Das Hofbräu-Führungsteam Martin Alber, Norbert Schlienz und Franz Schropp Foto: Heiss

Ein Standortwechsel steht für Hofbräu und Dinkelacker nicht zur Diskussion. Zwei Bekenntnisse.

S-Süd - Vor gut 100 Jahren gab es in Stuttgart kaum einen besseren Ort, um Bier zu brauen als den südlichen Stadtrand. Felsenkeller ermöglichten die Lagerung von Eis. Das brauchten die Braumeister wiederum, um untergärige Sorten wie Pils zu brauen. Diese müssen während des Herstellungsprozesses gekühlt werden. Auch Brauwasser war im Süden reichlich vorhanden – sowohl im tiefen Untergrund als auch in den Quellen am Hasenberg. Ganz abgesehen davon, war der Weg zu den Konsumenten nicht weit.

Letzteres hat sich bis heute nicht geändert. Doch bei den hohen Preisen für große Grundstücke in bester Innenstadtlage glaubt manch ein Immobilieninvestor, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis sowohl Dinkelacker-Schwabenbräu als auch Hofbräu dem Süden den Rücken kehren und auf die grüne Wiese ziehen. Einen solchen Schritt plant jedoch keine der beiden Firmen. Im Gegenteil, beide Firmen investieren in ihre Standorte an der Tübinger beziehungsweise an der Böblinger Straße.

Eine Frage des Brauwassers

Für Hofbräu ist das Bekenntnis zum Standort eine Frage der Produktqualität. Das Unternehmen verfügt über einen Brunnen, der 56 Meter in die Tiefe reicht. Aus diesem bezieht Hofbräu sein Brauwasser. Das Wasser mit einem hohen Calciumsulfat-Anteil hat mit dem Oberen Gäu die gleiche Quelle wie das Bad Cannstatter Mineralwasser. Es ist aber lange nicht so salzhaltig. „Das ist optimales Brauwasser“, sagt Franz Schropp, der technische Leiter der Traditionsbrauerei.

Dass Hofbräu so auf sein Wasser abhebt, ist auch eine Spitze gegen die Konkurrenten von Dinkelacker-Schwabenbräu. Deren Brauwasser stammt vom Bodensee, was sich natürlich nicht so gut vermarkten lässt wie ein eigener Tiefenbrunnen. Dinkelacker kann jedoch mit anderen Faktoren punkten: Die Brauerei, zu der neben Schwabenbräu auch die Marken Wulle und Sanwald gehören, ist in Familienbesitz. Nach zwei Jahren im Großkonzern Inbev wurde sie von Wolfgang Dinkelacker zurückgekauft. „Wir tragen unsere Historie eben nicht nur auf dem Etikett“, sagt Bernhard Schwarz, der Geschäftsführer von Dinkelacker. Das wirke sich auch positiv aufs Image aus.

Gegen den Trend erfolgreich

Stuttgarter Hofbräu dagegen gehört zur Radeberger-Gruppe, die wiederum Teil des Oetker-Konzerns ist. Verwaltet wird Hofbräu aber nicht von Radeberg oder Bielefeld aus, sondern vor Ort in der Böblinger Straße. „Wir agieren selbstständig innerhalb der Gruppe“, sagt Geschäftsführer Martin Alber. Erfolgreich, wie er betont, schließlich entwickele sich die Marke gegen den Trend. Der Bierkonsum ist seit Jahren rückläufig. Während er in Baden-Württemberg 2011 um zwei Prozent sank, konnte Hofbräu seinen Absatz um acht Prozent steigern. „Der Trend zum Regionalstolz wirkt sich positiv auf die Marke aus“, ist sich Alber sicher.

Mit 30 Prozent Marktanteil ist Hofbräu nach eigenen Angaben führend in der Region. Der Ausstoß liegt bei etwa 100 Millionen Litern Bier im Jahr. Dinkelacker-Schwabenbräu produziert jährlich 80 Millionen Liter Bier. Die meisten ihrer Gerstensafterzeugnisse setzen Dinkelacker wie Hofbräu im Großraum Stuttgart um. Einzig mit Wulle gelingt es Dinkelacker die regionalen Grenzen zu überschreiten. Das Bier in der Bügelflasche wird gerade auch von Studenten in Heidelberg, Konstanz und Freiburg getrunken.

Regionalität ist Teil der Marketingstrategie

Dennoch schmerzt Dinkelacker nach wie vor, dass der VfB Stuttgart vergangenes Jahr den Sponsorenvertrag mit der Privatbrauerei aufkündigte. Krombacher hatte deutlich mehr für das Privileg bezahlt, sein Bier im Neckarstadion ausschenken zu dürfen. Immerhin: Bei den Spielen der Stuttgarter Kickers auf der Waldau wird weiterhin Schwabenbräu ausgeschenkt. Hofbräu ist Partner der Hanns-Martin-Schleyer-Halle und der Porsche-Arena sowie der Stuttgarter Messe.

Die Verbundenheit mit der Stadt Stuttgart ist für beide Brauereien Teil der Marketingstrategie. Mit „Fürs Leben gern ein Stuttgarter“ oder „Von ganzem Herzen hier“ werben die Unternehmen. Um die Kunden weiter an sich zu binden, setzen Dinkelacker und Hofbräu auch verstärkt auf Brauereiführungen.

Ein Mangel an Fachkräften steht nicht zu befürchten

Die Nähe zum Kunden ist aber nur ein Aspekt. Aus Sicht der Mitarbeiter ist der Standort ideal, gerade weil er so zentral ist. Weder Dinkelacker noch Hofbräu haben Schwierigkeiten Fachkräfte zu finden. Die jeweiligen Geschäftsführer sind sich sicher, dass das auf der grünen Wiese anders wäre. Zudem haben sowohl Dinkelacker als auch Hofbräu Schlüsselstellen mit Mitarbeitern besetzt, die im Unternehmen ausgebildet worden sind. Dinkelacker wuchert zudem damit, 2010 den Titel „Stuttgarts bester Arbeitgeber“ gewonnen zu haben. Um diese Auszeichnung der Wirtschaftsförderung hatten sich 27 Stuttgarter Unternehmen beworben.

Mit 170 Mitarbeitern am Hauptsitz in der Tübinger Straße und 110 weiteren im Logistikzentrum in Weilimdorf beschäftigt Dinkelacker-Schwabenbräu mehr Menschen als Hofbräu. In der Böblinger Straße arbeiten 230 Menschen. Das liegt auch an den unterschiedlichen Strukturen beider Brauereien. Um alle Bestellungen abzuwickeln, reichte die Fläche von Dinkelacker in der Tübinger Straße schon in den 80er Jahren kaum aus. Lange Lkw-Staus blockierten den Verkehr auf der Tübinger Straße. Deshalb verlegte Dinkelacker die Logistik nach Weilimdorf. Hofbräu dagegen wickelt die komplette Logistik am Standort in der Böblinger Straße ab. Dort soll demnächst auch die Lagerhalle vergrößert werden. Dinkelacker will wie berichtet seine Brauerei-Gaststätte in der Tübinger Straße sanieren und auch die Fassade neu gestalten.

Historie

Dinkelacker-Schwabenbräu 1888 gründete Carl Dinkelacker seine Brauerei in der Tübinger Straße. Damals gab es bereits einige etablierte Brauereien in Stuttgart, dennoch entwickelte sich Dinkelacker zu einem der Marktführer. 1971 übernahm Dinkelacker Wulle, 1977 Sanwald. 1996 kam die Fusion mit Schwabenbräu. Von Oktober 2004 bis Dezember 2006 war die Brauerei in Besitz der Gruppe Inbev.

Stuttgarter Hofbräu Bis ins 17. Jahrhundert reicht die Geschichte von Hofbräu zurück. Ursprung von Hofbräu ist eine Klosterbrauerei bei Hechingen. Diese wurde 1883 offizieller Lieferant des württembergischen Königshofs und übernahm die Standorte zweier nebeneinander gelegener Brauereien an der Böblinger Straße. 1925 erfolgte die Umbenennung in Stuttgarter Hofbräu. Seit 2010 gehört Hofbräu vollständig zur Radeberger-Gruppe.