Hockey hat in Stuttgart eine große und vor allem erfolgreiche Tradition: Zuletzt ging es für den HTC Stuttgarter Kickers bergab. In der Halle ist das Team künftig nur noch drittklassig Foto: Fotolia

Der Glanz großer Zeiten ist verblasst: Der HTC Stuttgarter Kickers ist nach dem Abstieg in der Halle nur noch drittklassig. Und eine Trendwende ist beim Deutschen Hockey-Meister von 2005 nicht zu erkennen.

Stuttgart - Schlechter hätte es nicht laufen können: Der Hockey-Sport in der Region hat am Wochenende einen kräftigen Dämpfer erlitten. Der Aufsteiger HC Ludwigsburg verpasste den Klassenverbleib in der Bundesliga. Noch schlimmer kam es für den HTC Stuttgarter Kickers, dessen Abstieg aus der zweiten Liga vorzeitig besiegelt wurde. Die Talfahrt geht also ungebremst weiter. „Aus der Binnensicht betrachtet, ist es ein Riesenproblem“, sagt die frühere HTC-Größe und der heutige Vorsitzende des Jugendfördervereins, Christoph Wüterich. Allerdings: Unerwartet kommt der Abstieg in die 1. Regionalliga Süd nicht.

„Das wurde langfristig vorbereitet“, sagt Trainer Horst Ruoss mit verkniffener Miene. Er hatte das Kickers-Team im November 2014 übernommen. Angefangen hätten die Schwierigkeiten bereits vor zehn Jahren mit dem DM-Titel 2005 und dem Europapokalsieg 2006. Probleme seien nicht erkannt oder nicht angegangen worden. „Es wurde nicht nachhaltig weitergearbeitet“, sagt Ruoss.

Vor allem die Jugendarbeit sei vernachlässigt worden. Die Arbeit mit dem Nachwuchs trägt mittlerweile zwar wieder Früchte, „aber vier, fünf Jahrgänge fehlen uns einfach“, sagt der Coach. Doch das ist nur ein Teil dieser traurigen Geschichte. Das Gesicht der Bundesliga-Mannschaft änderte sich ständig, weil es etliche Spieler nach dem Abitur zum Studium woanders hinzog. Auch die Vereinsführung wechselte oft schneller als der Tabellenplatz des Teams. Ein roter Faden war in der Vereinsarbeit nicht mehr zu erkennen. Die ständigen Kurswechsel und die dadurch verursachte Unruhe blieben auf Dauer auch sportlich nicht ohne Konsequenzen.

„Eine voreilige Entscheidung“

Seit einem Jahr ist ein neues Team um Präsident Stefan Heine und den Sportlichen Leiter Peter Heink im Amt. „Es wurde seither einiges auf den Weg gebracht“, sagt Wüterich, „das sieht man an verschiedenen Stellen.“ Aber es gibt auch Kritik – zum Beispiel am Trainerwechsel nach der vergangenen Feldrunde. Trainer Falk Heßler passte nicht in das neue Anforderungsprofil des Clubs, sein Vertrag wurde nicht verlängert. „Eine voreilige Entscheidung“, sagen interne Kritiker, die ihren Namen nicht in den Medien lesen wollen.

Ein Nachfolger war nicht in Sicht, es mussten Übergangslösungen her. Erst übernahmen die Spieler Thomas Häuser und Patrick Breuling das Team, doch das junge Duo war beruflich zu sehr eingespannt. Wieder musste eine Alternative gefunden werden. HTC-Urgestein Horst Ruoss kehrte zurück. „Das waren viele Trainer in kurzer Zeit“, meint Teammanager Albert-Hugo Stinnes, „für eine Mannschaft ist das nicht einfach.“ Vor allem nicht für eine so junge wie die des HTC.

Die Trainerfrage ist noch immer nicht geklärt. „Es ist schwierig, den richtigen Mann für diese Position zu finden“, sagt der Sportliche Leiter Peter Heink. Gesucht wird: ein Coach, der bereit ist, nach Stuttgart zu kommen, der die konzeptionellen Anforderungen erfüllt und der auch noch zur wirtschaftlichen Situation des HTC passt. „Wir können nicht alle unsere Ressourcen für die ersten Herren bündeln“, erklärt Heink.

Darunter würde zwangsläufig die Jugend leiden. Zumindest einen Kandidaten gibt es mittlerweile, entschieden ist aber noch nichts. „Wir sind dabei, die Weichen zu stellen“, sagt Heink. Die Zeit drängt. Im April fängt die Rückrunde der Feldsaison an, auch dort geht es für den HTC um den Klassenverbleib in der zweiten Liga. Die Mannschaft belegt aktuell den vorletzten Platz. Klar ist für den Sportlichen Leiter nur eines: Horst Ruoss soll in irgendeiner Weise weitermachen, damit dieses Mal Kontinuität gewahrt wird.

"Die Jungs müssen sich jetzt voll reinhängen"

„Das Team hat sich in den vergangenen Wochen verbessert, auch wenn es nicht immer die Ergebnisse geholt hat, die es verdient gehabt hätte“, sagt Heink. Die Jungs müssten sich jetzt voll reinhängen, mahnt Wüterich. Allein schon um den Nachwuchsspielern eine Perspektive aufzuzeigen. „Wir haben eine sehr gute Jugendarbeit. Es fehlt nur der Schlussstein.“

Auch beim Baden-Württembergischen Hockey-Verband (HBW) verfolgt man die Entwicklungen in der Region mit Sorge. „Die Abstiege des HTC und des HC Ludwigsburg sind sehr bedauerlich“, sagt Karlheinz Brust, HBW-Präsident, „die Tendenz ist nicht erfreulich.“ Vor allem beim HTC. Brust wertet den Abstieg der Ludwigsburger als „normales sportliches Auf und Ab“, beim HTC dagegen sieht er keinen Trend nach oben. Zumindest kurzfristig.

„Stuttgart ist ein attraktiver Standort. Und an der Spitze sind nun gute Leute am Werk“, sagt er, aber es brauche Zeit, um Akzente zu setzen. Zeit, die der HTC vielleicht nicht mehr hat.

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