Das Kyffhäuser Denkmal bei Bad Frankenhausen in Thüringen befindet sich auf 420 Metern Höhe unterhalb vom Gipfel des Kyffhäuserburgberges. Foto: dpa/Bodo Schackow

Um den Kyffhäuser ranken sich viele Mythen. Genauere historische Umstände erschlossen erst jüngste Grabungen. Jetzt bringt ein Zufallsfund zusätzlich Licht in das Dunkel der Jahrhunderte.

Durch einen Zufall ist im Lagerbestand auf dem Kyffhäuser eine Kiste mit Grabungsdokumenten zu Funden aus den Jahren 1937/38 entdeckt worden. „Dass das Material der Altfunde wieder zur Verfügung steht, ist ein Glücksumstand“, sagt der Leiter des Gebietsreferates Nord Robert Knechtel vom Thüringischen Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie (TLDA). „Darauf haben Forschergenerationen gewartet.“

Zeitreise ins Mittelalter

Die Kiste enthält Hunderte Karteikarten mit Tusche- und Bleistiftzeichnungen von Keramikfunden. Dabei handelt es sich um Fragmente von Schüsseln, Töpfen, Kochgefäßen und Trinkbechern aus dem 11. bis 15. Jahrhundert.

Dieses Material ermöglicht durch jahrzehntelange Forschungsarbeit eine präzise zeitliche Datierung bis auf das jeweilige Jahrzehnt. Originalfunde befinden sich heute in Jena, Weimar, Halle, Bad Frankenhausen und auf dem Kyffhäuser. „Aber ein großer Teil der Stücke ist verschollen“, betont Grabungsleiter Holger Grönwald.

Die Turmarchitektur lehnt sich stilistisch an den Burgenbau der Stauferzeit an. Das Bildprogramm soll das neue, von Preußen dominierte Kaiserreich als legitimen Nachfolger des mittelalterlichen Heiligen Römischen Reiches darstellen. Foto: Imago/Karina Hessland
Im Sockelbereich des etwa 81 m hohen Denkmals befindet sich eine 6,5 m hohe, vor Ort von dem Bildhauer Nikolaus Geiger aus Sandstein gemeißelte Figur Friedrichs I. Barbarossa, der soeben zu erwachen scheint. Foto: Imago/Karina Hessland
Das Kaiser-Wilhelm-Denkmal auf dem Kyffhäuser in Steinthaleben (Kyffhäuserland) wurde 1890–1896 von Bruno Schmitz und Emil Hundrieser im Monumentalstil errichtet. Das Reiterstandbild an einem Turm stellt den ersten Deutschen Kaiser Wilhelm I. in Begleitung einer Mars- und einer Minervafigur dar. Foto: Imago/Karina Hessland
Das Kyffhäuserdenkmal wurde nach den Plänen des Architekten Bruno Schmitz 1892–1896 errichtet und am 18. Juni 1896 eingeweiht. Angeregt wurde der Denkmalbau vom Deutschen Kriegerbund. Foto: Imago/Karina Hessland

Nazis suchten nach „Höhlenheiligtum“

Auf den Karteikarten sind zudem die dazugehörigen Fundflächen vermerkt. „So ist eine zeitliche Einordnung und flächenmäßige Zuordnung innerhalb der Oberburg auf dem Kyffhäuser möglich“, erklärt Grönwald. „Jetzt lassen sich die damaligen Grabungsaktivitäten besser nachvollziehen, da wir deren Verortung in unsere Dokumentation integriert haben.“

Fundkonzentrationen zeigten möglicherweise, wo wichtige Gebäude gestanden haben könnten. „Die Nazis haben damals auf der Suche nach einem Höhenheiligtum, das es nicht gab, die Spuren des Mittelalters zerstört.“ Bei den Grabungen in den Jahren 1937/1938 war das Ziel, germanische Ursprünge in Form eines „Höhenheiligtums“ zu finden. Dabei wurden wertvolle Funde aus dem Mittelalter zerstört.

Die Reichsburg Kyffhausen wurde im 12. Jahrhundert während der Regierungszeit Friedrich I. Barbarossa fertiggestellt. Die Burganlage bestand aus Oberburg, Mittelburg und Unterburg. Foto: Imago/Karina Hessland
Der restaurierte Bergfried – der Barbarossaturm – und der tiefste Burgbrunnen der Welt mit 176 m sind Relikte der ehemaligen Oberburg. Foto: Imago/Karina Hessland

Neue Erkenntnisse zur Kyffhäuser-Geschichte

Die Informationen der Karteikarten werden künftig in eine Datenbank eingeben. Die Standortinformationen zeigen, auf welchen Stellen der Burg die Funde vorkamen.

Zum Kyffhäuser galt bislang nur die überlieferte Eroberung im Jahr 1118 als verlässliche Quelle. Durch Umbaumaßnahmen im Denkmalareal und vorbereitende archäologische Untersuchungen wurde das Quellenmaterial neu gesichtet und bewertet.

Das Konvolut der Karteikarten erweitert die Kenntnisse, die von der Kyffhäuser-Stiftung in das neue museumspädagogische Konzept einbezogen werden können. Zudem sollen die im Vorjahr begonnenen Grabungen im Burgareal mit den nächsten anstehenden Baumaßnahmen fortgesetzt werden.