte der auch weitere Neuerungen nach sich ziehen – auch auf gastronomischer Ebene. „Dann ließe sich hier sicher auch wieder etwas in Richtung Tagesgastronomie machen“, meint der Besitzer. Man darf also gespannt sein, wie es in den kommenden Monaten auf dem Hofgut weitergeht.