Viermal hat der VfB Stuttgart bisher in der Königsklasse mitgemischt: Von einer folgenschweren Einwechslung über einen legendären Sieg der Jungen Wilden bis zu den Auftritten gegen die Weltstars des FC Barcelona sowie gegen den Dauergegner Glasgow Rangers war einiges dabei.
Es ist der Mittwochabend des 17. März 2010, als der VfB Stuttgart der Champions League auf sehr lange Zeit Lebewohl sagt. 88 543 Zuschauer sind im Stadion Camp Nou unter Flutlicht live dabei, als die Stuttgarter mit ihrem Schweizer Trainer Christian Gross bei ihrem bis dato letzten Auftritt auf der größten europäischen Bühne des Clubfußballs hoffnungslos überfordert sind – es setzt ein 0:4 beim FC Barcelona. Zur Hochzeit des spanischen Fußballs, die Monate später nach dem EM-Sieg von 2008 im Weltmeistertitel münden soll.
Mit Andrés Iniesta, dem Kapitän Carles Puyol, Sergio Busquets und Gerard Piqué steht ein Block der spanischen Nationalelf für Barça gegen den VfB auf dem Platz, Xavi ist verletzt. Dazu ist das Team der Katalanen garniert mit internationalen Stars wie dem Franzosen Thierry Henry oder dem Argentinier Lionel Messi. Der große Zauberer, Schwedens Zlatan Ibrahimavic, kommt erst nach 65 Minuten von der Bank. Alles in allem ist das zu viel Spielkunst für den VfB um seinen tapferen Kapitän Matthieu Delpierre und den erfahrenen Torhüter Jens Lehmann – nach dem 1:1 im Hinspiel ist mit dem 0:4 für die Stuttgarter im Achtelfinale Schluss.
In vier Spielzeiten hat der VfB bislang seine Spuren in der Champions League hinterlassen. Weiter als bis ins Achtelfinale stieß der Club nie vor. Einmal war sogar unter kuriosen Umständen bereits in der Qualifikation Schluss. Ein Rückblick:
Die Saison 2009/2010
„Wir brauchen den Philosophen nicht – der Zwerg und ich reichen vollkommen“, sagte Zlatan Ibrahimovic, der ab Sommer 2009 für nur eine Saison beim FC Barcelona spielte. Denn sein Verhältnis zu Trainer Pep Guardiola war schnell komplett zerrüttet. Vor das Stuttgarter Daimlerstadion fuhren Ibrahimovic und der vermeintliche Zwerg (Lionel Messi) zum Achtelfinal-Hinspiel recht unprätentiös nicht etwa im prunkvollen Teambus des ruhmreichen FC Barcelona vor, sondern mit einem gecharterten Gefährt der Firma Binder.
Auf dem Platz hatte Cacau den VfB 1:0 in Führung gebracht, ehe Ibrahimovic ausglich. Doch das Remis reichte nicht für das Rückspiel. Zuvor hatten sich die Stuttgarter in einer Gruppe mit dem FC Sevilla (1:3, 1:1 in Spanien), den Glasgow Rangers (1:1, 2:0 in Schottland) und Unirea Urziceni (1:1 in Rumänien, 3:1) durchgesetzt.
Die Saison 2007/2008
Der VfB ging 2007 unter Trainer Armin Veh als amtierender deutscher Meister ins Rennen – konnte in der Königsklasse die Erwartungen aber nicht erfüllen. Wie bei sämtlichen drei Auftritten in der Gruppenphase der Champions League waren auch diesmal die Schotten von den Glasgow Rangers ein Gegner. Dazu gesellten sich die starken Teams von Olympique Lyon, zwischen 2002 und 2008 französischer Serienmeister, sowie erstmals auch der FC Barcelona.
„Ich habe früher der Mannschaft von Johan Cruyff zugeschaut und die offensive und kreative Spielweise bewundert. Seit ich Trainer bin, habe ich davon geträumt, gegen Barcelona an der Seitenlinie zu stehen“, sagte Meistercoach Veh vor dem Duell gegen die von Franck Rijkaard trainierten Katalanen mit den Offensivkünstlern Samuel Eto’o und Ronaldinho.
Sportlich machte der VfB um den Kapitän Fernando Meira keine Schnitte – überstand die Gruppenphase nicht: Der 1:2-Auftaktniederlage bei den Rangers folgten weitere Schlappen gegen Lyon (0:2, 2:4) und Barcelona (0:2, 1:3). Lediglich das Heimspiel gegen die Schotten gewann man mit 3:2.
Schnell machte in Stuttgart das Phänomen der Champions-League-Falle die Runde, in die man getappt sei. Denn die teuren Neuzugänge mit ihren dicken Gehältern und mäßigen Leistungen wie Ewerthon, Yildiray Bastürk oder Ciprian Marica, später auch Pawel Pogrebnjak, Khalid Boulahrouz oder Mauro Camoranesi drückten aufs Budget. Hinein in Zeiten, in denen der Club nicht in der Königsklasse auflief.
Die Saison 2003/2004
Keine satten Altstars, sondern ein Ensemble der Jungen Wilden, die bald zum Markenzeichen des Clubs werden sollten, schickte der VfB 2003 als Vizemeister unter Trainer Felix Magath ins Rennen. „Warum sollen wir uns vor Real Madrid, Manchester United oder Inter Mailand verstecken? Lasst sie doch kommen“, haute Magath vorab auf den Putz.
Beachtliche vier Siege und ein Unentschieden holte sein Team in den acht Partien auf dem Königsklassen-Parkett, wo man im Achtelfinale dem FC Chelsea nach einem 0:1 in Stuttgart durch ein frühes Eigentor von Fernando Meira sowie dem 0:0 in England knapp den Vorzug lassen musste. Daran änderte auch das Profidebüt des Stürmers Mario Gomez an der Stamford Bridge nichts.
Alexander Hleb, Kevin Kuranyi, Cacau, Philipp Lahm, Andreas Hinkel und Christian Tiffert hießen die jungen Gipfelstürmer des VfB – keiner von ihnen war damals älter als 22 Jahre, dazu gesellte sich der Torwart Timo Hildebrand. Zwei Siege über Panathinaikos Athen, dazu je einer über die Glasgow Rangers sowie Manchester United reichten zum Vorstoß ins Achtelfinale.
Unvergessen bliebt dabei der 2:1-Heimerfolg über Manchester United, die magische Nacht des 1. Oktober 2003, als die Jungs mit dem Brustring das Team von Trainerlegende Sir Alex Ferguson mit einem Doppelschlag von Imre Szbacis und Kuranyi kurz nach der Pause aufs Kreuz legten. ManU war damals das Maß aller Dinge, der 18-jährige spätere Weltfußballer Cristiano Ronaldo gab in Stuttgart sein Champions-League-Debüt, wurde dabei von Hinkel abgemeldet.
Die Saison 1992/1993
Selbst als amtierender deutscher Meister musste sich der VfB 1992 erst für die Gruppenphase der neu eingeführten Champions League qualifizieren, dem Nachfolger des Europapokals der Landesmeister. Dieses Vorhaben scheiterte auf kuriose Weise. Nach einem klaren 3:0-Heimsieg gegen Leeds United schien der VfB trotz des 1:4 im Rückspiel auf der Insel dank des Auswärtstreffers von Andreas Buck weiter.
Doch Trainer Christoph Daum hatte in der 83. Minute mit Jovica Simanic einen vierten Ausländer eingewechselt, was damals nicht erlaubt war. Das Rückspiel wurde daher 3:0 für Leeds gewertet, ein Entscheidungsspiel an neutralem Ort musste her, das die Stuttgarter in Barcelona vor lediglich 8000 Fans mit 1:2 verloren.
Weiteres Kuriosum am Rande: Die knapp zehn Einsatzminuten von Leeds sollten die einzigen bleiben, die Jovica Simanic je für die Profis des VfB absolvierte.