Alexander Bosch aus Notzingen und seine Familie sind Hobbyschäfer und Tüftler. In ihrer neuen Pellet-Produktionshalle wandeln sie Schafwolle zu Düngerpellets für den Gartenbau um. Auch die Wolle der eigenen Schafherde sorgt für eine gute Ernte.
Neugierig kommen die vierbeinigen Wolllieferanten näher, als Alexander Bosch und sein Sohn Hannes zur Ansicht einen großen Sack Wolle auf ihrer Weide aufstellen und dazu noch die daraus gewonnenen Düngerpellets. Mit den zuletzt geborenen Lämmern zählt die Herde der Notzinger Familie Bosch aktuell 70 Ouessantschafe – auch Bretonische Zwergschafe genannt. Die Schafhaltung betreibt die Familie als Hobby. „2015 haben wir mit vier Schafen angefangen“, berichtet Alexander Bosch, der im Hauptberuf Chemieingenieur ist.
Das Faible für die Tiere kommt nicht von ungefähr: „Mein Uropa war Schäfer, und auch meine Mutter hatte schon immer eine Affinität zu Schafen. Als unsere Kinder noch klein waren, haben wir immer mal wieder Lämmer zur Flaschenaufzucht bekommen. So hat sich das mit der Zeit entwickelt, dass wir mittlerweile unsere eigene Herde haben. Auf unseren Wiesen sind sie sozusagen als lebendige Rasenmäher im Einsatz“, sagt Alexander Bosch. Ouessantschafe seien sehr robust und pflegeleicht. „Geschoren werden sie immer nach der Schafskälte im Juni, manche Schäfer starten schon im Herbst.“
An der Wolle verdienen Schäfer sonst kaum noch etwas
Verdienen könne man als Schäfer mit der Wolle nicht wirklich viel, der Wollmarkt in Deutschland lohne sich nicht mehr. „Die Wollfasern sind für Textilien oft zu grob, da werden nur sehr hochwertige Fasern genutzt. Auch farbige Wolle ist nicht so gefragt. Viel Wolle wird zur Textilverarbeitung aus Neuseeland geliefert. Auf der Alb gibt es noch zwei Unternehmen, die Wolle aus der Region nutzen“, weiß Alexander Bosch. Früher sei Wolle hierzulande noch besser gehandelt worden, heute lohne sich nicht mal mehr das Scheren der Schafe finanziell. „Da bekommt man vielleicht drei Euro pro Schaf, obwohl das Scheren wirklich ein Knochenjob ist. Schäfereien leben heute eher vom Fleischverkauf und von der Landschaftspflege. Ein Kilo Wolle bringt vielleicht um die 35 Cent, bei einem Schaf mit drei Kilo Wolle liegt der Wert im Schnitt bei gut einem Euro“, rechnet Alexander Bosch vor.
Doch was tun mit der ganzen Wolle nach der Schur? „Während Corona hatten wir Zeit und sind auf die Idee gekommen, selbst Düngerpellets aus der Schafwolle herzustellen, die man dann im Gartenbau verwenden kann. Ganz neu ist die Idee nicht. Doch Pelletieranlagen sind in der Region noch nicht allzu verbreitet vorhanden“, so der Hobbyschäfer. Letzten Herbst konnte die Notzinger Familie ihre eigene Anlage in ihrer zuvor neu gebauten Halle im Gewerbegebiet Römerstein-Böhringen (Kreis Reutlingen) in Betrieb nehmen. Der Bau konnte dank einer Landesförderung für innovative Ideen im ländlichen Raum umgesetzt werden. Alexander Bosch: „Schafwolle an sich wird schon seit Langem etwa in Gemüsegärten als Langzeitdünger genutzt. Die Wollfasern zersetzen sich in der Ursprungsform aber nicht so gut. Mit Pellets funktioniert das besser.
In der Produktionshalle wird die Wolle zunächst hygienisiert und dabei auf rund 70 Grad erhitzt, damit alle Keime abgetötet werden. Dann werden die Wollfasern klein geschnitten, in der Pelletiermaschine zu kleinen Pellets gepresst und schließlich in einer Siebanlage von Staub befreit. Die Wolle ist dabei durchaus ergiebig: „Aus einem Kilo Wolle gewinnt man gut 900 Gramm Pellets“, erklärt Alexander Bosch.
Eine anfängliche Skepsis scheint überwunden, die Geschäftsidee kommt gut an
Die Schäfereibetriebe, die ihre Wolle zur Weiterverarbeitung abliefern, bekommen einen guten Abnahmepreis und zugleich eine zusätzliche Vermarktungsmöglichkeit ihrer Wolle. „Kleinere und mittelgroße Schäfereien bringen um die 500 bis 800 Kilo Wolle, bei großen sind es schnell ein paar Tonnen“, so Bosch. Nach anfänglicher Skepsis habe es sich mittlerweile schon ganz gut rumgesprochen unter den Schäfereien im Biosphärengebiet und darüber hinaus bis zur Schweizer Grenze. „Die Pellets werden entweder von den Schäfereien selbst vertrieben oder gehen an Gartenfachmärkte und Hofläden. Wir selbst haben eine Homepage mit einem Onlineversand unserer Pellets eingerichtet“, ergänzt Hannes Bosch, der Agrarwissenschaften studiert hat und sich vorstellen kann, in den neu gestarteten Familienbetrieb noch mehr einzusteigen.
Die Pellets speichern dank ihrer zusammengepressten Wollfasern hervorragend Wasser, das sie dann peu à peu an die Pflanzen abgeben. Ein großes Plus nicht zuletzt in Trockenzeiten. „Die Wollfasern der Pellets zersetzen sich sehr langsam und versorgen die Pflanze bis zu zehn Monate mit Nährstoffen. Sie haben unter anderem einen hohen Stickstoffanteil. Eingesetzt werden kann der Langzeitdünger für Gemüse, Obst- und Beerensträucher sowie Blühpflanzen“, sagt Alexander Bosch, „der Dünger ist rein organisch ohne jegliche chemischen Zusätze.“
Informationen gibt es unter https://pelletzentrum-alb.de
Fast jede Schafwolle eignet sich als Dünger
Dünger
Schafwolle besteht zu einem hohen Anteil aus Keratin. Das findet man ansonsten beispielsweise in Hörnern. Hornmehl ist ebenso wie die Schafwolle ein Naturdünger mit hohem Stickstoffgehalt. Die Schafwollpellets eignen sich nicht für Pflanzen, die einen sauren Boden benötigen. Dazu gehören etwa Heidelbeeren, Heidekraut, Rhododendren und Azaleen.
Pellets
Für die Pelletherstellung eignet sich fast jede Wolle, unabhängig von der Faserqualität, Farbe oder Schafrasse. Die innovative Idee: „Abfall“-Wolle bekommt durch die Umwandlung in Dünger-Pellets einen neuen Nutzen.
Umweltfreundlich
Da die Schafwolle ihre Nährstoffe nur langsam abgibt, ist die Auswaschung der Nährstoffe kein Problem. Boden und Grundwasser können daher durch die Düngung nicht belastet werden. Die Fasern werden außerdem vollständig kompostiert und hinterlassen keine Rückstände im Garten.