Die Sterblichkeit durch Herzerkrankungen ist angestiegen. Das zeigt der aktuelle Bericht der Deutschen Herzstiftung. Foto: dpa

Der Deutsche Herzbericht 2017 zeigt: Mehr Bundesbürger sterben an Herzschwäche, Rhythmusstörungen und Klappenerkrankungen. Ein weiteres Ergebnis: Zwar erkranken Frauen deutlich später als Männer an Herz-Kreislauferkrankungen, dafür ist die Sterblichkeit im Vergleich zu Männern höher.

Frankfurt -

Herr Katus, entgegen dem Trend der beiden vorausgegangenen Jahre gab nun einen leichten Anstieg bei fast allen Herzerkrankungen. Wie erklären Sie sich das?
Das hat mit der verbesserten Akutversorgung bei Notfällen – wie etwa dem Herzinfarkt – zu tun. Durch die besseren Therapien können wir sehr viel mehr Menschen retten, allerdings kann durch den Verlust von Herzmuskel eine Kraftminderung zurückbleiben. Über die Jahre kann dies zu einer Vergrößerung des Herzens, Undichtigkeit der Herzklappen und weitere Abnahme der Herzkraft und durch Überlastung bedingte ausgelösten Herzrhythmusstörungen. Eine andere Ursache der Zunahme von Herzkrankheiten sind die degenerativen Veränderungen durch eine erhebliche Belastung. Die verkalkte Aortenstenose etwa ist eine typische Erkrankung des Alters
Ist Ihr Lob an die verbesserte Akutbehandlung also zugleich als Kritik an der offensichtlich mangelnden Prävention zu verstehen?
Wir Ärzte bemühen uns immer sehr darum, Krankheiten zu heilen und neue Therapiemethoden zu entwickeln, haben aber leider aber wenig Zeit für präventive Ansätze. Das haben wir als Fachgesellschaft verstanden und wollen hier aktiver werden. Allerdings sind die Risikofaktoren ja hinlänglich bekannt: Mangelnde Bewegung, Diabetes, Rauchen und unausgewogene Ernährung. Ein wichtiger- aber nicht modifizierbarer Risikofaktor, ist der familiäre Hintergrund: Wer Eltern hat, die schon einmal einen Schlaganfall oder Herzinfarkt hatten, sollte wissen, dass auch er selbst Gene in sich tragen kann, die eine solche Erkrankung auslösen können. Da muss jeder Einzelne und die Familie aufmerksamer werden.
Zwar erkranken Frauen deutlich später als Männer an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, dafür ist die Sterblichkeit im Vergleich zu Männern höher. Was sind die Gründe dafür?
Frauen und Männer haben eine andere genetische Ausstattung, sie haben auch einen unterschiedlichen Lebensstil – beides führt dazu, dass Herzen von Frauen und Männern verschieden auf Krankheiten reagieren. Auch die Krankheitswahrnehmung ist eine andere. Ein Problem, das auch Ärzte nicht immer im Blick haben. So werden Frauen häufig untertherapiert, die Medikamente werden niedriger dosiert, und sie werden seltener per Herzkatheter behandelt oder operiert. Ein weiterer wichtiger Punkt: Frauen nehmen häufig ihre Beschwerden nicht so wichtig. Das heißt: Sie gehen auch nicht gleich zum Arzt, was häufig dazu führt, dass sie im Alter eine Herzerkrankung – insbesondere die Herzschwäche – entwickeln.
Deutlich wird, dass herzchirurgische Eingriffe sich eher im Alter häufen. Bleiben die Menschen länger gesund oder werden medikamentöse Therapien immer besser?
Wir haben viele Fortschritte in der Herzmedizin erzielt – etwa in der medikamentösen Behandlung und auch bei Therapien mit Katheter. Das hilft, herzchirurgische Behandlungen zu verzögern und für die Patienten ein längeres Leben in guter Qualität trotz ihrer Erkrankung sicher zu stellen. Die optimale Behandlung der älter werdenden Patienten ist ein große Herausforderung für die Fachgesellschaft, die auch für Hochbetagte sehr gute therapeutische Konzepte entwickeln muss.

Der Herzbericht 2017 kann kostenfrei unter herzstiftung.de/herzbericht angefordert werden. Infos für Betroffene mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen bietet die Herzstiftung per Telefon 069/955 128 400 oder im Netz, herzstiftung.de