Weder die Senioren, noch die jungen Leute sollen die Lasten der Gesellschaft allein tragen – dafür setzt sich die Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen ein. Foto: Simone Bürkle

Die Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen will der Jugend Gehör verschaffen – aber ohne Polemik.

Stuttgart-Heumaden - Die Idee ist nicht neu, schon Herbert Grönemeyer hat davon gesungen. In seinem Lied „Kinder an die Macht“ entwarf der Musiker in den Achtzigern eine Vision von einer gerechteren Welt, in der die Kinder das Sagen haben.

Ganz so einfach macht es sich die Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen (SRZG) nicht. Dass Kinder künftig in Deutschland regieren, ist nicht ihr Vorhaben. Aber eine der zentralen Forderungen der Stiftung, die ihren Sitz in Heumaden hat, ist von Grönemeyers Entwurf gar nicht so weit entfernt: Sie will es Kindern und Jugendlichen ermöglichen, wählen zu gehen. „14 Millionen junge Menschen in Deutschland werden derzeit willkürlich vom Wahlrecht ausgeschlossen. Das wollen wir ändern“, sagt Wolfgang Gründinger, der Sprecher der SRZG.

Die Absenkung des Wahlalters ist bei Weitem nicht das einzige Anliegen der Stiftung, die in den Neunzigern in Oberursel bei Frankfurt von einem Dutzend Studenten aus Hochschulen in ganz Deutschland gegründet worden ist. Vielmehr versteht sich die Stiftung als Denkfabrik, die generell eine gerechtere Behandlung der Generationen und ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit erreichen will. Sie organisiert Tagungen, gibt Bücher heraus und vergibt jährlich im Wechsel jeweils einen Generationengerechtigkeit- und einen Demografie-Preis an junge Wissenschaftler. Beide sind mit 10 000 Euro dotiert. Unterstützt wird die Stiftung von prominenten Wissenschaftlern: In ihrem Beirat finden sich so illustre Namen wie Ernst-Ulrich von Weizsäcker, Hildegard Hamm-Brücher oder Bernd Raffelhüschen.

Die Vereinigung kritisiert das „Leben auf Pump“

Dass sich das Büro der Stiftung, deren Stiftungsrat vom Alter seiner Mitglieder her zu den jüngsten in Deutschland gehört, mittlerweile in Heumaden befindet, ist eher dem Zufall geschuldet. Der wissenschaftliche Leiter der SRZG, Jörg Tremmel, hat vor einigen Jahren eine Professur für Generationengerechte Politik am Institut für Politikwissenschaft der Uni Tübingen bekommen und ist deshalb in die Gegend gezogen. „Wir haben nur ein kleines Büro – und das folgt dann eben dem, der das Ganze managt“, sagt Wolfgang Gründinger.

Obwohl die Stiftung nicht über allzu viele eigene Mittel verfügt, melden sich ihre Mitglieder immer wieder bei gesellschaftspolitischen Diskussionen zu Wort. So setzt sich die SRZG zum Beispiel auch für eine gerechtere Verteilung der Lasten durch die Renten ein. „Wir schlagen eine Teillösung vor, bei der sich Jung und Alt die Belastungen, aber auch die Gewinne teilen“, sagt Gründinger. Deshalb fordert die SRZG, die Beitragssätze für Arbeitnehmer nicht wesentlich anzuheben. Dass die Rentner deswegen zurückstecken müssen, ist laut Gründinger nicht zwangsläufig die Folge: „Bei der derzeitigen guten Situation am Arbeitsmarkt würde das sogar bedeuten, dass die Rentner mehr Geld bekommen.“

Aus Sicht der SRZG hapert es derweil noch in vielen Bereichen an vorausschauender Politik. Die Vereinigung kritisiert zum Beispiel die hohe Staatsverschuldung als „Leben auf Pump“, das „die Kosten für ihren Konsum den nachfolgenden Generationen aufbürdet“. Oder sie fordert ein Umdenken von der fossilen und atomaren Energieversorgung hin zur Förderung von erneuerbaren Energien.

„Wir wollen keinen Krieg zwischen Jungen und Alten“

Nicht alle Ansätze der Stiftung sind derweil unumstritten. So gibt es durchaus Stimmen, die eine Absenkung des Wahlalters für problematisch halten, weil sie der Beeinflussung von Kindern durch die Eltern oder andere Instanzen Tür und Tor öffnen könnte. Für Gründinger ist das kein Argument: „Manipulationen gibt es in allen Systemen, auch im derzeitigen.“ Um Missbrauch auszuschließen, sei es wichtig, entsprechende Vorkehrungen zu treffen – zum Beispiel, indem die Briefwahl für unter 16-Jährige ausgeschlossen werde oder der Grundsatz gelten müsse, dass Eltern nicht mit in die Wahlkabine dürfen.

An konstruktiver Kritik stören sich die jungen Köpfe hinter der Stiftung ohnehin nicht. Denn eines ist dem SRZG-Sprecher Gründinger wichtig: „Wir wollen keinen Krieg zwischen Jungen und Alten. Wir wollen einfach dazu beitragen, dass es gerechter zugeht zwischen den Generationen.“