Tablet-Computer sollen auch in der Grundschule verstärkt zum Einsatz kommen. Foto: Gottfried Stoppel

Die Murrhardter Hörschbachschule wird zur Referenzgrundschule für den Einsatz digitaler Medien im Unterricht ernannt.

Murrhardt - Nicht etwa Waiblingen, Fellbach oder Schorndorf – in Sachen digitaler Bildungsoffensive soll eine Grundschule im Schwäbischen Wald im Rems-Murr-Kreis eine Vorreiterrolle einnehmen. Die „kleine, aber feine“ Hörschbachschule, wie sie der Murrhardter Bürgermeister Armin Mössner stolz bezeichnet, ist offiziell zur Referenzschule des Kreis- und des Landesmedienzentrums Baden-Württemberg ernannt worden.

Experten der Einrichtungen beraten die Lehrer bei der Anschaffung und dem Einsatz von digitalen Medien wie Computer, Tablets und Smartphones, im Gegenzug werden die gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse mit den anderen Grundschulen im Landkreis geteilt. Das Ziel ist, die Kinder einerseits auf die Möglichkeiten der Medien vorzubereiten und sie andererseits vor möglichen schädigenden Einflüssen zu schützen.

Demnächst kann Hardware gekauft werden

Genau genommen hat sich die Schule bereits vor einem dreiviertel Jahr auf den Weg gemacht. Die Lehrer wurden von Experten des Kreismedienzentrums geschult und auch die technischen Grundvoraussetzungen wurden geschaffen. In den Sommerferien wurde ein Schulnetz installiert, demnächst kann in Hardware investiert werden, der Murrhardter Gemeinderat hat dafür jüngst 50 000 Euro bewilligt.

Die Schule hat quasi von Null anfangen müssen, außer ein paar alter Laptops war in Sachen digitaler Medien gar nichts vorhanden. Die Hörschbachschule habe die schlechteste Ausstattung aller Schulen gehabt, die sich um das Projekt beworben hatten, sagt der Leiter des Kreismedienzentrums, Ralf Nentwich. Das freilich sei durchaus auch ein Kriterium gewesen, warum sie letztlich den Zuschlag bekommen habe.

Die Schulleiterin Melanie Luithardt verhehlt nicht, dass das Projekt in dem 13-köpfigen Lehrerkollegium und auch bei der Elternschaft auch auf eine gewisse Skepsis gestoßen war. So mancher habe dafür plädiert, die Kinder lieber so lange wie möglich von digitalen Medien fernzuhalten. Letztlich habe die Mehrheit doch von der der Sinnhaftigkeit überzeugt werden können. „Es geht darum, die Kinder in ihrer tatsächlichen Lebenswelt abzuholen und zu begleiten – und dazu gehören eben auch digitale Medien“, sagt Luithardt.

Schule bereitet auf „alte Welt“ vor

Dieser Überzeugung ist auch Thomas Irion. Der Direktor des Zentrums für Medienbildung an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Hall hat am Dienstagnachmittag einen Vortrag an der Hörschbachschule gehalten. Dieser war Teil einer Veranstaltung, bei der sich Grundschullehrer in Workshops über Möglichkeiten digitaler Medien im Unterricht informieren konnten. Irion, der selbst mehrere Jahre lang an einer Grundschule unterrichtet hat, ist überzeugt davon, dass sich die Bildungseinrichtungen dringend den Anforderungen der aktuellen und zukünftigen Lebensbedingungen stellen müssten. Zurzeit bereite das Bildungssystem Schüler auf die „alte Welt“ vor. Wegen des enormen Tempos der Automatisierung seien in der „neuen Welt“ ganz andere Kernkompetenzen gefragt als früher: „Kommunikation, Kollaboration, Kreativität und kritisches Denken. Um die Rechtschreibung kann sich eine Maschine kümmern“, sagt Irion.

Rasante Entwicklung

Die Welt befinde sich derzeit im „Wilden Westen der Digitalisierung“. Die Entwicklung sei rasant, „und wir kommen nicht hinterher“, sagt Irion. Natürlich sei nicht alles gut, was an Technik entwickelt werde, der Wahn, alles messen, festhalten und teilen zu müssen. „Aber es ist unsere Welt.“ Und der Weg in diese Welt führe für Kinder aus eigenem Antrieb heraus heute nicht nur unweigerlich über das Fahrrad, sondern auch über das Smartphone. Das könne man gut oder schlecht finden – wichtig sei aber, gerade die jüngsten dabei an die Hand zu nehmen. Irion: „Das einzige was hilft, ist eine entsprechende Bildung.“