Gabriele Kille Foto: privat

Die Hochschule der Medien (HdM) beteiligt sich an der Suche nach neuen Formen der Kriminalprävention in sozialen Medien. Die Studiendekanin Gabriele Kille erklärt, was sich hinter dem Forschungsprojekt „PräDiSiKo“ verbirgt.

Vaihingen - Kriminalprävention nimmt in den vergangenen Jahren einen zunehmend größeren Stellenwert in der Polizeiarbeit ein. Das gängige Methodenrepertoire, etwa Kommunikationskampagnen, Informationsveranstaltungen oder das Verteilen von Broschüren, hat sich einerseits bewährt, reizt andererseits aber die Möglichkeiten zur Interaktion zwischen Polizei und Bevölkerung, die sich im Zeitalter digitaler Medien bieten, nicht annähernd aus.

Das Forschungsprojekt „Präventive digitale Sicherheitskommunikation (PräDiSiKo)“, an dem auch die Stuttgarter Hochschule der Medien (HdM) beteiligt ist, widmet sich der Entwicklung und wissenschaftlichen Bewertung neuer kommunikativer Formen in der Präventionsarbeit.

„Es geht darum, eine technisch und inhaltlich neu gestaltete Plattform zu schaffen, die Wissen und Verhaltensempfehlungen vermittelt, Möglichkeiten zum Dialog bietet und über eine innovative Inszenierung eine nachhaltige Wirkung garantiert.“ So umreißt die Studiendekanin Gabriele Kille die Zielsetzung.

Was beeinflusst couragiertes Handeln?

Erfahrungen der Sicherheitskräfte mit den bestehenden sozialen Medien zeigen, dass sie besser sind als ihr Ruf. Natürlich können fragwürdige Posts und Tweets Verunsicherung auslösen. Andererseits können die neuen medialen Kanäle die Sicherheitskommunikation zwischen Polizei und Bevölkerung aber auch ausgesprochen positiv beeinflussen. „Wichtig ist, dass wir die richtige Form finden, Menschen zu motivieren“, sagt Kille. „Wir haben uns für das Projekt den Bereich Zivilcourage vorgenommen, und es wäre großartig, wenn es gelingen würde, mehr Menschen für dieses Thema zu sensibilisieren oder sie in ihrer ohnehin vorhandenen Einstellung zu bestärken.“

Hierfür ist zunächst eine Analyse der Einflussfaktoren wichtig, die couragiertes Handeln begünstigen. Fest steht zumindest schon, welche Taktik ins Leere läuft: Der erhobene Zeigefinger wird als veraltete Methode eingemottet. „Erwiesenermaßen überzeugt man Menschen nicht, indem man ihnen ein schlechtes Gewissen macht“, erklärt Kille. „Nehmen sie nur die Kampagnen von Brot für die Welt. Früher hat man versucht, Spender mit Aufnahmen von Kindern mit Hungerbäuchen zu motivieren. Inzwischen ist man bei ,Weniger ist leer‘ angekommen. Diese positive Botschaft ist wesentlich effektiver.“ Ein anderer wichtiger Faktor, der dazu beiträgt, dass Botschaften verinnerlicht werden, ist der persönliche Bezug.

Filme sollen Zivilcourage erfahrbar machen

Auch hier hat Gabriele Kille, die über jahrelange Erfahrung in der Werbebranche verfügt, ein einleuchtendes Beispiel parat: „Jemanden dazu zu bewegen, mit dem Rauchen aufzuhören, ist unheimlich schwierig“, führt sie aus. „Mit Bildern auf Zigarettenschachteln funktioniert das mit ziemlicher Sicherheit nicht. Wenn jemand aus dem Freundeskreis aufgrund seines Nikotinkonsums erkrankt, ist das ein wesentlich wirksamerer Denkanstoß.“

Entsprechend will PräDiSiKo das Thema Zivilcourage erfahrbar machen. Geplant sind interaktive Filmszenarien zu den Aspekten Radikalisierung, Internetgewalt und Gewalt im öffentlichen Raum. Spielerische und narrative Elemente sollen sich dabei ergänzen. „Uns schweben Sequenzen vor, in denen der Nutzer selbst entscheiden kann, wie er reagieren will und das Problemfeld emphatisch erfährt“, erläutert Gabriele Kille das Konzept des Arbeitspakets innerhalb des Gesamtvorhabens, mit dem sich die Hochschule für Medien befasst. „Um das möglich zu machen, müssen wir zunächst die Sehweisen analysieren, die sich durch eine andere Mediennutzung entschieden verändert haben.“

Eine interaktive Anlaufstelle im Internet

Ein anderer zentraler Punkt des auf drei Jahre angelegten Präventionsprojekts, an dem sich auch die Leibniz Universität Hannover, die Onlineagentur Mosaiq GmbH, die Deutsche Hochschule der Polizei (DHPol) und die Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK), beteiligen, ist die Schaffung von sicheren Kanälen für den Dialog.

Wer Beratung sucht, soll sich über die Plattform direkt an Fachleute wenden können – unter Wahrung des Datenschutzes und ethischer Standards. „Ich glaube, dass eine interaktive Anlaufstelle im Netz, die mit den neuesten Visualisierungstechniken arbeitet und moderne Kommunikationsstrategien nutzt, Zukunft hat“, fasst Kille zusammen. „Nicht nur für die Kriminalprävention. Wenn unsere Idee ausgereift und umgesetzt ist, soll sie auch auf andere Bereiche wie die gesundheitliche Fürsorge übertragbar sein.“