2009 stand das Wasser unter der Bahnbrücke an der Liebknechtstraße knietief. Um solche Ereignisse künftig zu verhindern, wird derzeit der Kanal zwischen Liebknechtstraße und Wegaweg ausgebaut. Foto: Archiv Achim Zweygarth

Die Stadtentwässerung Stuttgart (SES) hat das Kanalnetz in Stuttgart-Vaihingen überprüft und die Ergebnisse im Bezirksbeirat vorgestellt. Das Ergebnis: Nicht alle Kanäle sind ausreichend.

Vaihingen - Vaihingen weist drei kritische Geländesenken auf, die bei Starkregen überflutungsgefährdet sind: der Johannesgrabentunnel/B 14, die Bahnunterführung Liebknechtstraße sowie der Bereich rund um das Bezirksrathaus. „Im Johannesgrabentunnel sammelt sich das Wasser am tiefsten Punkt und fließt erst nach geraumer Zeit wieder über die Straßenabläufe ab“, erklärte Christiane Schilling von der Stadtentwässerung Stuttgart (SES). Genauso stellt sich die Situation an der Unterführung der Liebknechtstraße dar. Dort stand das Wasser im Juli 2009 knietief, als ein Starkregen über Stuttgart niederging. Dem Bericht der SES vorausgegangen war ein Antrag der CDU im Februar, die Stadt möge den Bezirksbeirat über den Hochwasserschutz informieren.

Eine Kanalsanierung ist am Johannesgrabentunnel zunächst nicht angedacht. „Man könnte höchstens über eine Ampel nachdenken, die bei Hochwasser auf Rot schaltet, sodass kein Auto in die Unterführung fährt“, sagte Schilling. Der Kanal, der von der Liebknechtstraße entlang der Sportgelände zum Wegaweg führt, wird hingegen derzeit saniert. Die 1,6 Millionen Euro teure Maßnahme ist nötig, weil der alte Kanal aus dem Jahr 1934 zu klein ist und bei Starkregen das viele Wasser nicht bewältigen kann. Zudem sollen bis 2020 die Kanäle Lauchäcker/Pascalstraße, Kaltentaler Abfahrt/Rottweiler Straße und Schockenriedstraße saniert werden.

Gebäudeschutz ist Sache des Grundstückseigentümers

In der Senke rund um das Bezirksrathaus am Vaihinger Markt sammelt sich ebenfalls das Wasser. Objektschutzmaßnahmen sind dort etwa Rückstausicherungen in den Untergeschossen. „Das ist Sache der Grundstückseigentümer“, so Schilling. Das betrifft auch die Wohngebiete. In Vaihingen sind Areale an drei Gewässern überflutungsgefährdet: die Honigwiesen am ehemaligen Lauf des Nesenbachs, das Rosental am Sindelbach und Dürrlewang zwischen Schwarz- und Steinbach. „Bei Gebieten nah an Gewässern wird es immer die Möglichkeit für Hochwasser geben“, sagte Schilling. Hochwasserrückhaltebecken sollen verhindern, dass das Oberflächenwasser in die Wohngebiete läuft. Am Sindelbach und an der Körsch auf Möhringer Gemarkung sollen zwei neue solche Rückhaltebecken entstehen.

Den Vaihinger Bezirksbeiräten ging der Bericht der SES nicht weit genug. Sie fragten, ob die Hochrechnungen der SES auch den Klimawandel berücksichtigen. „Es ist anzunehmen, dass die Niederschlagsmenge mit den Jahren weiter steigt“, sagte Kristin Wedekind (Grüne). Eyüp Ölcer (Freie Wähler) wollte wissen, ob bei der Wohnraumnachverdichtung auch das Kanalnetz „nachverdichtet“, also ausgebaut werde. Karsten Eichstädt (CDU) hakte nach, ob die Überprüfungen der SES in Dürrlewang keine Mängel des Kanalnetzes ergeben hätten. Christiane Schilling verneinte das. „Es gibt keine Auffälligkeiten“, so Schilling.

Bezirksbeiräte sorgen sich wegen anstehender Bauprojekte

Künftige Wetterereignisse seien nur bedingt in den Planungen für neue Kanäle inbegriffen. „Wir müssen nur den Nachweis bringen, dass das bestehende Netz die derzeitigen Wassermassen abführen kann“, erklärte Schilling. Die Kanäle müssen so bemessen sein, dass sie einen Starkregen ableiten können, wie er einmal in zwei bis fünf Jahren vorkommt. Der Fall von 2009 an der Liebknechtstraße sei ein Ereignis gewesen, wie es einmal in 50 bis 107 Jahren auftritt, erörterte Schilling. Bei Kanalneubauten allerdings wird die Leistungsfähigkeit erhöht: Sie müssen auch bei Starkregen leistungsfähig sein, wie sie in Wohngebieten einmal in drei Jahren und in Unterführungen einmal in zehn bis 50 Jahren vorkommen. Der bauliche Zustand des Kanalnetzes werde alle zehn Jahre überprüft und entsprechend saniert, sollten Mängel festgestellt werden.

Die Bezirksbeiräte äußerten noch Bedenken, ob das Kanalnetz im Synergiepark den künftigen Ansiedlungen, etwa durch die Allianz, gewachsen sei. „Durch weitere Bebauung kann weniger Wasser im Boden versickern“, sagte Wedekind. Schilling erläuterte, dass die Allianz bereits in den Plänen berücksichtigt sei. „Bei jedem Bauprojekt wird geprüft, wie Regenwasser abgeleitet werden kann, etwa durch Dachbegrünungen. Es gibt genaue Vorgaben, wie viel Regenwasser in die Kanalisation abgeleitet werden darf“, sagte Schilling.