Friederike Fischerspürt den historischen Malereien der Stadt nach. Foto:  

Bald werden die Esslinger wissen, über welche Kunstschätze sie wirklich verfügen. Die neue Hochwächterin Friederike Fischer wird die Malereien an den Gebäuden vom Mittelalter bis zum Ende der Reichsstadtzeit katalogisieren.

Esslingen - Mit Sicherheit werden die Forschungen der neuen Hochwachtstipendiatin Friederike Fischer über die Esslinger Wandmalereien einen soliden Katalog der lokalen Kunstwerke geben. Vielleicht werden sie auch zu einer Doktorarbeit, dann sind sie nicht nur ein Riesengewinn für die Stadt, sondern ein persönlicher Zugewinn für die 26 Jahre alte Schwäbisch Gmünderin. Sie wird während ihres halbjährigen Aufenthalts in der Hochwacht jede Wand- und Deckenmalerei in der Esslingen Altstadt katalogisieren und zwar wirklich jede.

Das heißt von der ersten Erwähnung der Stadt im Jahr 777 bis zum Ende der Reichsstadtzeit 1802. Das sind also nicht nur die mittelalterlichen Bilder von Sankt Dionys und der Frauenkirche, das sind auch die kaum mehr zugänglichen floralen Malereien im Dachstuhl von St. Paul und die barocken Deckenbildern im heutigen Amtsgericht in der Ritterstraße. Dabei unterstützt sie Joachim Halbekann vom Stadtarchiv, der ihr die Literaturquellen zugänglich macht für einen ersten Überblick über die Kunstschätze.

Sie erfasst den Zustand und die Maltechnik

In den Datensatz, den sie erstellen will, nimmt sie nicht nur den Standort des Gemäldes auf, sondern auch den Zustand und die Maltechnik. Selbstverständlich kommt auch eine grobe zeitliche Einordnung dazu, das Feintuning müssen dann die Kunstgeschichtler machen. „Ich bin Restauratorin“, sagt sie und betont das Handwerkliche in ihrem Portfolio.

Da ist eine Menge zu tun, aber Friederike Fischer hat sich vorgenommen, das alles in einem halben Jahr zu schaffen. Solange wird sie unter der Woche in der Hochwacht wohnen, am Wochenende fährt sie nach Gmünd zurück. Sofern es ihre Zeit erlaubt, will sie bei drei, vier ausgewählten Werken auch tiefer in die Entstehungsgeschichte eindringen.

Durch eine Rutsche kann man ins Freie flüchten

In der Hochwacht, dem Zwergenhaus am Eck der Stadtmauer bei der Esslinger Burg, muss man hin und wieder den Kopf einziehen, so eng ist es. Aber es gibt einen Schreibtisch, ein Bett und eine Küche, sowie die berühmte Rutsche, durch die man im Notfall ins Freie flüchten kann. Friederike Fischer hat sie auch schon ausprobiert. Freiwillig, versteht sich. Im dem Häuschen wohnte einst die Familie des Hochwächters, der bei Feuer in der Stadt oder im Neckartal Alarm geben musste. Eine einzige Steinwand gibt es im Fachwerk-Häuschen auch, das sind die Reste eines staufischen Wachturm.

Zur Einsetzung der Stipendiatin am vergangenen Donnerstag kamen der Oberbürgermeister Jürgen Zieger, der Stifter Hans Weiler sowie etliche Vertreter des Kulturamtes. Friederike Fischer ist die zweite Stipendiatin auf der Hochwacht, die dieses „einzigartige Stipendium in Deutschland“ genießt, wie es Jürgen Zieger ausdrückte, der die Ehrenurkunde übergab. Mit der Urkunde überreichte Zieger auch ein paar Freikarten für Konzerte und für das Kino auf der Burg, die jeder Hochwachtstipendiat naturgemäß sehr intensiv miterlebt.

Sie rettet Farbschichten und bröckelnden Stein

Friederike Fischer hat ihr Metier an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart gelernt. Wenige wissen, dass man sich hier nicht nur zum Künstler ausbilden lassen kann, sondern auch zum Restauratoren.

Bereits während ihres Studiums hat sich Friederike Fischer an einer herausragenden Figurengruppe versucht. Im Heilig Kreuz Münster in Schwäbisch Gmünd gibt es eine Figurengruppe aus dem Jahr 1350, die das Heilige Grab darstellt. Dort half sie, Farbschichten zu erhalten und bröckelnden Stein zu reparieren.