Eine Sitzung der Regionalversammlung: Für die Arbeit der Fraktionen und Gruppen gibt es in der nächsten Legislaturperiode höhere Zuschüsse. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

In der letzten Sitzung vor der Sommerpause hat die Regionalversammlung nochmals den Geldhahn aufgedreht – in eigener Sache. Die Fraktionen und Gruppen erhalten künftig mehr Geld für ihre Arbeit. Doch es gab darüber heftigen Streit.

Stuttgart - In der nächsten Legislaturperiode, die Mitte 2019 beginnt, bekommen die Fraktionen und Gruppen in der Regionalversammlung mehr Geld. Pro Regionalrat gibt es dann 130 statt 110 Euro, zudem wurden die Grundbeträge deutlich angehoben. Der kräftige Schluck aus der Finanzpulle wird begleitet von einer Neuregelung der Mindestgrößen der Fraktionen und Gruppen: Fraktionen müssen mindestens fünf statt heute vier Mitglieder haben, bei Gruppen sind es drei statt zwei Mitglieder.

Würde die Neuregelung schon heute angewendet, würden die monatlichen Zuschüsse an Fraktionen und Gruppen von 20 070 auf 21 810 Euro steigen. Jährlich wüchsen die Kosten um 20 500 Euro auf mehr als 260 000 Euro. Größter Gewinner wäre die CDU als stärkste Fraktion, aber auch Grüne, SPD und Freie Wähler würden profitieren zulasten der Minifraktion FDP und der Gruppen AfD und IP, die wie die Linke gegen die Neuregelungen stimmten.

Vorgeschichte Nach der letzten Regionalwahl im Jahr 2014 „zerlegte“ sich die dreiköpfige AfD-Gruppe. Der im Streit geschiedene Burghard Korneffel tat sich mit dem Einzelregionalrat Ulrich Deuschle von den Republikanern zur Gruppe Innovative Politik (IP) zusammen, die beiden übrigen AfD-Regionalräte blieben als Gruppe organisiert. Das löste nicht nur ein kompliziertes Stühlerücken in den drei Ausschüssen der Regionalversammlung aus, weil jeder Regionalrat zumindest in einem vertreten sein soll. Die neue Gruppe erhielt auch mehr Geld und Rederecht in der Regionalversammlung. Das stieß bei CDU mit 30 Räten, Grünen (16, mit ÖDP-Einzelregionalrat) und SPD (15) sauer auf. Intern wurden ohnehin die Klagen lauter, dass die Gruppen und auch die kleinen Fraktionen wie FDP (4 Mitglieder) und Linke (5, mit Pirat-Einzelregionalrat) angesichts ihrer im Vergleich geringen Größe Vorteile hätten – nicht zuletzt finanzielle. Beispiel: Pro Regionalrat erhält die FDP mit fast 500 Euro deutlich mehr Geld als die CDU (180).

Debatte Eigentlich sollte die Neuregelung auf der Sitzung der Regionalversammlung am Mittwoch ohne Aussprache durchgewunken werden. Doch die Kleinen wehrten sich. FDP-Fraktionschef Kai Buschmann sprach wegen der Änderung der Geschäftsordnung von einem „juristischen Schachzug“, den seine Fraktion für „sehr zweifelhaft“ halte und juristisch überprüfen lasse. Peter Rauscher (Linke) sprach von „Selbstbedienungsmentalität“ und einem „demokratieschädlichen Verhalten“, da es keine einvernehmliche Lösung gebe. Die wegen des Streits zwischen Regionalpräsident Thomas Bopp und Regionaldirektorin Nicola Schelling, auf deren Seite sich die kleinen Fraktionen und Gruppen gestellt hatten, ohnehin angespannte Situation werde weiter belastet. „Das ist dem politischen Klima nicht förderlich“, so Rauscher. Ulrich Deuschle und Stephan Schwarz (AfD) warfen der Mehrheit die „Ausgrenzung von Minderheiten“ vor. Dem widersprach CDU-Fraktionschef Joachim Pfeiffer. Man habe die Mitwirkung kleiner Fraktionen und Gruppen immer unterstützt. Auch künftig würde deren Arbeit im Vergleich finanziell stärker gefördert als die der größeren Fraktionen. Das „eklatante Missverhältnis“ in der Finanzausstattung werde nun gemildert. Die Erhöhung der Mindestmitgliederzahl sei „sachgerecht“ und habe früher schon gegolten. Zumal „wir dies vor der Wahl machen, so dass niemand weiß, wer profitiert und wer nicht“, so Pfeiffer.

Zuschüsse Künftig erhalten Gruppen als „Basisversorgung“ 500 Euro statt 200 Euro. Für kleine Fraktionen mit fünf bis neun (bisher vier bis zehn Mitglieder) sind es wie bisher 1500 Euro, für mittelgroße (10 bis 19 Mitglieder, bisher 11 bis 20 Mitglieder) gibt es 2000 (bisher 1700 Euro) und für große Fraktionen (ab 20 Mitglieder, bisher mehr als 20 Mitglieder) 2500 statt bisher 2000 Euro. Aber auch die Zuwendung pro Fraktionsmitglied, intern Kopfgeld genannt, wird erhöht – von 110 auf 130 Euro pro Monat. Diese Zuwendungen dürfen nur „für den nötigen Aufwand der Geschäftsführung“ der Gruppen und Fraktionen verwendet werden, also für Personal, Büro, Material und Veranstaltungen, und „nicht der Finanzierung von Parteien und Wählervereinigungen“ dienen. Das muss jährlich nachgewiesen werden.

Ehrenamt Darüber hinaus erhalten die Regionalräte aufs eigene Konto einen monatlichen Grundbetrag von 180 Euro und pro Sitzung unabhängig von der Dauer 90 Euro. Funktionsträger erhalten einen Zuschlag. Pro Jahr erhalten Fraktionen, Gruppen und Regionalräte rund 1,1 Millionen Euro.