„Dietrich von Plieningen, Doktor der Rechte und Ritter, Reichskammergerichtsbesitzer und seine legitime Gattin Anna von Memmerswiler haben dieses Fenster zu Ehren Gottes und der Heiligen machen lassen im Jahre des Herrn 1499.“ So lautete die Unterschrift der Stifterscheibe, die im Nürnberger Museum wiedergefunden wurde. Foto: privat

Grabmale und Stifter-Porträts erzählen Geschichten, auch die von Dietrich von Plieningen zu Schaubeck in der Kleinbottwarer Sankt Georgskirche. Er war der renommierteste Vertreter der „Herren von Plieningen“.

Am 26. Februar verstarb er 1520 verarmt in Augsburg. Aber seine letzte Ruhe fand er bei der Familie im Bottwartal. Dr. Dietrich von Plieningen zu Schaubeck alias Dietrich der Jüngere liegt in der Kleinbottwarer Sankt Georgskirche, sein Grabmal schuf der Leonberger Bildhauer Jeremias Schwartz. Das spätgotische Gotteshaus hatte er Ende des 15. Jahrhunderts mit seinem Bruder Johannes und seinem Halbbruder Eitelhans bauen lassen – anstatt der vorherigen Kapelle. Als Stifter-Ehepaar prangen Dietrich d.J. und seine erste Ehefrau Anna von Memmersweiler auf der Predella des Hochaltars und einer prächtigen Stifterscheibe im Nordostfenster. Das Original hat laut Bottwartaler Geschichtsblätter das Germanische Nationalmuseum Nürnberg.

 

Andernorts in Bayern, in Dillingen an der Donau, kam am 24. April 1453 der renommierteste Vertreter der „Herren von Plieningen“ zur Welt. Der Humanist war Doktor im Zivilrecht, gelehrter Rat, Staatsmann, Diplomat, Übersetzer, Ritter – und eines von vier beurkundeten Kindern der Margarethe von Venningen und Dietrich des Älteren. Der Vater, Vogt auf Burg Aislingen bei Gundremmingen, knüpfte die Bande ins Bottwartal. Am 20. Dezember 1480 wurde er von Graf Eberhard im Barte mit der Burg Schaubeck, der Hälfte des Gerichts und der Vogtei über Kleinbottwar belehnt.

Cicero und Seneca übersetzt

Dietrich d.J., auch für seine Übersetzungen lateinischer und griechische Autoren wie Seneca, Sallust, Cicero, Juvenal, Horaz, Lukian und Plinius’ d. J. bekannt, zog es hinaus. Mit Bruder Johannes studierte er in Freiburg im Breisgau, Pavia und Ferrara, erlangte 1479 seinen Doktorgrad. Nach der Rückkehr ehelichte er Anna von Memmersweiler und wurde 1482 zum Rat des pfälzischen Kurfürsten Philipp der „Aufrichtige“ und „Edelmütige“. Unter letzterem und dessen Kanzler, Wormser Bischof Johann von Dalberg, sollte sich Heidelberg zum Zentrum des Frühhumanismus in Deutschland entwickeln. Auch Dietrich d.J. war im Humanistenkreis, zu dem etwa Rudolf Agricola, Jakob Wimpheling, Johannes Reuchlin oder Konrad Celtis gehörten. „... aufs mächtigste wurde er von den Schätzen des Alterthums angeregt, mit den bedeutendsten Vertretern des Humanismus, der damals seinen Eroberungszug über die Alpen begann, trat er in Freundschaft und Correspondenz, er selbst gehörte zu den eifrigsten Beförderern desselben“, schreibt Kirchenhistoriker Theodor Schott.

Wie entwickelte sich die Karriere von Dietrich d.J. weiter?

Zudem entwickelte Dietrich d.J. das Recht weiter. 1494 bestellte ihn Maximilian, König und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, zum Beisitzer am „Königlichen Kammergericht“, Vorläufer des Reichskammergerichtes. Parallel dazu war er Ratsmitgliedschaft in württembergischen Diensten. In das Dienstverhältnis des bayerischen Herzog Albrecht IV. trat er 1499. Dort, auch am „Münchner Hofgericht“ tätig, sollte er eine wichtige Rolle bei den Auseinandersetzungen zwischen Landständen und bayerischen Herzögen spielen. 1514 erschienen seine rechtshistorisch wichtigen Sammlungen der „Landesfreiheitserklärungen“ in Bayern zu kaiserlichen und fürstlichen Privilegien. Selbst „Landsasse“, also in Besitz der Gerichtsbarkeit über einen Bezirk, vertrat Dietrich d.J. die Position der Stände gegenüber dem bayerischen Herzog. Er argumentierte mit dem Widerstandsrecht der Untertanen gegenüber der Obrigkeit in Notsituationen. Das stammt aus der Naturrechtslehre.