Das Lichterfest im Stuttgarter Höhenpark am Killesberg hat nach der Coronapause 25.000 Besucher angelockt – mit einer verblüffenden Lasershow.
Man könnte fast an böse Absicht glauben: Genau um 22.05 Uhr setzte der Regen ein. Zehn Minuten vor der großen Licht-, Laser- und Drohnen-Show, dem Höhepunkt, der mit der größten Spannung erwartet wurde. Im Tal der Rosen war kein Zentimeter Rasenfläche mehr frei, jeder sicherte sich den besten Platz, alle wollten die beste Sicht auf das Spektakel, das beim 70. Lichterfest am Samstag im Höhenpark Killesberg das bisher übliche Feuerwerk mit Böllern und Raketen ersetzen sollte.
Und die Besucher wichen auch nicht vor dem Schauer, der kurioserweise wieder punktgenau endete, als die letzten Sterne am Himmel verglühten und die Musik verstummte. Ein kleines Regie-Malheur, das weder die Technik noch die Begeisterung der Zuschauer beeinträchtigen konnte. Denn es war grandios, was Joachim Berner, der mehrfache Gewinner der Feuerwerk-Meisterschaft in Montreal, für ein neues Konzept in monatelanger Vorbereitung an Computer und Mischpult ersonnen hatte.
Gigantischer Aufwand für die perfekte Show am Abend
Es sind Rekordzahlen, die für das Gelingen dieser immens aufwendigen Show genannt werden: Allein am Entwurf und den Programmarbeiten tüftelte der Pyrotechniker 180 Stunden, 330 Stunden nahmen die Vorbereitungsarbeiten in Anspruch, 40 Techniker waren vier Tage am Killesberg im Einsatz. Für die perfekte Magie des Lichtes. Der Killesbergturm wurde zum Leuchtturm, der Strahlen in Grün, Blau und Silber wie glitzernde Pfeile sternförmig über den Himmel schoss und selbst als vielfarbige Lichtskulptur noch lange in die Nacht leuchtete. Dann zauberte die Technik auf den wolkenverhangenen Himmel tanzende Sterne, die sich zu Bildern formten und ein hübsches Ratespiel unter den Zuschauern auslösten: Ist das nicht das Rössle? Ja natürlich. Unverkennbar! Genau wie der Fernsehturm, das Riesenrad vom Volksfest, gefolgt von den Silhouetten der Stiftskirche, der Grabkapelle, des Neuen Schlosses und der maurischen Architektur der Wilhelma. Wie schön, die Stuttgarter Sehenswürdigkeiten neu zu entdecken.
Mobiles Kino mit Ökostrom betrieben
„Feuerwerk in Slow-Motion“, urteilte eine junge Dame ganz versiert. Jubel und Beifall aber brandeten ganz besonders auf, als zum Finale ein hinreißendes Spektakel vermutlich viele glauben ließ, doch noch das geliebte Feuerwerk zu sehen: Nein, es waren keine Leuchtraketen, aber die Bühnen-Pyro-Technik zaubert den gleichen Effekt von Myriaden von Sternen an den Himmel. Nachhaltig, wie es der Gemeinderat und die Stadtwerke als Öko-Strom liefernder Sponsor forderten.
Kaum nachhaltiger könnte filmische Unterhaltung geboten werden, als es Philipp mit seinem Hinterhof-Kino tut: „Wir haben das ganze Equipment mit dem Lastenfahrrad aus dem Kessel hier hochgebracht und unseren eigenen Ökostrom aus den Sonnenkollektoren“, erklärt er. Für die Kinder gab es nachmittags Animationsfilme, später ließen sich die Erwachsenen in den Liegestühlen nieder und guckten kurze Filme, zum Beispiel von Absolventen der Filmhochschule. Versorgt mit Popcorn aus der Solar-Kitchen.
Es glitzert und funkelt überall im Park
Schon seit dem Nachmittag riss der Strom der Besucher nicht mehr ab, der Höhenpark gehörte Kindern und jungen Familien, ehe die Gäste kamen, die sich jetzt nach der langen Corona-Pause kein Vergnügen mehr entgehen lassen wollen: Die Jugend, Paare, große Freundesrunden, entspannt, erwartungsvoll und fröhlich. Selbst lange Schlangen an den unzähligen Imbissständen, viele mit veganen Angeboten, machten nicht die geringsten Probleme.
Es glitzerte, funkelte, irrlichterte überall: Aus den Blütenkränzen auf den Köpfen der kleinen und auch größeren Mädchen, in der romantischen Laube, gleich daneben auf der Bühne am Lindenhain, wo Nebel zu elektronischer Musik wabert, und im Zauberwald der bizarr erscheinenden Bäume, die ein Hauch von Rot, Lila oder Blau märchenhaft verwandelt. Blutrot glühen die Felswände, leuchtende Kreise malen die Poi Bälle, die Kinder so gern rotieren lassen, in die Luft, und dann erscheinen Zauberwesen, die dem Wasser entstiegen sein könnten: Die Stelzenläufer der Gruppe Gage Hochstelzenlauf, auf deren fantastischen Kostümen Muscheln, Quallen und anderes Meeresgetier auf Nixen, Nereiden und Neptun verweisen.
Ein Auftritt voller Poesie.
„Stuttgart, was geht ab“, schallte es nach dem Höhepunkt der sensationellen animierend von der Freilichtbühne. Die Wiesen waren zwar nass und die Picknickdecken längst eingerollt. Aber natürlich ging noch jede Menge ab: Die Lichterfest-Party, bis die Lichter um 1 Uhr endgültig erloschen.