Im Wieslauf- und Remstal gehen die Aufräumarbeiten weiter. Welche Straßen derzeit noch gesperrt sind und wo Hilfsgesuche und -angebote entgegengenommen werden, lesen Sie hier.
Der Regen hat aufgehört. Am zweiten Tag nach dem Hochwasser im Wieslauftal und dem Remstal, das in der Nacht auf Montag zwei Todesopfer gefordert hat, trocknet die Sonne einige Spuren der Katastrophe. Doch von Normalität kann in den betroffenen Orten – neben Schorndorf, Rudersberg und Kaisersbach auch Alfdorf, und Berglen – noch keine Rede sein. Überall sind Anwohner und Einsatzkräfte damit beschäftigt, Schrott zu sammeln, vollgelaufene Keller zu putzen und zu trocknen und nach Habseligkeiten zu suchen, die von den Wassermassen verteilt wurden. Der Rudersberger Bürgermeister Raimon Ahrens sagte, er hoffe darauf, dass bald der erste Supermarkt im Ort wieder öffnen könne.
Allerorten ist die Anteilnahme groß am Tod zweier Menschen in Schorndorf-Miedelsbach. Dort waren in der Nacht auf Montag ein 58-Jähriger und seine 84 Jahre alte Mutter beim Versuch, einen Keller auszupumpen, ums Leben gekommen. Der Schorndorfer Oberbürgermeister Bernd Hornikel hat Trauerbeflaggung für das Rathaus angeordnet.
Behörden vermitteln Hilfsangebote
Die Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung ist derweil immens. Die Gemeinde Berglen nimmt auf ihrer Facebookseite, aber auch telefonisch Hilfegesuche und -angebote an und versucht, diese zu vermitteln. In Rudersberg werden die Hilfsangebote von Freiwilligen am Rathaus koordiniert – da das Feuerwehrhaus selbst vom Hochwasser betroffen ist, hatte die Feuerwehr ihre Einsatzzentrale in der Nacht auf Montag fluchtartig dorthin verlegt. An mehreren Standorten stehen Container bereit, um Bauschutt, Restmüll und Schrott zu sammeln, auch ein Bürgertelefon wurde eingerichtet (07183 3005-0). Das Landratsamt des Rems-Murr-Kreises hat zudem ein Spendenkonto eingerichtet. Die Bankverbindung, aber auch weitere Informationen wie das Bürgertelefon des Landkreises sind auf der Webseite der Behörde unter www.rems-murr-kreis.de zu sehen.
Auch für die Einsatzkräfte – viele davon ehrenamtliche Helfer und selbst zu Hause von der Katastrophe betroffen – waren die Einsätze in der Nacht auf Montag belastend. „Erst waren es zehn, irgendwann 200 Einsätze – das alles zu handeln, ist unmöglich“, so der Einsatzleiter Steffen Knödler von der Rudersberger Feuerwehr. „Wir wussten, wir werden nicht jedem Anrufer Hilfe schicken können.“ Auch das Rudersberger Feuerwehrhaus war vom Hochwasser betroffen, der dort eingerichtete Einsatzstab musste ins Rathaus verlegt werden. „Die Kameraden haben dabei ihre privaten Autos verloren.“
Die Rettungsdienste und die DLRG standen in der Nacht der Flut angesichts abgeschnittener Orte und extrem starker Wasserströmung vor schier unlösbaren Aufgaben: „Wir hörten die Anrufe, die Schreie und konnten nicht eingreifen“, so Sven Knödler, Geschäftsführer des DRK Rems-Murr. Vom Landrat und den Bürgermeistern kommt derweil viel Lob für die freiwilligen und professionellen Helfer.
Auch am Dienstag sind noch mehrere Straßen im Rems-Murr-Kreis gesperrt. Vor allem im Bereich Rudersberg, aber auch bei Althütte, Welzheim und zwischen Schwaikheim und Winnenden haben die Überflutungen Straßen in Mitleidenschaft gezogen. Am Sinnes-Erlebnispark „Eins und Alles“ bei Welzheim stürzte der Hang unter einer Landesstraße ab. Das Landratsamt hat auf seiner Webseite eine Karte der gesperrten Straßen veröffentlicht.
Der Landrat Richard Sigel betonte am Montag, die Gewitterzelle, die die Ereignisse nach tagelangem Dauerregen schließlich zum Eskalieren brachte, habe sich in der Nacht „innerhalb einer Dreiviertelstunde aufgebaut und abgeregnet“. Wie extrem die Wassermassen waren, zeigt die Auskunft des Backnanger Hobbymeteorologen Yannick Garbe. Er erklärt, im Welzheimer Wald sei in den letzten vier Wochen so viel Regen gefallen wie sonst in rund einem halben Jahr. „Dadurch waren die Böden komplett gesättigt und konnten kein weiteres Wasser mehr aufnehmen“, so Garbe. Am Sonntagabend dann der erneute Wolkenbruch – bei Niederschlägen von mehr als 100 Litern pro Quadratmeter nahm die Katastrophe ihren Lauf.
Einige der betroffenen Orte werden vermutlich noch Jahre Spuren des Hochwassers tragen. Langfristig werden die Ereignisse auch aufzeigen, ob und an welchen Stellen das Hochwasser- beziehungsweise Starkregenmanagement im Rems-Murr-Kreis ausgebaut oder umgeplant werden muss.