Kulturstaatsministerin Monika Grütters will freie Kulturschaffende effektiver unterstützen. Foto: dpa/Jörg Carstensen

Fiktiver Lohn mag klingen wie Geld für lau. In Zeiten von Corona dreht es sich um die Existenzgrundlage für Soloselbstständige. Betroffen ist besonders die Kulturszene. Die darf laut Kulturstaatsministerin Monika Grütters jetzt hoffen.

Berlin - Mit der Anrechnung von ausgefallenen Umsätzen für Soloselbstständige kann die Kulturszene auf neue Unterstützung in der Corona-Krise bauen. Kulturstaatsministerin Monika Grütters freut sich über eine „eigene Strecke für Soloselbstständige“. Nach ihrer Einschätzung dürfte „die größte Zielgruppe neben anderen Branchen aus der Kreativwirtschaft kommen“.

Nach Angaben der CDU-Politikerin geht es im Kultur- und Kreativbereich um die Existenz von gut 1,5 Millionen Menschen, die mehr als 100 Milliarden Euro an Wertschöpfung zum Bruttoinlandsprodukt beitragen. Das neue Gesamtpaket der Bundesregierung umfasst zehn Milliarden Euro. Direkt betroffene Soloselbstständige können nach Angaben vom Donnerstag 75 Prozent ihres Umsatzes aus einem vergleichbaren Vorjahreszeitraum ansetzen. Andere staatliche Leistungen werden gegebenenfalls angerechnet.

Hilfen auch ohne Steuerberater

Für eine solche Unterstützung hatten die Kulturminister auch der Länder seit den ersten coronabedingten Einschränkungen im Frühjahr geworben. „Es ist ein sehr wichtiges Signal“, sagt Grütters. Soloselbstständige wie etwa Künstler oder Musiker können nun eine Förderung bis zu 5000 Euro direkt beantragen. „Dies ist auch eine Anerkennung ihrer Lebens- und Arbeitsweise.“ Erst jenseits dieser Grenze ist ein Steuerberater notwendig - und damit die von vielen Kulturschaffenden befürchtete Bürokratie.

Nach dem ersten allgemeinen Hilfspaket des Bundes und zahlreichen Initiativen in einzelnen Ländern gab es bereits Unterstützung eigens für die Kultur- und Kreativszene. Das eine Milliarde Euro umfassende Hilfspaket, im Hause Grütters „Neustart Kultur“ getauft, wird aktuell an einzelne Betroffene und Institutionen geleitet.

Viele Existenzen gefährdet

Alleingelassen fühlten sich lange Zeit freischaffende Künstler, die wie in einigen anderen Branchen auch als Soloselbstständige arbeiten. Sie konnten zum Beispiel keine laufenden Betriebskosten geltend machen, etwa wenn ihre Wohnung auch der Ort für Arbeit oder Übungen war. Damit waren sie meist auf die eigens geöffnete Grundsicherung Hartz IV angewiesen, wo sich viele Betroffene nicht sahen.

„Dysfunktional“ nennt etwa Zoë Claire Miller vom Berufsverband Bildender Künstler*innen (BBK) in Berlin solche Wege. Aus Sicht des Verbandes drohen ohne weitere Hilfen deutliche Konsequenzen für die Betroffenen. „Es geht um die Existenz der Menschen“, sagte Miller der Deutschen Presse-Agentur. Die Einschränkungen würden sich auch über den nun betroffenen November hinaus auswirken. Entsprechend müsste auch ein fiktiver Unternehmerlohn für Soloselbstständige weiter in Anspruch genommen werden können.

Zeichen der Wertschätzung

Für den Deutschen Kulturrat sind die neuen Hilfen ein Schritt in die richtige Richtung. „Die Politik hat erkannt, dass sie ihre harte Haltung nicht aufrecht erhalten kann“, sagt der Geschäftsführer der Dachorganisation der Bundeskulturverbände, Olaf Zimmermann. Soloselbstständige in Kulturbereich seien „besonders gebeutelt“. Mit der nun geöffneten Tür könne über die Bedingungen gesprochen werden. Dabei komme es darauf an, „die Hilfe nicht mit bürokratischen Hürden zu verstellen“.

Für Grütters werden die Bedürfnisse jetzt richtig anerkannt: „Es ist geplant, die Hilfen ganz unmittelbar, unbürokratisch und einfach beantragen zu können. Das ist ein Fortschritt im Bemühen, die Krise zu bewältigen, und vor allen Dingen ist es ein Zeichen der Wertschätzung für viele, die in der Kultur- und Kreativwirtschaft tätig sind und dort viel für unser Gemeinwesen leisten.“

Auch private Spender gefordert

Zudem sollten auch indirekt Betroffene Überbrückungshilfe bekommen können. Grütters stellt klar: „Das betrifft gerade auch den Kulturbereich. Es gibt viele in der Kultur- und Kreativwirtschaft, die sichtbar auf der Bühne der Kultur stehen, aber es gibt häufig viel mehr im Hintergrund Beschäftigte, die die künstlerische Leistung erst ermöglichen. Sie werden berücksichtigt, wenn sie 80 Prozent ihres Einkommens im Kontext der direkt betroffenen Betriebe erwirtschaften.“

Öffentliche Hilfen allein reichen an vielen Stellen nicht. Deswegen gibt es bundesweit zahlreiche Initiativen, über die private Spenden für die Betroffenen gesammelt werden. Auch am Donnerstag erfolgte wieder ein Aufruf: Die Gesellschaft der Freunde der Berliner Akademie der Künste warb für einen seit April 2020 bestehenden Nothilfefonds. Bisher flossen daraus mehr als 56 000 Euro an 43 Künstlerinnen und Künstler aus 22 Ländern.