Die Luftaufnahme mit einer Drohne zeigt die Hochmoselbrücke bei Zeltingen-Rachtig in Rheinland-Pfalz. Das Bauwerk überspannt das Moseltal in einer Höhe von 160 Metern auf einer Länge von 1700 Metern. Foto: Thomas Frey/dpa/Thomas Frey

160 Meter hoch, 1,7 Kilometer lang: Zwischen Ürzig und Rachtig im Kreis Bernkastel-Wittlich spannt sich die neue Hochmoselbrücke über das Moseltal. Nach acht Jahren Bauzeit ist das riesige Bauwerk fertiggestellt worden.

Zeltingen-Rachtig - Nach rund acht Jahren Bauzeit ist es soweit: Die riesige Hochmoselbrücke bei Zeltingen-Rachtig ist fertig. „Es fehlt nur noch ein Teil der weißen Fahrbahn-Markierung“, sagte der Bauaufseher beim Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz, Christoph Schinhofen, auf der Brücke an der rollenden Markiermaschine. 1,7 Kilometer lang und bis zu 160 Meter hoch spannt sich das Mega-Bauwerk im Kreis Bernkastel-Wittlich über das Moseltal.

Mit den letzten weißen Strichen geht das aktuell größte Brückenbauprojekt in Europa zu Ende. In einer Woche werden die Autos darüber rollen: Die Verkehrsfreigabe ist nach einer „Jungfernfahrt“ eines Politiker-Konvois für den 21. November (13.00 Uhr) geplant.

Zeithöchste Brücke Deutschlands nach der Kochertalbrücke

Die Brücke ist Teil einer insgesamt 25 Kilometer langen neuen Strecke (B50) zwischen Eifel und Hunsrück. An der Brücke wird seit 2011 gebaut, seit Sommer 2014 sind Stahlträger für den Überbau über die Pfeiler geschoben worden. Nach dem Brückenschlag im August 2018 folgten in diesem Frühjahr und Sommer die Asphaltarbeiten.

Die Hochmoselbrücke ist die zweithöchste Brücke Deutschlands nach der Kochertalbrücke (185 Meter hoch, 1128 Meter lang) bei Geislingen am Kocher in Baden-Württemberg.

Das Bauwerk war seit seiner Planung umstritten. Kritiker bemängeln, die Brücke zerstöre das idyllische Landschaftsbild zwischen den Weinorten Ürzig und Rachtig. Auch Kostensteigerungen sorgten für Schlagzeilen. Nach derzeitiger Planung kostet das gesamte Projekt 483 Millionen Euro, auf die Brücke entfallen rund 175 Millionen Euro.

Bauwerke mit großer Symbolkraft

Zu allen Zeiten haben Brücken Dichter, Maler, Musiker und Philosophen fasziniert. Sie versetzen den Betrachter in ehrfürchtiges Staunen und ziehen ihn magisch in Bann. Brücken vereinen Menschen, Völker, Landschaften und Welten. Sie überwinden tiefe Schluchten, unwegsame Täler und reißende Flüsse. Dabei sind sie mehr als nur funktionale Konstruktionen aus Holz, Stein, Eisen oder Stahl, die zwei Orte auf der Landkarte miteinander verbinden.

Brücken sind Symbole menschlicher Sehnsucht und Willensstärke. Wer sie – im metaphorischen Sinne – überquert, lässt die Vergangenheit hinter sich und bricht zu neuen Ufern auf. Brücken führen ins Vertraute oder ins Ungewisse.

Brücken stehen für ein projektives Handeln, das Ausdruck des menschlichen Willens ist, Grenzen zu überschreiten und die Natur nach seinem Willen zu gestalten. In dieser Hinsicht sind sie technologisch-ästhetische Meilensteine der Zivilisation. Wie die ersten Brückenbauer entnehmen auch die heutigen Ingenieure ihre Ideen der Natur. Die älteste Konstruktion – die Balkenbrücke – beruht auf denselben statischen Prinzipien wie ihre natürlichen Vorgänger, etwa ein umgestürzter Baum, der über einer Schlucht liegt.

Vor fast 8000 Jahren: Die erste Brücken

Der erste Brückenbau markiert einen der wichtigsten Umbrüche in der Menschheitsgeschichte: den Übergang vom Ausgeliefertsein an die Natur zur Gestaltung und Formung der Welt als Heimstatt des Menschen. Im Gefolge der Neolithischen Revolution, die vor rund 10 000 Jahren begann und den Übergang vom mobilen Leben als Jäger, Sammler und Fischer zum sesshaften Dasein als Bauer darstellt, begann der Mensch auch damit Brücken zu bauen.

Die ältesten archäologischen Funde stammen aus der Jungsteinzeit um 5500 v. Chr. Erste Holzpfade wurden durch gefährliche Moorlandschaften angelegt. Während der Bronzezeit entstanden in Mitteleuropa die ersten primitiven Holzbrücken. Ihr Bau war ökonomisch inspiriert: Die Menschen sparten Zeit, indem sie durch den Brückenbau gefährliche Umwege vermeiden konnten.

Bögen des Lebens

In einem übertragenen Sinne sind Brücken Bögen des Lebens, die der Mensch beschreitet. In Träumen sind sie ein häufig vorkommendes Symbolbild, das auf den Übergang von einer in eine andere Lebensphase hinweist. Sie verbinden Gegensätze im Fühlen, Denken und Handeln, überbrücken Schwierigkeiten und führen zusammen, was zusammengehört.  

In der Mythologie fungieren Brücken als Übergang zwischen den Daseinssphären – wie der sagenumwobene „Bifröst“ in der nordischen Mythologie. Dort stellte man sich den Übergang zwischen Diesseits und Jenseits als schwankende Himmelsstraße und dreistrahlige Regenbogenbrücke vor.

Diese sogenannte Asenbrücke verbindet die Erdenwelt Midgard mit dem Himmelsreich Asgard. Die Asen – das Göttergeschlecht um Odin und Thor – benutzten sie, um von Asgard nach Midgard zu gelangen. „Von Asgard aus schlugen sie eine Brücke, auf dass ihnen Midgard nie entrücke“, heißt es in einem alten nordischen Gedicht.