Das Oberstenfelder Schafhaus mit Wohnhaus, großer Scheune und Ställen, wie es etwa um 1900 aussah Foto: Hanns-Otto Oechsle

In Oberstenfeld wurde bereits vor 200 Jahren nachhaltig gewirtschaftet – dank Schafhaltung in der Gemeinde und dem Schafhaus, das 1797 erbaut wurde.

Garten, Backhaus, große Scheune – das Gebäude an der Eichhäldenstraße Nummer 7 in Oberstenfeld ist ein stattliches. „Und einst als Schafhaus bedeutend für das Dorf“, sagt Hanns-Otto Oechsle. Dem Autor und Maler fiel das Anwesen durch seinen Blumenschmuck auf. Dank Kurt Erb, 33 Jahre lang war er Gärtner im Blühenden Barock, nun schaffte er ein blühendes Schafhaus. Das war von der Gemeinde 1797 errichtet worden, um Wanderschäfern in schneereichen Wintern Heim, den Tieren Weide und Stall, dem Heu Scheune zu geben.

 

Als Erb dann Oechsle bat, dieses im alten Zustand in Öl zu malen nach einem „uralten Schwarzweiß-Bild“, tauchte der „Freund der Heimatgeschichte“ tief in die Recherche ein. Mit Hilfe von Heidemarie Bücker, Oberstenfelder Archivarin, sie suchte Dokumente zur einstigen gemeindeeigenen Schafhaltung heraus. „Die Adligen“, sagt Oechsle, „gaben um 1746 das alleinige Privileg der Schafhaltung auf dem Grund ihrer Gemeinden auf, danach war eine private Schafhaltung möglich.“

Ohne Kunstdünger sei jeder Mist auf den im Winter leeren Feldern willkommen gewesen. Die Schafhaltung bildete laut Postillion, „Amt- und Intelligenzblatt für das Oberamt Marbach“, vom 17. April 1866 in Auengebieten oft Hauptteil der Tierproduktion. „Man sagte, das Schaf habe einen goldenen Fuß. Es festigt den Boden, frisst das lange Gras ab und fördert damit neues Graswachstum und dessen Ausbreitung.“ Nebenbei vertilge es Unkraut, verhindere so Verbuschung, dünge mit festem Kot die Weide nachhaltig. Aus Schafwolle entstanden – noch vor der Baumwolle – wertvolle Stoffe; Schafsmilch und Fleisch ernährten die Leute.

Nach 1750 gab es die ersten privaten Schäfer in Württemberg, die mit großen Herden im Winter in warmen Gebieten wie dem Bottwartal weideten, im Frühling hinauf zu den Sommerweiden der Alb, des Schwäbischen Walds oder des Schwarzwalds zogen. In der örtlichen Zeitung wurde die Verpachtung der Schafweide ausgeschrieben. „Der neue Pächter blieb bis zu drei Jahre in Oberstenfeld, durfte für das Pachtgeld die Wohnung und die Stallung nutzen und vom 1. August an, also nach der Ernte, bis zum 4. April, nach der Saat, auf dem Oberstenfelder Gemeindegebiet 400 Schafe halten.“ Dafür musste er beglaubigte Zeugnisse vorlegen und seine Vermögensverhältnisse offenlegen, das forderte der König, kontrollierten die Ämter. Nach der Hungersnot 1815/16 durch den Ausbruch des indonesischen Vulkans Tambora war das besonders wichtig. „Schafhaltung gehörte zum königlichen Programm. König Wilhelm I. wollte die ganze Landwirtschaft ertragreicher machen.“

Schafe konnte man an steileren Hängen halten, im Sommer weideten sie – ohne Stall benötigend – auch auf entlegenen Gebieten. 1786 seien 144 Merinoschafe von Spanien und Frankreich in die schwäbische Linie eingekreuzt worden. „So bekam Württemberg noch bessere Wolle für wertvolle Stoffe.“

Ärger brachte, dass auch private Stücke beweidet wurden, was Besitzer dulden mussten. Und dass die Schäfer manchmal zu lange im Bottwartal blieben, wenn Aprilmonate kalt und nass und Sommerweiden noch nicht nutzbar waren. Die Bauern wollten das Grün für ihre Tiere.

Da der Ärger wohl den Nutzen überstieg, wurde das Schafhaus in Oberstenfeld 1892 an Familie Öttinger verkauft. Danach seien dennoch Wanderschäfer durch das Tal gezogen, die sich im Rathaus melden mussten. Oechsle: „Im Archiv finden sich immer wieder Gemeinderatsbeschlüsse, die eine Winterweide ablehnten.“