Die Karlshütte überzeugt durch stilechte Requisiten: alte Skier, Schlitten, Schneeschuhe, Eispickel, Geweihe, Tirolerhüte und eine Wagenradlampe. Foto: Peter Petsch

Die Karlshöhe, der einzige Berg, der mitten im Stuttgarter Kessel liegt, ist seit je ein beliebtes Ausflugsziel. Doch eines fehlte bisher im Winter: Eine Hütte, die auf dem Gipfel wagemutigen Bergsteigern Schutz vor Wind und Wetter bietet – und einen Glühwein.

Stuttgart - Der Aufstieg ist beschwerlich. Den Gipfel der Karlshöhe, die sich zwischen dem Stuttgarter Süden und Westen erhebt, erreicht man nur über den Willy-Reichert-Klettersteig oder über den Humboldt-Grat. Allerdings ist alpine Erfahrung Voraussetzung, um den Berg zu bezwingen.

Wer den Berg dann erklommen hat, weiß sofort, dass es sich gelohnt hat. Besonders im Winter, wenn die Bäume ihre Blätter abgeworfen haben, liegt dem Wanderer die Stadt zu Füßen, überblickt er den ganzen Talkessel. Was bisher allerdings fehlte, war eine Hütte, die während der kalten Jahreszeit den Alpinisten vor Wind und Wetter schützt. Diesem traurigen Bergsteiger-Dasein hat Volker Wunder (56), der seit 2004 im Sommer den Biergarten auf der Karlshöhe betreibt und zudem Chef der Marshall-Bar ist, nun ein Ende gemacht: Seit gut einer Woche thront auf dem Gipfel die hölzerne Karlshütte mit rot-weiß karierten Gardinen vor den Fenstern, die Volker Wunder selbst gemacht hat: Mit seiner orangefarbenen Privileg-Nähmaschine aus den 70er Jahren saß er vor der Eröffnung am Holzöfchen, das in einer Ecke der Hütte für Gemütlichkeit und Wärme sorgt, und nähte. „Den Ofen hat mir ein Freund geschenkt und ihn eigens aus Hannover hertransportiert – er ist tonnenschwer“, sagt Wunder, der einst Textilproduzent war.

Zu den anderen stilechten Requisiten – alten Skiern, Schlitten, Schneeschuhen, Eispickeln, Geweihen, Tirolerhüten und einer Wagenradlampe – kam er auf ähnliche Art und Weise: Passanten stellten sie ihm zur Verfügung.

Besonders stolz ist Wunder auf zwei Kuhglocken. Und ein altes Buch von Luis Trenker. Er blättert begeistert darin, zeigt dann auf ein Hüttenbild: „So stelle ich mir das vor: Der Schnee liegt noch, die ersten Sonnenstrahlen wärmen – und die Mädels tragen bereits Badeanzug“, sagt er und lacht breit.

„Wir haben schon viele Vorbestellungen“

Doch bis zum Frühling geht hoffentlich noch viel Schnee übers Land. „Wenn die Witterung es erlaubt, wollen wir hier auch ein Schlittenrennen veranstalten – und dann natürlich Après-Ski“, sagt Wunder.

Zudem sollen Weihnachtsfeiern, Firmenveranstaltungen und Geburtstage in der Karlshütte ausgerichtet werden. „Wir haben schon viele Vorbestellungen“, sagt Wunder, der die Hütte als eine Alternative zum Weihnachtsmarkt sieht.

Den Wunsch, die Karlshöhe rund ums Jahr gastronomisch zu bewirtschaften, hat er schon lange. „Das Gartenbauamt hatte damals in Zusammenarbeit mit der Universität Pläne für einen Bau auf der Karlshöhe erstellt – aber das waren alles riesengroße Millionenprojekte“, erinnert sich Wunder.

Nichts geschah. Bis Wunder nun die einfache Hütte aufstellte. „Die Idee, eine Berghütte zu bauen, liegt nahe. Immerhin liegen wir auf 3340 Dezimeter Höhe“, sagt Wunder. Die Karlshütte wird im Frühling wieder abgebaut. „Wenn sie gut angenommen wird, bauen wir sie im November aber wieder auf.“ Dann soll eine Modulbau-Hütte den Auf- und Abbau erleichtern.

Wunder steckt sich genüsslich eine Gabel mit Zwetschgenkuchen in den Mund. Einfache, zünftige Gerichte bekommt der hungrige Bergsteiger auf der Hütte – vorerst immer donnerstags bis sonntags zwischen 12 und 24 Uhr. Und natürlich Glühwein und Hüttenbock. Danach rutscht es sich sicher wie von selbst den Humboldt-Grat hinab.