Saunabetreiber, hier die Koi-Sauna in Sinsheim, fürchten Umsatzverluste Foto: dpa

Ab 1. Juli 2015 müssen Saunabetriebe die normale Umsatzsteuer bezahlen – was vielerorts die Preise steigen lässt. Die Betreiber hoffen nun auf die Politik, die Druck auf Bund und Länder ausüben soll. Eine kleine Chance gibt es noch.

Stuttgart - Nach der förmlichen Vereinbarung zwischen Bund und Ländern, die Steuervorteile für Saunabetriebe zu beenden, mobilisieren die Dienstleister nun die Öffentlichkeit für ihr Anliegen. Mit einer Unterschriftenaktion wollen die rund 900 Mitgliedsunternehmen des Deutschen Saunabunds erreichen, dass die Politik die Erhöhung des Steuersatzes von bisher sieben auf 19 Prozent doch noch abbiegt.

„In Gesprächen mit Abgeordneten hatten wir den Eindruck, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist“, sagt zum Beispiel Felix Schneider, Geschäftsführer des Fildorado. Das kommunale Bad in Filderstadt im Kreis Esslingen zählt zu den großen Saunaanbietern in der Region Stuttgart. Auch eine juristische Prüfung des Beschlusses, der die Erhöhung zum 1. Juli 2015 vorsieht, behalte man sich vor, sagte Schneider.

Er rechnet mit einer Zusatzbelastung für das Bad von bis zu 150 000 Euro pro Jahr: „Wir werden die eins zu eins an die Besucher weitergeben müssen.“ Damit erhöhe sich etwa wochentags der Abendtarif von derzeit 10,50 auf zwölf Euro.

Der Verband warnt vor einem „Bädersterben“ in Deutschland, da Preiserhöhungen zu einem Besucherrückgang führten. Gut besuchte Saunen trügen als Bestandteil der öffentlichen Bäder wesentlich zu deren Finanzierung bei, lautet das Argument, das auch die kommunalen Spitzenverbände teilen.

Etwa die Hälfte der öffentlichen Bäder könnten in Existenznot geraten, hatten die Interessenvertreter bereits Ende Oktober auf der Messe Interbad in Stuttgart vorgerechnet. Insgesamt entstehe der Branche ein volkswirtschaftlicher Schaden von mehr als 200 Millionen Euro. Betroffen seien 16,3 Millionen Saunabesucher.

Trotz dieser düsteren Prognosen ist allerdings fraglich, ob die Politik den Argumenten folgt. Denn Sauna-Umsätze dürfen nach Angaben des Landesfinanzministeriums „weder nach den verbindlichen Vorgaben des Unionsrechts noch nach der höchstrichterlichen Finanzrechtsprechung begünstigt werden“.

Den Stein ins Rollen gebracht hatte der Bundesfinanzhof mit einem Urteil aus dem Jahr 2005. Das oberste deutsche Gericht für Zoll- und Steuersachen stellt darin klar, was unter „Heilbädern“ zu verstehen ist – laut Umsatzsteuergesetz genießen diese das Privileg eines ermäßigten Steuersatzes. Tenor: Die Verabreichung eines Heilbads muss der Behandlung einer Krankheit dienen. Bis dahin war der Fiskus davon ausgegangen, dass „allgemeine Heilzwecke“ ausreichen.

Allerdings machten sich die Finanzministerien von Bund und Ländern erst kürzlich daran, aus dem Urteil praktische Konsequenzen zu ziehen: Sie änderten im Oktober den Umsatzsteuer-Anwendungserlass. Danach gelten künftig zwar Heilmassagen, Inhalationen und andere „verordnungsfähige“ Therapien als steuerbegünstigt, nicht aber Saunen. Das Schwitzen sei vielmehr der „persönlichen Lebensführung“ zuzuordnen.

Der rechtliche Spielraum ist also eng – zumal das Bundesverfassungsgericht eine Beschwerde gegen das Urteil des Bundesfinanzhofs nicht zur Entscheidung angenommen hat. Auch das Argument der Wettbewerbsverzerrung will man im Finanzministerium nicht gelten lassen: Es würden ja alle Saunabetreiber gleichermaßen belastet – selbst die Wellnesshotels.

Dennoch sucht die Politik nach einer Hintertür: „Wir müssen jetzt sauber die europäische Rechtslage prüfen“, sagt etwa der CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Hennrich. Wenn Brüssel nicht zwingend eine Angleichung der Umsatzsteuer vorsehe, gebe es tatsächlich noch eine Chance für die Saunabetreiber. Hennrich: „Das kann ich derzeit aber noch nicht sagen.“

Die Saunabetreiber führen in diesem Zusammenhang stets Österreich ins Feld, wo für die Branche ein ermäßigter Steuersatz von zehn anstatt 20 Prozent gilt. Auf direktem Weg (per Gesetz) ließe sich die Erhöhung zwar nicht rückgängig machen, denn diese basiert auf einer ministeriellen Verordnung. Doch mit politischem Druck ließe sich durchaus etwas erreichen, meint Hennrich.

Ob der zustande kommt, ist allerdings noch offen. Nicht einmal die Liberalen, die zu ihrer Regierungszeit einen ermäßigten Umsatzsteuersatz für Hotels durchgesetzt haben, werfen sich für die Sache in die Bresche. „Ich persönlich bin kein Befürworter unterschiedlicher Umsatzsteuersätze“, sagt Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. Ihm wäre es lieber, wenn die Mehrwertsteuer für alle gesenkt würde.

Dennoch wollen die Saunabetriebe trommeln. Immerhin habe man erreicht, dass die Umstellung bis zum Sommer aufgeschoben werde, sagt Fildorado-Chef Schneider: „Das zeigt, dass man etwas erreichen kann.“