WFV-Kinderfußball-Experte Martin Hägele (re.) gibt Trainern und Höfleswetzern wertvolle Tipps. Foto: Pressefoto Horst Rudel

Welche Taktik wählt man fürs Höfleswetzturnier? Diese Frage klärten zwei Profis bei einem Workshop für Trainer und Betreuer. Noch wichtiger war jedoch: Wie geht man mit den Kindern richtig um? Welche Werte sind wichtig?

Stuttgart - Auf dem Bolzplatz wirkt zu viel Regelwerk eher hemmend. Weil es dort sowieso keine Schiedsrichter gibt, muss man sich beim Straßenkick irgendwie einigen. Foul oder nicht Foul ist hier keine große Frage. Lange Diskussionen würden nur Zeit rauben, die dann fürs Kicken fehlt. Ganz ähnlich sieht die Sache mit der Taktik aus. Die Systemfrage stellt sich nicht. Jeder muss alles können: vom Stürmer bis zum Torspieler. Und doch kann die richtige Ordnung auf dem Platz selbst bei Höfleswetzern nicht schaden. Denn beim gleichnamigen Turnier, das der Württembergische Fußball-Verband (WFV) mit seinem Medienpartner Stuttgarter Nachrichten am Dienstag, 24. September, an der Mercedesstraße veranstaltet, wollen die Jungs und Mädels der 80 Teams schließlich auch gewinnen.

Allerdings ist beim Gewinnen ohne die richtige Einstellung alles nichts. Es kommt aufs Wie an. Auf die Werte des Fußballs und denen des Mannschaftssports. Um den Trainern, Betreuern und Lehrern dabei den nötigen Feinschliff zu geben, veranstaltete der WFV einen Workshop in der Sportschule Ruit. Kein Wunder, dass die Teilnehmer des Mini-Trainerlehrgangs große Ohren bekamen, als die Fußballlehrer Martin Hägele und Michael Rentschler auf dem Platz mit den E-Jugend-Kickern des FC Eislingen über die ideale Grundordnung dozierten. Um es vorwegzunehmen, die perfekte Grundordnung gibt es sowieso nicht. Aber der WFV-Verbandssportlehrer Rentschler und Hägele vom WFV-Lehrstab gaben den Höfleswetz-Trainern zwei gute Vorschläge mit auf den Weg: In Ballbesitz ist ein 1:1:3:1 ratsam, gegen den Ball ein 1:3:2:0.

Trainerin aus Renningen ist begeistert

Für Alexandra Zielke, die mit ihren Buben von der SpVgg Renningen beim Höfleswetzturnier dabei ist, „war das sehr lehrreich und praxisnah“. Sie hätte wohl ohne den Workshop eine andere Grundordnung gewählt. Aber noch wichtiger war ihr, was der frühere VfB-Jugendkoordinator Martin Hägele über die richtige Ansprache und das kindgerechte Coaching erzählte. Auch sie kennt die Negativbeispiele, die den Kindern das Kicken vermiesen: brüllende Eltern und Trainer. Bevor jedoch Kinderfußball-Experte Hägele in die Tiefen des kindgerechten Coachings einstieg, intonierte der frühere DFB-U-21-Co-Trainer Rentschler den Vortrag: „Wir dürfen den Kindern nicht das Alibi geben, dass der Schiedsrichter schuld sein könnte. Wir müssen den Geist des Kinderfußballs auf den Kern reduzieren: das Kicken.“

Für das Kicken und das Coachen der Kicker gab Hägele den Trainern sozusagen eine Abhakliste mit drei Leitsätzen vor. „Ihr müsst die Kinder zur Begrüßung in einem Kreis versammeln“, rät Hägele, „und dort die ersten beiden Leitsätze formulieren.“ Am besten gelinge das, wenn man die Kinder frage: „Wie wollen wir spielen?“ Die Antwort könne nur lauten: fair. Zweite Frage: „Was wollen wir haben?“ Antwort: Spaß. Wer dies seinen jungen Fußballspielern immer wieder vermittle und vorlebe, handle nicht nur im Sinne der Kinder und des Fußballsports, sondern leiste auch einen gesellschaftlichen Beitrag. „Denn hier findet die Ausbildung von Persönlichkeit und das Verhalten in der Gruppe statt“, so Hägele, „der Fußball bietet hier ein ideales Lernfeld fürs Leben und den respektvollen Umgang miteinander.“ Und dazu gehört für Hägele dann auch der dritte Leitsatz: „Alle Kinder, die dabei sind, spielen auch. Keiner schaut zu.“

Das Wichtigste zum Schluss: Lob!

Handfest machte dies Michael Rentschler, indem er das Thema Respekt auf konkrete Situationen herunter zoomte, die auch beim Höfleswetzturnier passieren können. „Was passiert ab einem Spielstand von 3:0“, fragte er in die Runde und nahm die Antwort gleich vorweg: „Die eine Mannschaft ist überfordert, die andere unterfordert.“ Und richtig Spaß mache es auch keinem mehr. Was aus Sicht des Experten hinzukommt: Die Lernkurve nimmt rapide ab. „Man lernt nur gut dazu, wenn die Herausforderung so groß ist, dass sie gerade noch zu bewältigen ist.“ Auf das Höfleswetzturnier übertragen heißt das aus Sicht von Hägele und Rentschler: „Nehmt eure guten Spieler raus oder lasst den Torspieler auch im Feld kicken, wenn das Ergebnis zu hoch auszufallen droht.“ So sei ein Lerneffekt, Spaß und ein respektvolles Miteinander garantiert.

Damit hatten die beiden Fußballlehrer das Wesen des Kinderfußballs in drei Stunden gepackt. Am Ende blieben bei den Teilnehmern fast keine Wünsche offen. So dachten sie zumindest, bis Martin Hägele die Schlussfrage stellte: „Und wie verstärkt man bei den Kindern ein Erfolgserlebnis?“ In das Schweigen im Raum warf Hägele nur ein Wort: „Lob“. Lob erzeuge Freude und stärke das Selbstvertrauen. In diesem Punkt gibt es wohl wirklich keine Differenz zwischen dem Erwachsenen- und dem Kinderfußball. Lob und Anerkennung beflügeln jeden Menschen.

So war es nur selbstverständlich, dass Hägele und Rentschler die neuen Botschafter des Kinderfußballs mit einem großen Lob verabschiedeten.