Vogtsbauernhof in Gutach Foto: AG der Freilichtmuseen in Baden-Württemberg

Die sieben Freilichtmuseen in Baden-Württemberg sollen in den nächsten zwei Jahren zwar wieder mehr Geld vom Land bekommen. Doch der Zuschuss ist nach Ansicht der Museen nur „ein Tropfen auf den heißen Stein“.

Wackershofen - Zusammen haben sie mehr als 650 000 Besucher pro Jahr, und doch schlagen die sieben Freilichtmuseen des Landes Alarm. Nicht mangelnder Zuspruch treibt sie um, die Finanzierung bringt sie in Existenznöte. „Uns allen fehlt die Luft zum Atmen“, sagt Michael Happe, Leiter im Hohenloher Freilandmuseum Wackershofen (Kreis Schwäbisch Hall). Er ist Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Sieben im Süden, der außerdem der Vogtsbauernhof in Gutach, das Odenwälder Freilandmuseum Gottersdorf, die Freilichtmuseen Beuren und Neuhausen ob Eck, das Oberschwäbische Museumsdorf Kürnbach und das Bauernhaus-Museum Allgäu-Oberschwaben in Wolfegg angehören.

„Ein Tropfen auf dem heißen Stein“

Am Mittwoch hat der Landtag zwar auf Vorschlag des baden-württembergischen Ministeriums für Kunst die Erhöhung der Museumsförderung um je 500 000 Euro für 2018 und für 2019 beschlossen, um deren „Vermittlungsarbeit zu stärken“. Die Museen, so heißt es, „können sich mit Projekten um die zusätzlichen Mittel bewerben“. Happe findet aber: „Ein Tropfen auf den heißen Stein.“

Die Aufgabenstellung ist klar: Freilichtmuseen dienen der Erhaltung und Darstellung bäuerlichen Lebens, das durch die Industrialisierung verdrängt wurde – und zu verschwinden droht. In Skandinavien hat man das früh erkannt: 1891 wurde im schwedischen Skansen das erste Freilichtmuseum Europas gegründet. In Baden-Württemberg kam es erst 1964 mit dem Schwarzwälder Vogtsbauernhof dazu. Lange favorisierten der Schwäbische Heimatbund und die Landesregierung ein zentrales Museum, das die beiden Landesteile identitätsstiftend verbinden sollte. Das Vorhaben scheiterte; die Entscheidung für eine dezentrale Lösung, so die Begründung, sollte vor allem den regionalen Besonderheiten Rechnung tragen.

Die Zuschüsse nahmen stetig ab

53 Millionen Euro investierte das Land in den Gründungsjahren 1975 bis 1990 in den Aufbau. Landauf, landab wurde historisch wertvolle Bausubstanz ab- und auf den Museumsgeländen wieder aufgebaut. Insgesamt 210 Gebäude wurden transloziert, wie es im Fachjargon heißt. „Seither wurden die Mittel immer wieder halbiert“, beklagt der Sprecher Michael Happe. Bis 1990 beliefen sich der Zuschuss für Gebäudeversetzungen und Instandhaltungen auf bis zu vier Millionen Euro pro Jahr, zwischen 1990 und 1996 auf zwei Millionen Euro, 1997 bis 2006 war es noch eine Million Euro. Seit 2015 beträgt die Summe rund 766 000 Euro – pro Jahr und für alle sieben Museen zusammen. „Die Landeszuschüsse haben seit 2010 nur etwa ein Viertel des gesamten Investitionsvolumens gedeckt“, bilanziert Margit Langer, Geschäftsführerin des Vogtsbauernhofs.

Doch laut Michael Happe hat zum einen der Erfolg beim Publikum seinen Preis. 110 000 Besucher allein in Wackershofen in der vergangenen Saison hinterlassen ihre Spuren an der Bausubstanz: „Was man aufgebaut hat, muss man auch erhalten, das weiß jeder Hausbesitzer.“ Zum anderen: „Geschichte ist nie abgeschlossen, wir müssen uns weiterentwickeln.“ Mit neuen Attraktionen wie der NS-Zwangsarbeiterbaracke und der geplanten Eröffnung des MAN-Stahlhauses aus Stuttgart-Sillenbuch beispielsweise mache das Hohenloher Freilandmuseum den Besuchern „eine neue Zeitepoche“ zugänglich.

Oft werden die Museen auf Folklore reduziert

Der Betrieb wird überwiegend von den Landkreisen finanziert, einzig der Vogtsbauernhof kommt ohne Zuschuss aus. Im Hohenloher Freilandmuseum etwa engagiert sich die Stadt Schwäbisch Hall mit rund einer halben Million Euro, die Landkreise Hall, Hohenlohe und Heilbronn erhöhen das Finanzvolumen auf rund 780 000 Euro. Dazu kommen die Beiträge der 1600 Vereinsmitglieder. Und der Absatz der Saisonkarten ist mit 1800 Stück in diesem Jahr um 25 Prozent gestiegen. „Die Menschen der Region stehen zu uns, nicht nur wegen Bier und Blasmusik.“ Happe weiß ob des Problems, das alle Freilichtmuseen beklagen: „Man reduziert uns gerne aufs Folkloristische.“ Sicher, das Klischee habe man lange selbst bedient. Mit „sperrigen Themen“ wie dem Ausstellungszyklus „anders. anders? Ausgrenzung und Integration auf dem Land“ habe man jedoch neue Wege eingeschlagen. Auch beim Thema Forschung beklagt Happe den Mangel: „Wissenschaftliche Arbeiten, die wir eigentlich zu leisten haben, fallen fast komplett weg.“

Viele Freiwillige unterstützen die Arbeit

Mit 10,6 Planstellen etwa im Hohenloher Freilandmuseum lassen sich keine großen Sprünge machen. Für die beliebten Aktionstage und das museumspädagogische Programm – jährlich finden in den sieben Einrichtungen mehr als 5000 Führungen statt – ist man auf die Unterstützung Hunderter Freiwilliger angewiesen. Vergütet wird die Arbeit nicht. Doch Happes jüngsten Vorstoß, als außerschulischer Lernort vom Kultusministerium Unterstützung zu bekommen, wurde abgelehnt: Freilichtmuseen seien als „Einrichtungen der Brauchtums- und Heimatpflege“ keine Weiterbildungseinrichtungen. „Die Geschichte der Menschen im ländlichen Raum hat die gleiche Bedeutung wie die des Klerus oder des Adels“, betont Happe dagegen und fordert: „Das Land muss sich stärker engagieren.“ Ein dickes Brett, das er bohren will. Denn nach Ansicht der Landesregierung sollte sich die Förderung „auf die Grundsubstanz der Freilichtmuseen, den Bestand an historischen Gebäuden auf dem Gelände“ konzentrieren. Dieses Konzept habe sich bewährt. Die Museen sehen das anders.