Auf dem Weg zum Bäcker, um Kuchen und Hefekranz backen zu lassen: Dieses Bild, das die Birkacherin Luise Schwarz in den 50ern zeigt, war typisch für viele schwäbische Dörfer. Foto: privat

Eberhard Dittmann hat historische Fotos als „Virtuelles Heimatmuseum“ ins Internet gestellt.

Birkach - Stolz steht sie da, die Frau in der schwarz gemusterten Schürze mit der braunen Weste darüber. Sie lächelt fast grimmig in die Kamera. In beiden Händen trägt sie flache Backformen mit Teig darin. Aus einem der Teige soll ein Kuchen werden, aus dem anderen ein Hefekranz. Luise Rosa Schwarz, geborene Beißwenger, heißt die Frau – und sie ist auf dem Weg zum Bäcker, wo sie ihre Köstlichkeiten gegen ein Entgelt backen lassen will.

Irgendwer hat diese Szene, wie sie Mitte der 50er Jahre in schwäbischen Dörfern so typisch war, mit dem Fotoapparat eingefangen. Dieser Jemand hätte sich wohl nicht träumen lassen, dass jeder, der sich dafür interessiert, sein Bild fast 60 Jahre später im Internet anschauen kann.

Der Mann, der das möglich macht, heißt Eberhard Dittmann. Seit Jahren sammelt der Birkacher alte Bilder aus dem Alltag in seinem Heimatort. Etwa 1800 historische Fotografien sowie 200 Postkarten sind so schon zusammengekommen, außerdem hat Dittmann zwei Bücher und eine DVD herausgebracht, die seine Sammelleidenschaft dokumentieren.

Die Bilder erzählen ihre ganz eigenen Geschichten

Einen Teil dieses umfangreichen Bilderschatzes hat der Hobbyhistoriker nun online gestellt, gut 250 seiner Postkarten und Fotografien finden Interessierte im Netz. Dittmann nennt die Internetseite sein „Virtuelles Heimatmuseum“ – notgedrungen, „denn wir haben ja kein richtiges Heimatmuseum in Birkach“, sagt er. Mehr noch: „Es gibt bei uns auch sonst keinen Ort, an dem historische Bilder oder Gegenstände gesammelt werden.“

Damit die Birkacher Historie dennoch lebendig bleibt, gibt es die Bilder im Internet. Die erzählen ihre ganz eigenen Geschichten. Meist sind es einfache Leute, die darauf zu sehen sind. Etwa die beiden Kinder, die im Winter 1946 mit dem Schlitten an der Garbe unterwegs sind. „Birkach 1 Kilometer“ steht auf dem Wegweiser inmitten einer ländlichen Szenerie hinter ihnen zu lesen – „ein Indiz dafür, wie weit ab vom Schuss Birkach war“, sagt Dittmann.

Beim Sammeln und Einstellen hat der Heimatkundler mitunter sogar sehr persönliche Bezüge entdeckt: Über einen der beiden Jungen mit dem Schlitten etwa hat Dittmann herausgefunden, dass es sich um seinen Vetter gehandelt haben muss, der da einst abgelichtet worden war.

Selbst bekannte Gesichter finden sich in der Sammlung wieder

Dazu gibt es im virtuellen Heimatmuseum jede Menge Ansichten von Straßen und Gebäuden – etwa die des Gasthofs Krone, der samt Metzgerei an der Birkheckenstraße 5 auf einer Postkarte von 1930 verewigt ist. Oder auch ein Bild des letzten Kolonialwarenladens in Birkach. Der hieß Fessler-Gerlach und existierte bis 1955.

Selbst bekannte Gesichter finden sich in der Sammlung wieder. So hat Dittmann ein Foto eingestellt, auf dem die letzte Birkacher Gemeindeschwester, Maria Münzenmaier, zu sehen ist, die vielen älteren Bewohnern noch ein Begriff sein dürfte. Das Besondere daran ist, dass die Diakonisse in den 60er und 70er Jahren mit dem Moped im Ort unterwegs war – und genau mit jenem ist die betagte Dame in Schwesterntracht denn auch lässig an einen Gartenzaun gelehnt fotografiert worden.

Auch in Zukunft will Eberhard Dittmann solche Bilder sammeln. Wer noch welche zu Hause hat, die er dem Ortskundler zur Verfügung stellen möchte, kann sich über das Kontaktformular auf der Internetseite an ihn wenden. Damit Menschen wie Luise Rosa Schwarz, die Frau mit dem Kuchen und dem Hefekranz, nicht vergessen sind. Die Birkacherin auf dem alten Foto ist seit mehr als 40 Jahren tot – in der Erinnerung aber lebt sie weiter.