Die Preise für die Fahrkarten auch der S-Bahn sollen 2016 trotz deren Unpünktlichkeit weiter steigen Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Der Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) will über eine Preiserhöhung von im Schnitt 2,5 Prozent im kommenden Jahr rund 11,4 Millionen Euro mehr einnehmen. Der Fahrgastverband Pro Bahn hält den Aufschlag angesichts miserabler Pünktlichkeitswerte bei der S-Bahn für nicht gerechtfertigt.

Stuttgart - Der Verkehrsausschuss im Verband Region Stuttgart (VRS) befasst sich an diesem Mittwoch mit der Preiserhöhung des Verkehrsverbundes (VVS) für 2016. Viel zu sagen haben die Parlamentarier allerdings nicht, denn im VVS-Gesellschaftsvertrag ist festgelegt, dass die Gesellschafter der Verkehrsunternehmen, also Bahn AG, Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) und Busunternehmen, Höhe und Zeitpunkt der Tarifanpassung „unter Berücksichtigung der Kostenentwicklung“ bestimmen. Das haben sie getan. Unternehmen wie die SSB sehen bei 2,5 Prozent überdies noch keinen ausreichenden Ausgleich für die Entwicklung der Personal-, Energie- und Materialkosten.

Die ungleiche Kostenentwicklung bei den Unternehmen, die mal über einen weit überdurchschnittlich gestiegenen Personalaufwand (SSB: fünf, Bahn 3,5 Prozent) oder Energiepreise (SSB: 3,2 Prozent) klagen, will der Verbund in einer Arbeitsgruppe überprüfen. Für den Fahrgast ändert sich dadurch aber nichts, die Preiserhöhung bleibt bei im Schnitt 2,5 Prozent.

Stärker als im Durchschnitt getroffen werden Gelegenheitsnutzer, die Einzel- oder Vierertickets kaufen (in der Spitze 7,7 Prozent Aufschlag), aber auch Käufer von Monatskarten, die erst nach 9 Uhr fahren (Umweltticket, 4,8 Prozent Aufschlag bei zwei Zonen). Um zehn Cent und damit 8,3 Prozent wird auch das Kurzstrecken-Ticket erhöht.

Der Fahrschein, mit dem man im Bus drei, in der S-Bahn und Nahverkehrszügen eine Station weit kommt, kostete bis 2011 einen, danach 1,20 Euro. Dem Appell der Regionalverbands-Verwaltung, auf die Erhöhung bei der Kurzstrecke für 2016 zu verzichten und dafür den Preis für das Einzelticket für zwei Zonen von 2,80 auf 2,90 zu erhöhen, folgte der VVS-Tarifausschuss nicht. Insgesamt will der Verbund 2016 rund 11,4 Millionen Euro mehr als 2015 (bisher Planzahl) einnehmen, das wären 475,8 Millionen Euro.

„Wir hatten 2014 die unpünktlichste S-Bahn aller Zeiten“

Die erneute Preisrunde, die etwas geringer als in den Vorjahren (2,9 und 2,8 Prozent) ausfällt, sieht der Fahrgastverband Pro Bahn als nicht gerechtfertigt an. „Wir hatten 2014 die unpünktlichste S-Bahn aller Zeiten“, sagt Pro-Bahn-Vorstandsmitglied Andreas Kegreiß. Der S-Bahn-Gipfel habe bisher Versprechungen, aber tatsächlich kaum spürbare Verbesserungen gebracht.

„Am Flughafen werden die Anschlüsse nach wie vor gerissen, in Richtung Herrenberg und andernorts auch, die Fahrgäste erhalten aber praktisch keine Erstattung für das Chaos“, sagt Kegreiß, „da wäre für 2016 eine Nullrunde angesagt.“ Der VVS habe die Kostendeckung durch die Nutzer außerdem in den letzten Jahren von 50 auf inzwischen knapp über 59 Prozent hochgeschraubt.

Pro Bahn will an diesem Freitag mit einem Infostand am ehemaligen Durchgang zu den Gleisen 13 und 14 im Stuttgarter Hauptbahnhof aufzeigen, wie sich günstige Fahrkarten bei der DB ergattern lassen. Die Beratung läuft von 16 bis 19 Uhr. Bei den Verkehrsanbietern müsse ein „kleines Tarifabitur“ ablegen, wer sich das preiswerteste Angebot sichern wolle, sagt Kegreiß.

Der VVS will 2016 erneut die Strukturänderung der Tarifzonen untersuchen. Die Nutzer in den Landkreisen sehen sich gegenüber der Landeshauptstadt oft im Nachteil, weil draußen ein dünnerer Takt angeboten wird und längere Strecken zu Buche schlagen. Ziel des Verbundes ist eine Entschlackung, es soll deutlich weniger Zonen geben. Dieses Ziel wurde mehrfach anvisiert, aber nie erreicht, weil bei einer Vereinfachung neue Ungerechtigkeiten entstünden.