„Das ist so ein Geschenk“, sagt Helga Nickel über die Hilfe beim Einkaufen. Foto: Natalie Kanter

Der Sprudelkasten ist zu schwer, der Fußweg zum nächsten Laden zu lang? Kein Problem: Werner Högerle tourt mit dem Kirchenbus-LE durch den Flecken, um älteren Damen beim Einkaufen zu helfen.

Leinfelden-Echterdingen - Tee, Wasser, Knäckebrot und Fisch: Das steht auf der Einkaufsliste von Helga Nickel. Mit der Hilfe von Werner Högerle schiebt sie einen Einkaufswagen durch einen Lebensmitteldiscounter in Leinfelden. Die 72-Jährige fühlt sich nur in diesem Laden wohl, denn „da wird nicht ständig alles umgeräumt“, wie sie sagt. Högerle unterstützt die Dame immer wieder freitags beim Aussuchen der Lebensmittel. „Dieses hier ist mit Sesam“, sagt der Ehrenamtliche, als die beiden beim Regal mit Knäckebrot angekommen sind. Er zieht ein Päckchen aus dem obersten Fach. „Ja, das ist gut“, sagt sie und legt das Brot in ihren Wagen. Beim Fisch soll es die Großpackung sein. Auch vom Apfelmus, das Helga Nickel gerne in weißen Joghurt rührt, und auch beim Sprudel will sie gleich mehrere Packungen und Flaschen einpacken. „Damit ich einen Vorrat habe.“

Alle drei bis vier Wochen fährt die Seniorin beim Kirchenbus-LE mit. Sie sagt: „Das ist so ein Geschenk.“ Und: „Das ist so schön, was die hier machen.“ Die, das sind die Ehrenamtlichen vom Krankenpflegeverein Leinfelden, der zur evangelischen Kirchengemeinde Leinfelden-Unteraichen gehört. Vier Männer – darunter Werner Högerle – touren im Wechsel immer freitags durch Leinfelden und Oberaichen – um insbesondere älteren Damen den Einkauf zu erleichtern. Eine großzügige Spende einer Frau aus Oberaichen hat das Angebot möglich gemacht. „Wir wollen keine Konkurrenz zur Stadt sein“, sagt er, „sondern eine Ergänzung.“ Zum Verständnis: Der Stadtseniorenrat bietet eine ähnliche Hilfe an – und zwar immer mittwochs. Dieses Angebot nennt sich Flitzer-LE.

Nette Gespräche auf der Rücksitzbank

Vier Frauen sitzen an diesem Freitag auf der Rücksitzbank des Kirchenbus-LE. Die Damen kommen miteinander ins Gespräch und wünschen sich gegenseitig einen „guten Einkauf“. Werner Högerle hat sie kurz zuvor von zu Hause abgeholt und bringt sie nun zum Laden ihrer Wahl. Denn jede von ihnen will in ein anderes Geschäft. Später holt der Mann sie auch dort wieder ab. Aber nicht nur das.

Der Ehrenamtler überprüft, ob sich alle Mitfahrerinnen angeschnallt haben. Das ist ihm wichtig. Er hilft den Damen beim Ein- und Aussteigen aus dem Wagen. „Geht es?“, fragt er höflich nach. Wenn sich eine von ihnen schwertut, holt Högerle flugs die mobile Treppenleiter. Er reicht die Hand und trägt später die Lebensmittel bis in die Wohnung. Selbst Sprudelflaschen sind dem Mann nicht zu schwer. „Ich mache das, um etwas zurückzugeben“, sagt er. Er sei gesund und gläubig. „Da finde ich es wichtig, mich zu engagieren.“ Außerdem mache ihm diese Arbeit auch richtig Spaß.

Ingrid Kuprianoff gehört regelmäßig zu den Fahrgästen. Obst, Gemüse und Brot will sie heute kaufen, außerdem muss sie noch kurz in den Drogerieladen. Früher ist sie mit ihrem Mann zum Einkaufen gefahren. Das geht aufgrund seiner Krankheit nicht mehr. „Ich bin seit 20 Jahren nicht mehr Auto gefahren“, sagt sie. „Und fange es jetzt auch nicht mehr an.“ Anneliese Roegers aus Oberaichen möchte Zutaten für eine Quarktorte kaufen, um für ihre Hauseigentümer zu backen. „Sie kommen bald aus dem Urlaub zurück. Ich will sie mit dem Kuchen überraschen“, sagt sie. „Früher, als wir nach Oberaichen gezogen sind, gab es dort zumindest noch einen kleinen Laden“, erzählt sie. Mittlerweile existieren dort nur noch ein Bäcker und ein Metzger. Anneliese Roegers hätte freilich auch den Ortsbus nehmen können. „So aber ist doch bequemer“, sagt sie. Und: „Das werde ich jetzt öfters machen.“

Ein Angebot ganz ohne Hektik

Der Fahrdienst der evangelischen Kirche ist kostenlos und offen für alle Bürger. Man muss also nicht in der Kirche sein, um mitfahren zu können. Auch dem Krankenpflegeverein muss man nicht angehören. Der einzige Nachteil: Mitunter müssen die Mitfahrerinnen nach dem Einkauf etwas warten, bis Werner Högerle mit seinem Bus wieder ums Eck biegt. Schließlich braucht alles seine Zeit. „Und bei uns gibt es keine Hektik“, sagt er.