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Dass sich Deutschrap oft im Bereich unterhalb der Gürtellinie am wohlsten fühlt, passt Blumio gar nicht. Am Dienstag, den 8. Dezember, rappt er um 20 Uhr im Universum.

Stuttgart - Dass sich Deutschrap oft im Bereich unterhalb der Gürtellinie am wohlsten fühlt, passt Blumio gar nicht. "Hip-Hop ist mehr als Mutterfickerei", sagt der 24-jährige Deutschjapaner, der am kommenden Dienstag um 20 Uhr im Stuttgarter Universum auf.

Blumio, ist Ihr Name nicht ein bisschen zu niedlich für einen Rapper? Wie muss ein Rapper denn sein? Die Menschen haben von Hip-Hop immer so eine vorgefertigte Meinung. Dabei ist das eine sehr junge Kunstform. Und nur weil sich vor mir zehn Leute MC Soundso geheißen haben, muss ich das ja nicht auch so machen. Es gibt viele, die Rap nicht mögen, weil sie denken, dass es da nur um Mutterfickerei geht. Dabei ist nicht der Rap schlecht, sondern nur sehr viele Rapper. 90 Prozent der Hip-Hopper beschränken sich darauf, über sich selbst zu erzählen. Dabei kann diese Musikrichtung alles sein: Ich kann auch übers Kochen rappen. Oder über die Stuttgarter Nachrichten.

Hat der Name Blumio eine Bedeutung? Früher haben Freunde von mir komische Drogen genommen. Als ein Kumpel halluziniert hat, hat er plötzlich lauter Blumen um mich herum gesehen. Und er meinte: Du bist ja voll der Blumio. Und am nächsten Tag in der Schule hat mich dann jeder so genannt. Und ich dachte mir: Das ist eigentlich ein einprägsamer Name. Blumen mag ich auch.

Insbesondere gelbe? Ja. Sonnenblumen.

Darum heißt Ihre Platte "Yellow Album"? Das bezieht sich auf das weiße Album der Beatles. Das ist kein reines Rockalbum, sondern total bunt gemischt. Und dazu kommt das "Black Album" von Jay-Z. Und meine Musik ist auch so: bunt gemischt.

Es ist auch eine Anspielung auf Ihre Herkunft. Wie reagieren Japaner darauf oder auf Ihre Formulierung "Japse des Bösen"? Letzteres gibt es ja jetzt nicht mehr. Bush ist nicht mehr an der Regierung. Die Asiaten verstehen das. Ich ziehe ja unsere Kultur nicht in den Dreck. Stattdessen spiele ich damit. Für viele ist "Japse" ein Schimpfwort. Denen nehme ich die Macht, wenn ich das Wort selbst benutze.

Haben Sie selbst schon Erfahrungen mit Rassisten machen müssen? Natürlich. Am Bahnhof in Oberhausen wollten einmal drei Glatzen auf mich losgehen. Damals hatte ich noch keinen Irokesenschnitt, sondern lange Haare. Und einer von denen meinte dann: Hört auf Jungs, das ist ein Mädchen. Da hatte ich Glück.

Mit Songs wie "Hey Mister Nazi" wollen Sie nun die Menschheit retten. Ist das nicht naiv? Klar, das ist ein total naives Lied. Aber ich glaube in jedem Song an das Gute im Menschen. Ich denke, dass ich die Leute damit kriegen kann. Und nicht mit irgendeinem intellektuellen Kram, bei dem man sich gerne selbst reden hört. Naiv ist das, aber so bin ich halt. Mir ist es dennoch wichtig, einen gewissen Grad an Intelligenz in meinen Texten zu haben. Dann ändert sich vielleicht auch etwas in der öffentlichen Wahrnehmung: Rapper sind mehr als primitive Stadtaffen. Man mutet dem Publikum beim Rap nur zu wenig zu. Es hat mich am Anfang gewundert, dass Menschen Texte wie "Lass uns über Haie reden" überhaupt verstehen.

Warum überhaupt Haie? Wenn man genau darüber nachdenkt, vereint das Thema Haie alles in einem. Darum rede ich gerne über das Thema. Es kommen seit dem Song auch immer Mails von Leuten, die mir neue Infos über Haie geben.

Zum Beispiel? Dass ihr Paarungsverhalten gemeinschaftliches Kreisen ist, dass sie erst mit 30 geschlechtsreif sind, oft schon davor aus dem Meer gefischt werden und daher vom Aussterben bedroht sind. Das ist nicht lustig.

Und Sie - sind Sie lustiger Typ oder eher melancholisch veranlagt? Ich bin total labil. Das treibt meine Kunst auch an. Ich durchlebe Höhen und Tiefen stets sehr intensiv. Ich mache viel Drama um nichts.

Haben Sie ein Beispiel? Ich neige dazu, bei ausweglosen Situationen gleich alles hinzuschmeißen. Ich denke viel nach - manchmal zu viel. Dann gerate ich in ein Loch und muss mich da wieder herausschreiben.

Macht Unzufriedenheit kreativ? Das kann sein. Irgendwo suche ich immer das Neue. Was ich schon mal hatte, will ich nicht mehr. Das Einzige, was bei mir beständig ist, sind meine Freunde. Bei allem anderen picke ich mir das Interessanteste heraus. Ich esse sozusagen nur die Schokokruste vom Eis und schmeiß den Rest weg.