Auf dem Podium: Anna Christmann (Grüne), Laura Friedle, Sheila Sichui, Bernd Riexinger (Linke), Ute Vogt (SPD), Charlotte Bialas und Stefan Kaufmann (CDU, von links) Foto: Uli Meyer

Oberstufler des Hölderlin-Gymnasiums haben eine Podiumsdiskussion auf die Beine gestellt. Vertreter von CDU, SPD, Linke und Grünen standen ihnen Rede und Antwort.

S-Nord - Warum sich Bernd Riexinger (Die Linke) als Stammtischkämpfer sieht, Ute Vogt (SPD) die Preise im öffentlichen Verkehr in Stuttgart „irre“ findet, wieso für Anna Christmann (Grüne) Baden-Württemberg ein Vorbild für Schwellenländer ist und bei welchem Thema Stefan Kaufmann (CDU) emotional aus der Haut fährt – rund 200 Schülerinnen und Schüler aus der Oberstufe des Hölderlin-Gymnasiums erfuhren all das und einiges mehr aus erster Hand. Bei einer Podiumsdiskussion in der Högy-Turnhalle hatten sie Vertreter der vier im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien zu Gast.

Die Fragen an die Politiker, die Stuttgart in der Bundeshauptstadt parlamentarisch vertreten oder dies anstreben, hatten sich die angehenden Gymnasiasten – rund ein Drittel davon im Herbst Erstwähler – selber erarbeitet, auch die Gesprächsführung lag ganz in ihren Händen.

Über den Umgang mit Flüchtlingen gesprochen

Die Gemeinschaftskundelehrerin Jasmin Lolakas hatte über längere Zeit mit ihrer Klasse der Kursstufe I den Tag vorbereitet und die drei Moderatorinnen aus den eigenen Reihen mit Fragen und einem Fahrplan für die Gesprächsrunde ausgestattet. Zunächst sollten die Gäste kurz darstellen, warum sie sich einst für ihre Partei entschieden haben und welches ihre wichtigsten Projekte in ihrer politischen Arbeit sind. Nach dieser Vorstellungsrunde ging es an aktuelle Themen. Hier ganz oben: der Umgang mit Flüchtlingen.

Christmann bezeichnete die von der CSU geforderte Obergrenze bei der Zuwanderung als „Quatsch“ und erntete dafür nicht einmal Widerspruch von Stefan Kaufmann. Der CDU-Mann machte wenig Anstalten, die Forderung der Schwesterpartei zu verteidigen, sondern sprach sich wie auch die Grünen-Frau für die Einführung eines Einwanderungsgesetzes aus, „obwohl das nicht der Linie meiner Partei entspricht“, so Kaufmann.

Argumente gegen Stammtischparolen

Weil die Flüchtlingsfrage zuletzt wie kaum ein anderes Politikfeld Emotionen hervorrief, sah sich Bernd Riexinger zur Klarstellung veranlasst: „Die sozialen Probleme und Ungerechtigkeiten in unserem Land haben nichts mit den Flüchtlingen zu tun.“ Weil aber gerade Rechtspopulisten diese Verbindung durch dumpfe Parolen immer wieder zu zementieren versuchten, habe er seiner Partei geraten, „Stammtischkämpfer“ auszubilden, die auf der Straße oder eben am Stammtisch gegen diese einfachen Parolen mit guten Argumenten die Deutungshoheit gewinnen könnten. „Und ich bin auch einer“, so der Bundesvorsitzende der Linken.

Nach der Hälfte der vorgesehenen eineinhalb Stunden konnten sich auch Schüler aus dem Plenum heraus mit Fragen an der Diskussion beteiligen. Diesel-Fahrverbote, Spitzensteuersatz, Energiewende, Erdogans Türkei-Referendum, Autobahn-Maut, Kampf gegen Terrorismus – die vier Gäste wurden mit einem ganzen Bündel Sachverhalte konfrontiert. Angesichts des Zeitkorsetts konnte die Aussprache hierüber nicht mehr so in die Tiefe gehen wie zu Beginn. Trotzdem gab es noch einige bemerkenswerte Aussagen. So hält Anna Christmann „viel mehr Anstrengungen“ hin zu wirklich sauberen Mobilitätstechnologien für notwendig, statt sich mit Fahrverboten und kleinen Schritten aufzuhalten. „Wenn es ein Hochtechnologieland wie Baden-Württemberg hinbekommt, dann hat das Signalwirkung für andere“, sagte die Grünen-Kandidatin für die Bundestagswahl.

Apropos Fahrverbote, Feinstaubalarm und saubere Luft. „Man muss die Probleme nicht größer machen, als sie sind“, ärgerte sich Stefan Kaufmann über den „durch Fehler der Politik“ beschleunigten Imageverlust von Stuttgart. „Wenn asiatische Touristen fragen, ob sie hier eine Atemschutzmaske bräuchten oder ich im Ausland auf meine ,Schmutzstadt‘ angesprochen werde, dann werde ich da emotional“, so Kaufmann.

Ute Vogt sieht „viel Spielraum“ für eine Verkehrsentlastung bei einer Verbesserung des Nahverkehrs. Dieser sei in Stuttgart einfach „viel zu teuer“.