Gerdi Sobek-Beutter vor der Kirche in Rotenberg Foto: Achim Zweygarth

Alexander Beutter, der erste ständige Pfarrer in Rotenberg, wäre am 21. September 150 Jahre alt geworden. Seine Großnichte erinner sich noch gut an ihn.

Rotenberg - Gerdi Sobek-Beutter erinnert sich noch gut an ihren Großonkel Alex. Er war der Bruder ihres Großvaters. Als junges Mädchen hat sie ihn oft in seinem Haus in Korntal besucht. Der alte Mann saß im Lehnstuhl, während seine Großnichte in einem seiner Wilhelm-Busch-Bücher stöberte.

Großonkel Alex hieß mit bürgerlichem Namen Alexander Beutter. Am 21. September 1862 geboren wäre er am 21. September 2012 150 Jahre alt geworden. Seine 76-jährige Großnichte dürfte nicht die einzige sein, die sich auch nach so vielen Jahren noch an ihn erinnert. Vielen Rotenbergern ist der Name Beutter ebenfalls ein Begriff. Wenn nicht aus der persönlichen Erinnerung, dann zumindest von einem Schild. Die schmale Straße, die halbkreisförmig um die Rotenberger Kirche herumführt, wurde nach ihm benannt.

Eine besondere Ehre, die keinem seiner Amtsnachfolger zuteil wurde. Alexander Beutter war für Rotenberg etwas Besonderes, er war der erste ständige Pfarrer des Ortes. 1926 wurde er zum Ehrenbürger ernannt. Bis Beutter 1891 das Pfarramt übernahm, wurde die Gemeinde von Uhlbach mitverwaltet.

Die Rotenberger haben ihm ihr Gemeindehaus zu verdanken

Beutter war der Sohn eines Landtagsabgeordneten aus Herrenalb. Zusammen mit seiner Frau Marie, seinen vier Kindern und seiner Dienstmagd Luisle lebte er 35 Jahre lang in dem Pfarrhaus an der Stettener Straße. Erst als er 1926 in den Ruhestand ging, verließ er den Ort und zog nach Korntal, wo ihn seine Großnichte Gerdi später besuchte. Seine Spuren tauchen bis heute überall in Rotenberg auf.

Zum einen wäre da das bereits erwähnte Straßenschild. Außerdem haben die Rotenberger das 1904 gebaute Gemeindehaus ihrem ersten Pfarrer zu verdanken. Neben diesen materiellen Dingen findet sich Beutters Hinterlassenschaft aber vor allem im Dorfleben selbst wieder.

„Er hat die Theatergruppe gegründet“, sagt Mirjam Mühlhäuser, die heute Pfarrerin in Rotenberg ist. Beutter, der nicht nur Pfarrer, sondern auch Musikgelehrter war, sei sehr Gemeinwesen orientiert gewesen. Bis heute gibt es in Rotenberg eine starke Verbindung zwischen Kirche und Vereinsleben. Auch der Kirchenchor geht auf seine Initiative zurück. Wobei diese Errungenschaft vermutlich neben seinem Interesse an der Gemeinschaft noch einer zweiten Ursache geschuldet ist.

Sie hat viele Schriften ihres Onkels aufbewahrt

„In der Familie Beutter hat jeder mehrere Instrumente gespielt“, seine Großnichte. Ihr Onkel sei in einer typisch württembergischen Familien aus der geistigen Oberschicht großgeworden. Geschrieben hat er auch.

Neben zahlreichen Fotos hat die 76-jährige Professorin an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart auch viele Schriften ihres Onkels aufbewahrt. Darunter sind nicht nur Gedichte, sondern auch eine ganze Sammlung von Texten, die den Namen S’ Luisle, also den Namen seiner Pfarrmagd, tragen. Es sind Rotenberger Alltagsgeschichten. Sie beschreiben das Leben in dem kleinen Wengerterort im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert.

Gerdi Sobek-Beutter möchte diese historischen Zeugnisse gerne der Öffentlichkeit zugänglich machen. Die Stuttgarterin, die heute gemeinsam mit ihrem Mann auf dem Killesberg wohnt, plant in Rotenberg eine kleine Ausstellung mit Beutters Werken. Sie sei glücklich darüber, dass der erste Rotenberger Pfarrer ihr Vorfahre ist, sagt die 76-Jährige.

Doch Alexander Beutter hatte, wie jeder Mensch, auch seine Schwächen. Er war – für heutige Zeiten unvorstellbar – gleichzeitig der Vorstandsvorsitzende der örtlichen Bank, kannte also den Kontostand jedes seiner Gemeindemitglieder. Ein Wissen, das er bei Diskussionen um Kirchenaustritte auch gerne mal zu seinem Vorteil einsetzte, wie der ehemalige Rotenberg Pfarrer Gottfried Jetter erzählt. Seine Kollegin Mirjam Mühlhäuser ergänzt: „Streng ist ein Wort, das oft im Zusammenhang mit ihm fällt.“

Ein Pfarrerbild, das heute so gar nicht mehr nach Rotenberg passt. Mit Mirjam Mühlhäuser hat vor einigen Jahren eine junge Frau die Gemeinde übernommen. Eine kleine Parallele findet sich dann doch: Die Pfarrerin schreibt selber Gedichte, singt und musiziert – genau wie Alexander Beutter also.