Große Auswahl für den kleinen Geldbeutel: In den Kleiderkammern des Roten Kreuzes können Bedürftige preiswert einkaufen. Foto: /Gottfried Stoppel

Der tragische Tod einer jungen Frau in einem Altkleidercontainer in Weinstadt macht fassungslos. Zumal es für Geflüchtete und andere Bedürftige ein großes Hilfsangebot im Landkreis gibt.

Vor wenigen Tagen ist eine junge Frau in einem Container für Altkleider in Weinstadt tödlich verunglückt. Beim Einstieg blieb die 25-jährige Ukrainerin mit ihrem Kopf in der Ladeklappe hängen, konnte sich nicht mehr befreien und wurde durch den Mechanismus der Klappe stranguliert. Der tragische Fall wirft neben der Frage nach den Konsequenzen zur Sicherheit der Container auch die Frage auf, wie Bedürftige sicher an preiswerte oder kostenlose Kleidung kommen können.

Nachbesserungen sind geplant

„Wir sind zutiefst bestürzt, dass ein Mensch in einem Altkleidercontainer zu Tode gekommen ist“, sagt Maike Held vom Malteser Hilfsdienst, der den Container in Weinstadt stellt. Der Behälter sei mit mehrsprachigen Warnhinweisen und einem Piktogramm versehen, die auf die Lebensgefahr beim Einstiegsversuch hinweisen.

Beim betreffenden Container handle es sich um eine Standardversion des marktführenden Herstellers für Altkleidercontainer, wie sie bundesweit zur Kleidersammlung bereitstehen. Dennoch: Was die Sicherheit der Container angeht, seien Nachbesserungen vorgesehen. „Wir stehen in Verbindung mit dem Hersteller der Altkleidercontainer und wollen die Container durch Piktogramme und Warnhinweise in mehreren Sprachen ergänzen“, erklärt Maike Held. Auch solle geprüft werden, ob und wie schnell die Container durch verbesserte Ladeklappen mit kleineren Öffnungen nachgerüstet werden können. Die katholische Hilfsorganisation hat im Rems-Murr-Kreis 68 Altkleidercontainer aufgestellt, an einem davon war der tödliche Unfall. Die Malteser selbst betreiben laut Held im Rems-Murr-Kreis keine Kleiderkammern, wo ihre gesammelten Waren angeboten werden.

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) hingegen betreibt im Landkreis gleich drei Kleiderkammern für Bedürftige: In Winnenden, Backnang und Schorndorf. Seit dem Frühjahr übernehmen die drei DRK-Kleiderstuben in Zusammenarbeit mit dem Landkreis zusätzlich die Erstausstattung von Menschen, die aus der Ukraine in den Rems-Murr-Kreis geflohen sind. „Rund 1400 Personen, überwiegend Frauen und Kinder, haben die Ehrenamtlichen bereits kostenlos ausgestattet“, teilt der DRK-Sprecher Christian Siekmann mit. „Die Teams der Kleiderstuben bitten um eine Anmeldung. So können sich die Kleiderläden vorbereiten, und jede Familie kann sich in Ruhe und losgelöst vom normalen Verkauf einkleiden.“

Der Normalbetrieb laufe parallel weiter. Insofern bleibe die Kundschaft der Kleiderstube weiterhin „bunt gemischt“. Geflüchtete sowie Bedürftige aus dem gesamten Kreis gehören zu den Nutzern. „Die Kleiderstuben haben längst nicht mehr den Ruf, nur für Bedürftige oder Obdachlose da zu sein. Sie sind auch Fundgruben für kostenbewusste Menschen und Schnäppchenjäger, aber ebenso für echte Individualisten in Sachen Outfit“, sagt Siekmann. Die DRK-Kleiderstuben seien jedoch keine Kaufhäuser, das Angebot von der Menge her reduziert, und es könnten nicht alle Größen vorrätig sein.

In Würde die Auswahl treffen

Die Kleiderstube Winnenden bietet unter anderem gut erhaltene Kleider, Hosen, Jacken und Mäntel sowie neuwertige Schuhe und Stiefel für den Sommer und Winter, außerdem Wäsche, Bettzeug und Decken. In Backnang geben die Spender ihre Kleidungsstücke direkt bei den Ehrenamtlichen ab: „Wir achten in unserem Geschäft besonders darauf, dass sich unsere Besucher als Kunden fühlen und in Würde ihre Auswahl treffen können. Die Waren werden professionell präsentiert und unsere Kunden bei Bedarf beraten“, schildert das Team der Kleiderstube Backnang. Die Mitarbeiter sichten und prüfen die Qualität der einzelnen Teile und entscheiden, was in der Kleiderkammer angeboten wird. Ware, die nicht mehr angeboten werden kann, verkauft das Team an einen Kleiderhändler. Die Kleiderstube Schorndorf verfügt zusätzlich über einen Kleiderschacht, in den gut erhaltene Spenden gelegt werden können. Denn die Nachfrage bleibt konstant hoch, da weiterhin zahlreiche Menschen in den Rems-Murr-Kreis kommen.

Die Kleiderstuben des DRK statten nicht nur Flüchtlinge aus der Ukraine aus. Vermehrt bemühen sich auch Menschen, die über die Balkanroute nach Deutschland gekommen sind, um gebrauchte Kleidung, die sie in der Kleiderstube sehr günstig einkaufen können. Auch der Bereich der „Stammkunden“, jene Berechtigten, die seit Jahren in der Kleiderstube einkaufen, wird weiterhin versorgt. Auch diese Zahl steigt in der jüngsten Vergangenheit an.

Weniger Neuwaren werden gespendet

Das Spendenaufkommen bleibe weiterhin hoch, freuen sich die Ehrenamtlichen der Kleiderstuben. Was fehle, seien Kleidungsstücke für Männer. Aktuell werden beispielsweise Jacken, Pullis und Winterschuhe benötigt, vor allem eben für männliche Personen. Was immer noch ein Problem ist, sind verdreckte Spenden, die regelmäßig bei den Kleiderstuben landen. „Kleidungsstücke, die dreckig oder nicht mehr zu gebrauchen sind, kosten das Team Zeit, Geld und Nerven. Beispielsweise die Entsorgung von kaputten Schuhen kostet das DRK jährlich eine hohe Summe, die man lieber anders ausgeben würde“, teilt Siekmann mit. „Wir benötigen Kleidung, die man sofort ausgeben kann, die gewaschen und gebügelt ist.“ So könnten sie sofort den Menschen helfen.

Stark zurückgegangen seien gespendete Neuwaren. Die Kleiderstuben erhalten ihre Waren über direkte Spenden vor Ort. Somit unterscheiden sich die Kleiderstuben von den Altkleidercontainern.

Gebrauchtkleider für Bedürftige im Rems-Murr-Kreis

Kleiderkammern
 Das Deutsche Rote Kreuz betreibt im Landkreis drei Kleiderkammern. Sie befinden sich in Backnang an der Öhringer Straße 8, in Schorndorf an der Lortzingstraße 48 sowie in Winnenden an der Wiesenstraße 10. Einkaufen darf dort jeder, der möchte.

Tafelläden
 Manche Tafelläden bieten neben Lebensmitteln auch ein Angebot an Bekleidung. So etwa der Tafelladen Waiblingen an der Benzstraße 12 oder das Querbeet in Schorndorf (wird zurzeit umgebaut). Einkaufen darf dort allerdings nur, wer eine kleine Rente hat, Sozialhilfe erhält, von Arbeitslosengeld II oder von Hartz IV lebt, wer Wohngeld bekommt oder wer mit geringem Einkommen über die Runden kommen muss. Mitarbeiter im Tafelladen prüfen, ob man berechtigt ist oder nicht. Ehrenamtliche Mitarbeiter
Neben den Spenden sind sowohl die Kleiderkammern als auch die Tafelläden auf ehrenamtliche Helfer angewiesen. Wer Interesse hat, kann sich jeweils vor Ort näher informieren.