Daniel Engelbrecht von den Stuttgarter Kickers: Erster Fußballer mit Defibrillator Foto: Baumann

Der Schock saß tief: Torwart-Legende Iker Casillas vom FC Porto erlitt am Mittwoch im Training einen Herzinfarkt. Er ist aber inzwischen wohlauf – doch es gibt auch tragischere Fälle im Fußball.

Stuttgart/Porto - Die Nachricht am Mittwoch aus Porto schreckte Fußball-Fans in der ganzen Welt auf. Iker Casillas war am Morgen im Training zusammengebrochen – Herzinfarkt. Später bekam der 37-Jährige im Krankenhaus einen sogenannten Stent eingesetzt, der das verengte Gefäßsystem offen halten soll. Gott sei dank alles gut gegangen, konnte die Torhüter-Ikone noch am Abend vermelden und wie in der heutigen Zeit üblich auch gleich optisch untermauern. Im Krankenhausbett reckte er den linken Daumen in die Höhe und grinste: „Hier ist alles unter Kontrolle“, schrieb er bei Twitter als Kommentar zu dem passenden Foto. „Vielen Dank an alle für die Nachrichten und die Unterstützung.“ Die hatte er in den Stunden zuvor aus der gesamten Fußballwelt bekommen. Sein früherer Verein Real Madrid schickte seinem „ewigen“ und „geliebten“ Kapitän in einer Mitteilung die besten Wünsche und „allen Mut der Welt“.

Ein anderer Fall versetzte 2018 die Fußballwelt noch mehr unter Schock: Davide Astori, italienischer Nationalspieler und Kapitän des Traditionsclubs AC Florenz, war vor dem Auswärtsspiel in Udine am 4. März tot in seinem Hotelzimmer gefunden worden. Landesweit wurden Spiele abgesagt, Kollegen aus ganz Europa kondolierten dem 31-Jährigen. Zu Ehren des Verteidigers haben sein Club Florenz und sein ehemaliger Verein Cagliari Calcio beschlossen, das Trikot mit der 13, der Rückennummer Astoris, nicht mehr zu vergeben. Er sei, hieß es später im Obduktionsbericht, an plötzlichem Herzversagen im Schlaf gestorben. Die Wahrscheinlichkeit eines solchen plötzlichen Herztodes ist bei Sportlern insgesamt etwas größer als beim normalen Menschen, weil der Kreislauf stärker belastet wird.

Khediras schnelles Comeback

Ein weiteres Beispiel dafür ist Marc-Vivien Foé. Am 26. Juni 2003 beim Confed Cup in Frankreich kollabierte Kameruns Nationalspieler im Halbfinale gegen Kolumbien ohne Fremdeinwirkung aufgrund eines Herzversagens. Ärzte behandelten den 28-Jährigen noch auf dem Spielfeld und kämpften eine Stunde lang um sein Leben. Im medizinischen Zentrum von Lyon konnte dann aber nur noch der Tod festgestellt werden. Ausgerechnet Lyon, wo Foé von 2000 bis 2002 bei Olympique spielte. Die Temperaturen auf dem Spielfeld hatten bis zu 37 Grad Celsius betragen. Die Schützlinge des damaligen deutschen Trainers Winfried Schäfer wussten von dem Tod ihres Mannschaftskameraden zunächst nichts und verteidigten die 1:0-Führung gegen Kolumbien bis zum Schluss.

Nicht so tragisch verlief der jüngste Fall von Sami Khedira. Der deutsche Ex-Nationalspieler musste sich am 20. Februar in Italien im Februar einer OP unterziehen, nachdem er sein Herz schneller schlagen hörte als gewöhnlich und sofort zum Arzt ging. Bereits einen Tag später wurde der 20 Minuten dauernde Eingriff vorgenommen. Der Weltmeister von 2014 wurde elektrophysiologisch untersucht, zudem wurde Herzmuskelgewebe verödet, um Rhythmusstörungen zu beseitigen. „Alles ist perfekt gelaufen und ich werde nach einer kurzen Pause zurück bei der Arbeit sein“, schrieb Khedira damals auf seiner Facebook-Seite. In der Tat: bereits Anfang März bestritt er wieder individuelles Training und am 6. April feierte Khedira sein Comeback auf dem Rasen. Der frühere Stuttgarter wurde in der 25. Minute für Emre Can eingewechselt, der sich am Knöchel verletzt hatte. „Khediras Comeback ist nach der Herzoperation mehr emotional als überzeugend“, kommentierte die „Gazzetta dello Sport“ diesen Tag, an dem unter dem Strich auch noch ein 2:1-Sieg gegen den AC Mailand stand.

Erster Profi mit Defibrillator

Nach mehreren Comeback-Versuchen hat Daniel Engelbrecht inzwischen schweren Herzens (Lebensmotto: „Nichts ist unmöglich“) seine Fußballkarriere beendet und den Weg als Trainer eingeschlagen. Der heute 28-jährige Stürmer war am 20. Juli 2013 in die Schlagzeilen geraten, als er im Drittligaspiel der Stuttgarter Kickers gegen Rot-Weiß Erfurt nach einem Herzstillstand auf dem Spielfeld zusammenbrach und reanimiert werden musste. In der Folgezeit wurden eine Herzmuskelentzündung und chronische Herzrhythmusstörungen diagnostiziert, die vier Operationen nach sich zogen, bei denen Engelbrecht unter anderem ein Defibrillator in den Brustkorb eingesetzt wurde. Das hinderte den Stürmer aber nicht daran, weiter fest an seine Karriere zu glauben. Welch Wunder: am 15. November 2014 absolvierte er sein Comeback als erster Fußballprofi in Deutschland, der mit einem Defibrillator aktiv am Leistungssport teilnimmt. Drei Wochen später erzielte er mit dem Siegtreffer zum 2:1 im Spiel gegen den SV Wehen Wiesbaden in der Nachspielzeit sein erstes Pflichtspieltor nach seinem Comeback, das bundesweit für Furore sorgte. Dennoch wurde sein Vertrag bei den Kickers im Januar 2015 aufgelöst. Über Alemannia Aachen und den TSV Steinbach landete er schließlich bei RW Essen, wo Engelbrecht erneut Herzprobleme bekam und auf Rat der Ärzte im Oktober 2017 seine Karriere beendete. Aktuell ist er Co-Trainer der A-Junioren bei seinem Ex-Verein VfL Bochum.

Wann der jüngste Fall der Herzpatienten im Fußball sein Comeback gibt, ist offen – in dieser Saison wird es für Iker Casillas nichts mehr werden. Doch wichtig ist zunächst einmal, dass sich der Torhüter außer Lebensgefahr befindet. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Pro Jahr sterben bis zu 1000 Sportler am plötzlichen Herztod.