Helga Brehme Foto: Nina Ayerle

Helga Brehme, die Besitzerin des Theaters am Faden nahe dem Bihlplatz, war mit ihren Puppen in Indien auf Tour. In Kalkutta spielte sie die Geschichte von Jorinde und Joringel. Nach Deutschland brachte sie viele neue Eindrücke mit.

D - ie Inhaberin der Marionettenbühne Theater Am Faden im Stuttgarter Süden, Helga Brehme, hat das Stück „Jorinde und Joringel“ aus Grimms Märchen in Kalkutta in Indien gespielt. Dort ist die 74-jährige Stuttgarterin mit ihrem Puppentheater der Höhepunkt des Abends gewesen.
Frau Brehme, Sie waren ja jetzt drei Wochen in Indien unterwegs. Wie war es denn?
Die ganze Atmosphäre dort ist anders als in Deutschland. Das kann man sich gar nicht richtig vorstellen, wenn man noch nicht dort war. Der Verkehr in Kalkutta ist so unglaublich chaotisch. Jeder fährt wie er will. Kühe und streunende Hunde laufen auf der Straße rum. Man sagt nicht umsonst, wer in Kalkutta Auto fahren kann, der kann es überall auf der Welt. Einerseits ist man inmitten dieser riesigen Großstadt und ein paar Kilometer weiter ist man im Dschungel, wo die Menschen in kleinen Hütten wohnen.
Sie kennen sich ja inzwischen gut aus in Indien. Sind Sie schon öfters dort aufgetreten?
Der Kontakt zu den Künstlern dort, die auch immer wieder hier bei mir im Theater am Faden auftreten, besteht schon seit 1994. Im selben Jahr bin ich auch zum ersten Mal dorthin gereist. Seitdem hab ich immer wieder in Schulen und auf Festivals dort gespielt.
Dieses Mal sind Sie zum ersten Mal alleine gefahren. War das anders?
Ja, dieses Mal war es schon sehr aufregend. Ich musste ja die ganze Bühne mitnehmen. Ich hatte aber nur 30 Kilo Gepäck gebucht und musste mich deshalb ziemlich einschränken. Dann bin ich auch noch ab Frankfurt geflogen, was recht umständlich war. Meine Puppen hatte ich sicherheitshalber mit ins Handgepäck genommen, damit ihnen nichts passiert. Elf hatte ich dabei. Nur der Drache, den ich für das Stück brauche, hat nicht reingepasst. Den musste ich zum großen Gepäck geben. In Kalkutta wurde ich dann zum Glück am Flughafen abgeholt. Die Musiker dort haben mir dann auch total viel geholfen. Bei Teilen von der Bühne, die gefehlt haben, haben sie einfach improvisiert. Und der Drache, der sonst mit einer Wunderkerze Feuer speit, hat kleine Lichter im Mund anmontiert bekommen. Wunderkerzen sind dort im Theater nämlich verboten.
Was ist denn anders, wenn sie mit ihren Puppen in Indien auftreten?
Ich habe schon oft dort gespielt, aber bisher nur für Kinder und in Schulen. Mit den Musikern, die mich eingeladen haben, stehe ich ja schon sehr lange in Kontakt. Sie hatten in Kalkutta für die Veranstaltung einen großen Konzertsaal gebucht, es wurde viel indische Musik gespielt und ich bin dort zum ersten Mal vor einem richtig großen Publikum aufgetreten, vor Erwachsenen sogar. Auch wurde ich dort mit „Jorinde und Joringel“ als Höhepunkt des Abends angekündigt. Das war schon toll. Ein ganz anderes Gefühl. Und das, obwohl in Indien mehr Wert auf Musik und Tanz gelegt wird und nicht unbedingt auf das Theater spielen.
Kennen die Menschen dort überhaupt Puppentheater?
Naja, das gibt es dort schon auch. Aber es ist nicht so bekannt wie bei uns. Puppentheater sind selten. Wenn, dann gibt es sie außerhalb der großen Städte. Meistens sind das wandernde Gruppen, die solche Stücke aufführen. Wie gesagt, in Indien gehört eher die Musik zum Leben dazu. Kinder lernen schon sehr früh Tanzen und Singen.