Der Absatz eines Schuhs erhöht nicht nur den Sexappeal einer Frau, sondern auch die Stolper- und Sturzgefahr. Foto: Leif Piechowski

Mit den frühlingshaften Temperaturen dürfen die Füße wieder mehr an die frische Luft. Ob das allerdings immer eine Erholung ist, scheint angesichts hochhackigem Schuhwerk fraglich. Aber die absatzlosen Schuhe sind nicht unbedingt die bessere Lösung.

Köln - Sie kamen einst als Souvenir aus Saudi- Arabien – und sollten ihre Träger trockenen und sauberen Fußes durch die Straßen bringen: Schuhe mit hohen Absätzen. Doch im 16. Jahrhundert konnte sich nur der europäische Adel solches Schuhwerk leisten, weshalb die altertümlichen High Heels zum Zeichen für Reichtum und Wohlstand wurden. Kein Wunder, dass hochhackige Schuhe in der Französischen Revolution prompt wieder abgeschafft wurden. 1789 ging es um Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit – und die Schuhe wurden flach. Doch schon im 19. Jahrhundert war der Absatz wieder in Mode.

Er sieht auch einfach zu gut aus: Optisch streckt er das Bein, der Schwerpunkt zwischen Vor- und Rückfuß wird verändert. Daraus entsteht dieser hüftwiegende Gang, den viele Männer sehr erotisch finden. Allerdings erhöht der Absatz nicht nur den Sexappeal einer Frau, sondern auch die Stolper- und Sturzgefahr. Je höher und dünner der Absatz, desto mehr schadet er den Füßen und den Gelenken – so lautet die einfache Faustformel von Orthopäden.

Denn der Fuß ist weitaus komplexer, als viele denken. „Ein Viertel aller Knochen des Körpers steckt im Fuß“, sagt Dirk Hochlenert, Facharzt für innere Medizin und Experte für Diabetes und diabetische Füße in Köln. „Gerade unter der Längswölbung befinden sich viele Muskeln.“ Zudem enden alle Wadenmuskeln im Fuß. „In einem Fuß steckt also viel Kraft.“ Weshalb das Laufen in Schuhen mit Absätzen durchaus unproblematisch sein könnte.

Spitzenleistung wird abverlangt

Doch Frauenfüße werden – auch wenn es komisch klingt – immer unbeweglicher. Wer kann noch auf Zehenspitzen laufen? Wer steht locker auf einem Bein? Solche differenzierten Bewegungen, sagt Hochlenert, nehmen tendenziell ab und die Muskeln werden entsprechend weniger trainiert. Das kann jeder ausprobieren, indem er sich auf die Zehenspitzen stellt. Die Knochen, die das Gewölbe des Fußes ausmachen, kommen dabei steil und ungebremst auf den Boden. „Eine solche dauernde Belastung wirkt sich natürlich schon aus“, sagt Hochlenert.

Den untrainierten Füßen wird im wahren Wortsinn eine Spitzenleistung abverlangt – die zu gesundheitlichen Problemen führen kann. Beispielsweise zu einem sogenannten Hallux valgus, der eine schmerzhaften Schiefstellung der großen Zehe verursacht. Hohe Absätze können auch die Knie- und Hüftgelenke und die Wirbelsäule schädigen. Denn sie verändern die natürliche Position der Gelenke.

Wer das vermeiden will, muss sich – was die Absatzhöhe betrifft – beschränken: Der Absatz an sich soll während des Laufens beim Abrollen helfen und das Fußgewölbe entlasten, so Hochlenert. Hat er die korrekte Höhe, hilft er bei der normalen Abwicklung des Gangs. Je steiler die Schuhe, desto besser sollte das Muskeltraining sein. Aber man sollte Schuhe mit Absätzen nicht generell verteufeln, so Hochlenert. „Richtige Probleme entstehen dann, wenn man das Tragen solcher Schuhe übertreibt.“ Am besten sollten Frauen nicht sofort von flachen Schuhen auf High Heels umsteigen, sondern sich erst mit Pumps mit mittelhohen Absätzen an den veränderten Gang gewöhnen.

Achtung vor gequetschten Füßen

Doch auch wer es gewohnt ist, High Heels zu tragen, sollte seine Füße beobachten: Schmerzen, Schwielen und Hühneraugen oder gar beginnende Formveränderungen zeigen, dass die Belastung zu hoch war.

Umgekehrt lässt sich auch mit absatzlosen Schuhen wie den Ballerinas nicht unbedingt der Königsweg beschreiten. Denn diese sind oft schmal geschnitten. Deshalb sollten Frauen mit breiteren Füßen darauf achten, dass ihre Zehen nicht gequetscht werden. Ansonsten drohen auch bei diesen flachen Schuhen Rötungen und Hühneraugen oder Zehenfehlstellungen wie Hallux valgus, Krallen- oder Hammerzehen.

Außerdem verschiebt sich die Belastung zur Ferse hin, was auch einer Überlastung gleichkommt. „Wer seine Füße jahrelang nur in diese flachen Schuhe zwängt, riskiert auch Deformitäten“, sagt Dirk Hochlenert. Denn ein gesunder Fuß steht mit Ferse, Groß- und Kleinzehenballen sicher auf dem Boden. Und ein guter Schuh empfindet diesen Standpunkt nach.

Darauf sollten auch Männer beim Schuhkauf achten. Zwar sind es bei Männerschuhen nicht die Absätze, die den Füßen zu schaffen machen, sondern eher ihre Form: „Ein Mann, der typische Anzugsschuhe trägt, die vorne spitz zulaufen, der bekommt ähnliche Erkrankungen wie Frauen, die zu schmale Schuhe trage“, sagt Hochlenert. Der große Zeh wird in die Mitte gedrückt, es gibt Hühneraugen, und die Zehennägel wachsen ein.

Damit Fußbeschwerden durch modische Schuhe erst gar nicht auftreten, empfehlen Fußexperten einfach möglichst oft auf Schuhe zu verzichten – und am besten nach Feierabend barfuß durch die Wohnung zu gehen. Das stärkt die Fußmuskulatur und trainiert das natürliche Abrollen des Fußes.