Da war die Welt noch in Ordnung: der damalige Köngener Bürgermeister Hans Weil gratulierte seinem Hauptamtsleiter Gerhard Kuttler (rechts) zum Wahlsieg. Foto: Archiv/Hass

Am 29. Januar ist Bürgermeisterwahl in Hochdorf. Der Amtsinhaber, Gerhard Kuttler, tritt wieder an. Eine Gruppe von Bürgern greift zu ungewöhnlichen Methoden, um seine Wiederwahl zu verhindern.

Hochdorf - Bürgermeister (m/w)“ prangt in dicken Lettern über der Anzeige im Staatsanzeiger für Baden-Württemberg. Der darunter stehende Text verheißt eine „Karrierechance in einer lebendigen, mittelschwäbischen Gemeinde mit knapp 5000 Einwohnern“, idyllisch gelegen inmitten von Obstwiesen, Feldern und einem angrenzenden Wald.

Die idyllisch gelegene Gemeinde ist Hochdorf – doch seit die Anzeige landesweit erschienen ist, ist es mit Idylle nicht mehr weit her. Im Vorfeld der Bürgermeisterwahl am 29. Januar, bevor noch die Gemeinde die Stelle ausgeschrieben hat, hat sich eine Gruppe von Hochdorfer Bürgern auf die Suche nach einem Alternativkandidaten für den wieder antretenden Amtsinhaber Gerhard Kuttler gemacht.

Konkretes Anforderungsprofil formuliert

Mit dem in der Anzeige formulierten Anforderungsprofil – empathisch, also mitfühlend, soll der Bewerber sein, führungsstark, dynamisch, effizient und visionär – suggerieren die Auftraggeber, dass dem Amtsinhaber eben diese Eigenschaften abgehen. „Wir wollen eine zweite Amtszeit von Herrn Kuttler verhindern, wenn es geht“, sagt Sebastian Otto, der als treibende Kraft hinter der Kampagne steht.

Um dieses Ziel zu erreichen, haben sich Otto und eine handvoll Mitstreiter nicht nur auf den letztlich erfolglosen Vorstoß im Staatsanzeiger verlassen. Der frühere Textilunternehmer, Jahrgang 1929, ist höchstpersönlich an den Verwaltungshochschulen des Landes im badischen Kehl und in Ludwigsburg vorstellig geworden. Doch weder die am Schwarzen Brett der Nachwuchsschmieden ausgehängte Werbebotschaft, noch die vor der Mensa eigenhändig ausgeteilten Kopien sind auf nennenswerte Resonanz gestoßen. Auch einem dritter Anlauf ist der Erfolg versagt geblieben. Otto und seine Helfer haben versucht, einem guten Dutzend andernorts im Land gescheiterten Bürgermeisterbewerbern eine Kandidatur in Hochdorf schmackhaft zu machen. Indes: Den „Mann mit Persönlichkeit“, wie Otto es formuliert, haben die Späher nicht gefunden.

„So funktioniert Demokratie nicht“, sagt der Amtsinhaber

Gerhard Kuttler, den Amtsinhaber, wundert das nicht. Er sieht den Widerspruch schon allein in der Person von Sebastian Otto begründet. Als Unternehmer vom alten Schlag wolle er diktieren, was andere dann auszuführen hätten, mutmaßt der Schultes, der seine Einschätzung auch auf rund 50 Schreiben stützt, in denen Otto in den vergangenen Jahren versucht habe, ihm Ratschläge zu erteilen. Und dann ließe sich ein potenzieller Bürgermeister eben nur ungern an der langen Leine des streitbaren Seniors führen, schon gar nicht, wenn „Führungsstärke“ zu seinen herausragenden Eigenschaften gehören soll. „So funktioniert Politik heute nicht mehr. In einer demokratischen Gesellschaft ist Kompromissfähigkeit gefragt“, sagt Kuttler.

Auch Sebastian Otto nimmt für sich in Anspruch, nach Volkes Wille zu handeln. „Wir wollen keine schmutzige Wäsche waschen, sondern der Gemeinde demokratisch eine gute Alternative zum Amtsinhaber präsentieren“, sagt er.

Die nächste Möglichkeit eröffnet sich am 25. November. Dann wird die Stelle des hauptamtlichen Bürgermeisters im Staatsanzeiger ausgeschrieben, dieses Mal offiziell von der Gemeinde Hochdorf – mit dem einmütig vom Gemeinderat durchgewunkenen Nachsatz: „Der derzeitige Stelleninhaber bewirbt sich wieder.“ Bewerbungsschluss ist der 5. Januar 2017.