Das Ufer auf der Elbinsel Werder in Magdeburg ist überschwemmt. Mitglieder der DLRG-Ortsgruppe Foto: z/DLRG

Mitglieder der Ortsgruppe Filder der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) haben in Magdeburg Sandsäcke gestapelt. Sie wollten die Folgen des Hochwassers für die Menschen mindern.

Filder - Matthias Heinzmann von der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) hat innerhalb kurzer Zeit zwei Fluten erlebt. „Als ich in Pleidelsheim am Neckar im Einsatz war, dachte ich mir: Das ist Hochwasser!“, sagt er rückblickend. Eine Woche später relativierte er seinen Eindruck. Denn Heinzmann und seine sechs Kameraden der DLRG-Ortsgruppe Filder sahen, dass die Flut in Magdeburg viel schlimmer war als in Pleidelsheim.

Zur DLRG-Gruppe gehören Mitglieder aus Leinfelden-Echterdingen und aus Vaihingen, Möhringen und Degerloch. Im Einsatz in Sachsen-Anhalt waren unter anderem Matthias Heinzmann aus Leinfelden, der stellvertretender Vorsitzende der Ortsgruppe ist, seine Vorstandskollegin Sabrina Hertner aus Musberg und Jan Seher, der Zugführer des neunten Wasserrettungszugs im Südwesten aus Vaihingen. Sie verbrachten vier Tage damit, die Folgen der Flut für die Menschen in Magdeburg zu mindern. Die DLRG-Mitglieder sind Teil des sogenannten neunten Wasserrettungszugs Baden-Württemberg. Am 7. Juni rückten sie aus und kamen am 12. Juni wieder zurück. In einem Café in Leinfelden berichten sie vom Kampf gegen die Flut.

Lkw-Ladungen voller Sandsäcke

„An dem Samstag ist das Wasser in Magdeburg rapide gestiegen. Darum haben wir auf der Elbinsel Werder Lkw-Ladungen voller Sandsäcke gestapelt“, sagt Heinzmann. Es müssen viele Hundert gewesen sein, die allein er in den Händen hatte, schätzt der Leinfeldener. Sie hatten das Ziel, die Gebäude auf dem Werder vor der Elbe zu schützen. „Wir haben dort Feuerwehrleute abgelöst, die schon 36 Stunden im Einsatz waren“, berichtet der Zugführer Jan Seher. Dann bauten 44 DLRG-Mitglieder den Damm weiter, den die Feuerwehrleute begonnen hatten. Weil Sandsäcke an anderen Stellen den Wassermassen nicht mehr standhielten, baute die DLRG-Gruppe den Schutzwall ab und woanders wieder auf. „Wenn die Säcke nass sind, ist es viel anstrengender, sie zu tragen. Sie sind dann zwei- bis dreimal so schwer“, erzählt Heinzmann. Trockene Säcke seien fünf bis sieben Kilogramm schwer.

„Der Pegel war höher als beim Hochwasser 2002“, berichtet Seher. „Auf der Werderseite zum Nebenarm Alte Elbe stand ein Gebiet unter Wasser, das sonst 50 Meter vom Fluss entfernt ist“, sagt Heinzmann. Doch nicht nur die DLRG-Leute waren dort im Einsatz. „Ganz viele Zivilisten haben geholfen“, sagt Seher. Während Heinzmann und Seher Sandsäcke stapelten, hatte Sabrina Hertner eine andere Aufgabe. „Als Einsatzfahrerin bin ich beim Auto geblieben“, erzählt sie. Sie hielt Wache und kümmerte sich um die Logistik.

Mit Blaulicht von Stuttgart nach Magdeburg

Dass Heinzmann, Seher und Hertner in Ostdeutschland gebraucht werden, erfuhren sie am vorvergangenen Freitag. „Mittags gab es eine Voralarmierung“, sagt Heinzmann. Weil sich die Lage entlang der Elbe verschlechtert hatte, forderte das Innenministerium von Sachsen-Anhalt fünf Wasserrettungszüge aus dem Südwesten an. Aus dem DLRG-Bezirk Stuttgart fuhren 21 Personen mit vier Fahrzeugen los. Wie wichtig ihr Einsatz ist, merkten auch andere Autofahrer. „Wir sind den ganzen Weg mit Blaulicht gefahren“, sagt Hertner.

Am Sonntag war es körperlich nicht ganz so anstrengend. Seher arbeitete mit der Polizei zusammen. Sie entwickelten einen Patrouillenplan, mit dem Plünderungen bei evakuierten Häusern verhindert werden sollten. „Wir als DLRG haben das Gebiet erkundet“, sagt Heinzmann. Das taten sie woanders auch am Montag.

Das Warten nervt

Der Dienstag war ganz anders als die vorigen Einsatztage. Denn Heinzmann und seine Kollegen hatten Bereitschaft. „Wir saßen im Auto und haben gewartet. Das hat genervt, weil wir wussten, dass anderswo ein Deich gebrochen war und wir da nicht hin konnten“, sagt Heinzmann. Innerhalb von drei Minuten mussten sie einsatzbereit sein. Denn andere Deiche trotzten zwar noch dem Wasser. „Sie waren aber am Limit“, sagt Seher. Am Dienstag war der Pegel aber immer noch höher als 2002.

Seit Mittwochabend sind die drei zurück und werden oft auf ihre Fluterlebnisse angesprochen. Außerdem verarbeiten sie das Erlebte. „Während des Einsatzes denkt man nicht darüber nach. Man funktioniert und greift auf das Gelernte zurück“, sagt Heinzmann. Jetzt denkt er viel nach. Besonders in Erinnerung geblieben ist ihm die Dankbarkeit der Einheimischen. „Sie haben entweder mitgeschuftet oder uns Stullen geschmiert.“ Heinzmann holt sein Smartphone aus der Tasche und zeigt ein Bild. Es zeigt einen Kuchen mit den Buchstaben DLRG. „Wir wurden mit Dankbarkeit überschüttet“, sagt er.