Die Darstellung zeigt beispielhaft, wie ein zentrales Filderstädter Rathaus in Ortskern von Sielmingen aussehen könnte. Foto: Michael Mai, Architekt Max Dudler/z

Studierende der Hochschule für Technik Stuttgart haben Szenarien darüber entworfen, wie die Große Kreisstadt in Zukunft aussehen könnte. Ihre kühnen Visionen haben sie dem Gemeinderat präsentiert.

Filderstadt - Fotovoltaikanlagen auf Lärmschutzwänden entlang der Bundesstraße 27 erzeugen Strom, eine Stadtbahnlinie fährt nach Plattenhardt und Bonlanden, Menschen sprechen von „Filderstadt-Zentrum“, wenn sie Bernhausen meinen. Diese Visionen von Filderstadt im Jahr 2030 sind in keiner Kristallkugel zu sehen. Sie sind von 25 Studierenden der Hochschule für Technik Stuttgart entwickelt worden.

Die Studenten im Master-Studiengang Stadtplanung haben in einem Semesterprojekt ausgehend von einer Stärken-Schwächen-Analyse und unter Berücksichtigung aktueller Tendenzen überlegt, wie die Große Kreisstadt in Zukunft aussehen könnte. „Es sind drei Szenarien, wie sich Filderstadt entwickeln kann“, sagte der betreuende Professor Detlef Kurth am Montag bei der Vorstellung der Ergebnisse im Gemeinderat.

Studenten schlagen zentrales Rathaus vor

Für das Projekt standen den Studenten die Mitarbeiter des Referats für Bürgerbeteiligung und Stadtentwicklung sowie des Stadtplanungs- und Hochbauamts in Filderstadt als Ansprechpartner zur Verfügung. Auf einer Fahrradtour haben sich die studentischen Arbeitsgruppen einen Eindruck von Filderstadt gemacht. Sie haben zudem die bisherige Stadtentwicklung auf Karten studiert und sich mit ortskundigen Personen, zumeist aus der Stadtverwaltung, unterhalten.

Eine Gruppe um den Studenten Michael Mai hat Qualitäten der einzelnen Stadtteile identifiziert und diese besonders betont. Demnach könnte Bernhausen künftig das wirtschaftliche Zentrum der Stadt werden, Plattenhardt könnte ein Wohnstadtteil sein, Bonlanden wäre das Technologiezentrum und Harthausen ein naturnaher Stadtteil. Für Überraschung sorgte die von Mai präsentierte Funktion des fünften Stadtteils: „Wir schlagen vor, ein gemeinsames Rathaus in Sielmingen zu bauen.“ Dazu warf er die Visualisierung eines modernen Gebäudes vor der Sielminger Martinskirche an die Wand.

Dem Stadtentwicklungskonzept von der Gruppe um Florian Oschwald liegen folgende Annahmen zugrunde: Die Bevölkerung wächst weiter, es gibt einen höheren Bedarf an öffentlichen Verkehrsmitteln und die Energiewende schreitet voran. Oschwald stellte ein Filderstadt vor, das aus einem Nord- und einem Südteil besteht. Im Norden sind Bernhausen und Sielmingen zu einer Siedlungsfläche verschmolzen, ebenso wie Plattenhardt und Bonlanden im Süden.

Schnellverbindungen für Pedelecs und E-Bikes

In Filderstadt-Nord bestehe ein Zentrum rund um den S-Bahnhof Bernhausen, erklärte der Student, im Süden entstehe eine neues Zentrum beim Fildorado. Der Nordteil würde von einer verlängerten S-Bahn-Linie bedient werden, der Südteil von einer Stadtbahnlinie. „Ringbuslinien verbinden die Stadtteile, es gibt Rad-Schnellverbindungen für Pedelecs und E-Bikes“, erklärte Oschwald. Dem Modell nach würde Harthausen zum energieautarken Stadtteil werden, der seinen Strom selbst erzeugt – beispielsweise mittels Windkraftanlagen auf der Anhöhe bei den Drei Linden.

Sabrina Hurth und Julia Beck griffen in ihrer Gruppe den Gedanken auf, dass Filderstadt nicht als Einheit wahrgenommen wird. Sie ordneten den Stadtteilen Schwerpunkte zu: Wohnen in Sielmingen, Landwirtschaft in Harthausen, Gewerbe in Bonlanden, Naherholung in Plattenhardt. Beck erläuterte den Ansatz, wonach Bernhausen in „Filderstadt-Zentrum“ umbenannt wird und zentraler Standort der Verwaltung ist. Diesen Stadtteil zum Zentrum Filderstadts zu machen, solle jedoch nicht bedeuten, die anderen Stadtteile zu vernachlässigen, meinte Hurth. Das Konzept sieht ferner eine Verstädterung Bernhausens vor. Es entstehen neue Wohngebäude, im Westen des Stadtteils erstreckt sich ein Park und im Osten ein Gürtel mit Streuobstwiesen.

Stadtverwaltung möchte Erkenntnisse nutzen

Die Stadträte waren von den Ansätzen und Erkenntnissen der Studenten angetan, manche sprachen sich gar dafür aus, im kleinen Kreis intensiver über die Konzepte zu sprechen. Auf den Kritikpunkt, dass Harthausen in den Szenarien ein wenig zu kurz komme, antwortete Studentin Julia Beck: „Wir hatten Probleme mit der Anbindung von Harthausen.“

Michael Mai fügte hinzu, dass für die Szenarien ein geändertes Freizeitverhalten und ein steigender Bedarf an Wohnraum angenommen wurde. Jedem Szenario würde jedoch ein anderes Bevölkerungswachstum zugrunde liegen. Um das Angebot an Wohnraum künftig besser zu steuern, empfahl der Student, eine städtische Wohnungsbaugesellschaft zu gründen.

„Den Entwurf für Sielmingen fand ich sehr ermutigend“, sagte Erster Bürgermeister Andreas Koch. Ein Blick von außen sei für die Stadtentwicklung hilfreich, meinte er. Die Erkenntnisse der Studenten könnten laut Koch in das Integrierte Stadtentwicklungskonzept (ISEK) und in den Flächennutzungsplan einfließen.