Die Berliner Adler Group als Besitzer der 34 Stockwerke hohen Immobilie erklärt aktuell: Beim geplanten Verkauf „befinden wir uns in fortgeschrittenen Verhandlungen mit Kaufinteressenten“.
An manchen Tagen, so wie aktuell im sich langsam einstellenden Frühling oder erst recht im Sommer bei Sonnenuntergang, zeigt sich das Fellbacher Super-Hochhaus in hellem und bestem Licht – und ist dann auch vom Remstalkino oberhalb von Weinstadt-Beutelsbach genauso zu sehen wie vom Robert-Bosch-Krankenhaus auf dem Stuttgarter Pragsattel. Noch vor wenigen Wochen hatte sich allerdings eine graue Suppe über Fellbach gelegt, und da war selbst tagsüber in den Nebelschwaden kaum ein 34-stöckiger Wohnturm auszumachen.
Womöglich hatte sich der Tower verflüchtigt und das Fellbacher Problem sich in Luft aufgelöst? Diese Vision hätte auch gepasst zur seit Jahren vorherrschenden Stimmungslage in Fellbach: Der hohe Turm steht zwar seit zehn Jahren unvollendet da, aber es registriert ihn kaum noch jemand. Sogar in der vorweihnachtlichen Haushaltsdebatte war dies erkennbar, als wegen der misslichen Finanzlage ausgiebig „Schreckensszenarien“ und „Herkulesaufgaben“ skizziert wurden.
Die Stadt hat beim Tower kaum Einflussmöglichkeiten
Kein Wort allerdings verloren die Sprecher der fünf Fraktionen im Gemeinderat über die doch ebenso ärgerliche Lage beim Schwabenlandtower 107. Wobei das Problem ja jeder kennt: Das Hochhaus befindet sich eben in privater Hand, nämlich jener des Immobilienkonzerns Adler Group, und die Stadt hat eben keinen Einfluss auf die weitere Entwicklung.
Etwas mehr als zwei Jahre ist es mittlerweile her, dass ein Sprecher der in erhebliche finanzielle Turbulenzen geratenen Adler Gruppe auf Nachfrage unserer Redaktion erstmals verkündete, dass man den Tower wieder loswerden wolle. So erklärte der „Head of Corporate Communication“: „Consus Real Estate hat die Optionen für die Projektentwicklungen neu bewertet. In diesem Zusammenhang sind wir zum Schluss gekommen, für das Projekt Schwabenlandtower einen Verkauf in Erwägung zu ziehen.“
Konkret: Adler will den Turm loswerden. Die Antworten auf die halbjährigen Nachfragen unserer Redaktion glichen sich: „Für das Projekt ist eine Veräußerung an einen Investor beziehungsweise einen Kooperationspartner vorgesehen.“ Und: „Wir befinden uns bereits in Gesprächen mit mehreren Interessenten.“
Anfang Februar 2024 dann die nächste Auskunft durch Adler-Pressesprecherin Dobroslawa Pazder: „Wie wir bereits angekündigt haben, ziehen wir uns weitestgehend aus dem Projektentwicklungsgeschäft zurück und werden uns perspektivisch von allen Projekten trennen. Der Restrukturierungsplan sieht die aktive Veräußerung ausgewählter Portfolios und von Projektentwicklungen vor.“
Hinsichtlich einzelner Projektentwicklungen strebe das Unternehmen eine dem grundsätzlichen Wert der Objekte entsprechende Veräußerung an. Für den Schwabenlandtower sei eine Veräußerung an einen Investor beziehungsweise einen Kooperationspartner vorgesehen. „Wir befinden uns bereits in Gesprächen mit mehreren Interessenten. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns nicht näher zu Inhalten oder Umfang der Gespräche äußern können.“
Adler sendet positive Signale bezüglich des Tower-Verkaufs
Die neueste Adler-Auskunft vor wenigen Tagen könnte zumindest für Berufsoptimisten einen Hoffnungsschimmer bedeuten. So erklärt Pazder ganz aktuell: „Bezüglich des Verkaufs des Schwabenlandtowers befinden wir uns in fortgeschrittenen Verhandlungen mit Kaufinteressenten. Zum aktuellen Zeitpunkt können wir noch keine Angaben zum Zeitplan machen. Wir bitten um Ihr Verständnis, dass wir uns zu laufenden Verhandlungen nicht genauer äußern können.“
Von bisherigen bloßen „Gesprächen“ zu brandaktuellen „fortgeschrittenen Verhandlungen“: Als Schwabe ist man geneigt, da tatsächlich ein weiteres „Katzendäpperle“ zu einer Lösung herauszuhören. Denn wenn nicht, dann bleibt der Tower wahrhaftig „Der ewig Unvollendete“, wie unsere Zeitung bereits im vergangenen Juni Jahren titelte.
Keinen Fortschritt gibt es auch in einem anderen Komplex bezüglich des Schwabenlandtowers, oder besser Gewa-Towers, wie das 2014 gestartete Hochhausprojekt durch den damaligen Investor, Vater und Sohn Warbanoff, genannt wurde.
Überraschend bestätigte im Juni 2024, also fast acht Jahre nach der Insolvenz, ein Sprecher des Landgerichts Stuttgart auf Nachfrage unserer Zeitung diese Entwicklung: „Im Zusammenhang mit Vorgängen um den Gewa-Tower aus dem Jahr 2016 hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart am 20. 09. 2023 Anklage gegen zwei Beschuldigte erhoben.“ Diesen werde eine vorsätzliche Insolvenzverschleppung in zwei Fällen vorgeworfen.
Zwei Tage danach ergänzte der Erste Staatsanwalt Anielo Ambrosio auf Nachfrage, dass die Staatsanwaltschaft Stuttgart nach den durchgeführten Ermittlungen davon ausgehe, „dass beide Gesellschaften ab Mitte Mai 2016 zahlungsunfähig gewesen sein dürften“. Der Vorwurf der Marktmanipulation stütze sich auf eine Äußerung der Verantwortlichen aus Oktober 2016 gegenüber der Presse, dass das Bauprojekt abgeschlossen werden könne und keine finanziellen Probleme bestehen würden. „Weiter begründet eine im November 2016 veröffentlichte Ad-hoc-Mitteilung zu einer von der Kommanditgesellschaft begebenen Anleihe den Vorwurf der Marktmanipulation.“ Mögliche Folgen einer Verurteilung: Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren.
Warum die Ermittlungen sieben Jahre dauerten, begründet die Staatsanwaltschaft damit, „dass die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft vorwiegend mit der sogenannten betriebswirtschaftlichen Methode ermittelt werden musste“. Ergebnis: „Dieses Vorgehen ist verhältnismäßig komplex.“
Noch kein Termin für den Prozess vor dem Landgericht
Neun Monate später ist immer noch kein Termin in Sicht, zu dem sich die beiden Beschuldigten vor dem Landgericht verantworten müssten. Die jüngste Auskunft des Landgerichtssprechers vor wenigen Wochen: „Aufgrund durch die Strafkammer vorrangig zu bearbeitender Haftsachen ist jedenfalls im ersten Halbjahr 2025 nicht von einem Verfahrensbeginn auszugehen.“ Insoweit könne er „leider nur anregen, dass Sie sich im Juli nach dem aktuellen Sachstand erkundigen“.
Wie sagte Oberbürgermeisterin Gabriele Zull so treffend in ihrer vorvergangenen Neujahrsansprache im Januar 2024: „Der Turm war von Anfang an unser Sorgenkind, und er ist es leider auch bis heute geblieben.“
Stationen eines Hochhausbaus
Beginn
Ende Mai 2014 gab es den ersten Spatenstich, mit dabei auch der damalige Fellbacher Oberbürgermeister Christoph Palm als großer Unterstützer des Projekts. Im November 2016 musste die Gewa-Gesellschaft Insolvenz anmelden. Seitdem gibt’s, trotz zweier folgender Investoren, kaum mehr Fortschritte am Rohbau.
Suche
Im Februar 2023 offenbarte der aktuelle Investor, die Adler Group mit Sitz in Berlin, erstmals gegenüber unserer Zeitung, dass sie einen Käufer für den Tower suche. Erfolgreich waren die Bemühungen bisher allerdings nicht. In Fellbach heißt es dennoch: Die Hoffnung stirbt zuletzt.