Es klemmt in den Herrenberger Kitas, weil es an Erzieherinnen fehlt. Foto: factum/Archiv

Die Stadt Herrenberg will die Kita-Gebühren für Familien erhöhen. Diese wehren sich und fordern weniger Ausfall.

Böblingen - Wie viel Geld ist einer Kommune die Kinderbetreuung wert? Und was kann sie den Eltern an Gebühren zumuten? Über diese Fragen ist in Herrenberg (Kreis Böblingen) ein Streit entbrannt. Die Stadtverwaltung möchte zum kommenden Kindergartenjahr im September erneut die Gebühren um drei Prozent anheben. Dagegen gibt es Proteste von Eltern, welche die jetzigen Gebühren sowieso schon als zu hoch kritisiert. Zudem stimme die Qualität der Betreuung nicht, es gebe viel zu viele Ausfälle, klagen sie.

Am kommenden Dienstag muss der Gemeinderat entscheiden, ob er der Vorlage der Stadtverwaltung für die Gebührenerhöhung zustimmen will oder nicht. Auch im Gremium herrscht darüber keine Einigkeit, wie die Diskussion am Montagabend im Verwaltungsausschuss zeigte. Die SPD hält die momentanen Betreuungskosten für die Eltern für zu hoch. „Wir bewegen uns im oberen Bereich vergleichbarer Städte“, sagte Sarah Holczer für ihre Fraktion. Sie forderte eine Aussetzung der Gebührenerhöhung, „bis wir uns im mittleren Bereich befinden“.

Verlässlichkeit bei der Betreuung

Auch die Grünen beantragten eine vorläufige Aussetzung der geplanten Beitragsanhebung. Die Freien Wähler und die CDU stimmen der Erhöhung grundsätzlich zu, wollen aber Erleichterungen für Familien mit geringem Einkommen. Alle drei Anträge werden am Dienstag behandelt.

Einig sind sich aber alle Fraktionen, dass die Verlässlichkeit bei der Betreuung besser werden muss. Es gab in den vergangenen Monaten in einigen Einrichtungen immer wieder reduzierte Öffnungszeiten. Besonders betroffen war die Kita Alzental, die über Wochen am Nachmittag früher schloss. „Zum Teil erhielten die Eltern am Abend vorher eine E-Mail. Das hat den Familien große Probleme gemacht“, sagt Sandra Bast vom Vorstand des Herrenberger Gesamtelternbeirats.

Das größte Problem in Herrenberg ist der Personalmangel. Doch damit steht die Stadt nicht alleine da. Erzieherinnen werden landauf, landab händeringend gesucht. Den Vorschlag der Grünen-Chefin Maya Wulz, Fachkräfte mit Boni anzulocken, lehnte der Oberbürgermeister Thomas Sprißler aber ab. Das sei kontraproduktiv. „Herrenberg zahlt 500 Euro, Böblingen 600 und Sindelfingen 700 Euro.“ Er plädierte dafür, andere Anreize zu schaffen, um Personal anzuwerben. Er setzt dabei vor allem auf gute Arbeitsbedingungen. „Wir haben in Herrenberg schon die Gleichstellung von Erst- und Zweitkräften und mehr Verfügungsstunden.“ Doch offenbar reicht das nicht aus, um den Fachkräftemangel zu beheben. Die SPD fordert daher in ihrem Antrag auch „die Qualifizierung von fachfremden Kräften“.

Problem für Geringverdiener

Das Ärgernis ist aus Elternsicht auch mit mehr Personal nicht vom Tisch. „Die Gebühren sind zu hoch“, sagt Sandra Bast. Sie selbst zahlt für zwei Kinder mehr als 400 Euro pro Monat. Ihre Kollegin Tamara Gross aus Haslach berichtet von Familien, die für die Betreuung eines unter Dreijährgen inklusive Mittagessen mehr als 600 Euro pro Monat zahlen. „Das ist für viele in Herrenberg nicht mehr tragbar“, sagt Sandra Bast.

Für die Freien Wähler und die CDU ist es vor allem ein Problem für Geringverdiener, die nicht vom Jugendamt die Kosten erstattet bekommen. „Gerade die Familien, die knapp über der Einkommensgrenze liegen, müssen wir entlasten“, sagte Thomas Deines, der Chef der Freien Wähler. Er forderte von der Stadtverwaltung, bis zur Gemeinderatssitzung ein Konzept dafür vorzulegen. Zudem möchte er die Familien entschädigen, wenn in einer Kita immer wieder Betreuungszeiten gekürzt werden. Dies versprach Sprißler.

Der Oberbürgermeister hielt ein langes Plädoyer für die Gebührenerhöhung. „Wünschenswert wäre, dass die Betreuung komplett frei ist“, sagte er. Aber das könne sich Herrenberg nicht leisten. Auch Vergleiche mit anderen Städten seien schwierig. „Wir gehören im Kreis Böblingen zu den finanzschwächeren Kommunen.“

In Heilbronn kostet die Kita für die Eltern nichts

Heilbronn:
Auch der Besuch einer Kindertageseinrichtung gehöre zur Bildung, argumentieren Pädagogen. Deshalb müssten Kindergärten für Eltern genauso kostenlos sein wie der Schulbesuch. Einige Städte haben dies bereits umgesetzt. In Hamburg ist seit vier Jahren der Kitabesuch frei: für fünf Stunden am Tag. In Baden-Württemberg ist Heilbronn die einzige Stadt, die Kinder zwischen drei und sechs Jahren komplett kostenlos betreut – und das bereits seit zehn Jahren. Die Eltern zahlen lediglich einen Beitrag fürs Essen und für zusätzliche Angebote wie Sport.

Böblingen:
In Böblingen greift die CDU das Thema kostenlose Kita auf. Am 13. Juli lädt sie zu einer Podiumsdiskussion in den Treff am See, Poststraße 38, ein. Es diskutiert ein Vertreter des Heilbronner Gemeinderats mit zwei CDU-Räten des Böblinger Gremiums. Die Veranstaltung beginnt um 19.30 Uhr.

Ausbau:
Kräftig ausgebaut haben in den vergangenen Jahren alle Städte und Kommunen ihr Betreuungsangebot. Doch das reicht nicht aus. In Böblingen seien die Kitas zu 97 Prozent ausgelastet, sagt der Sozialamtsleiter Klaus Feistauer. Deshalb plant die Stadt weitere Kitas. Allerdings kämpft man auch bisher schon mit Personalproblemen. Die Kita am Herdweg konnte in den ersten Monaten nur teilweise öffnen, weil nicht genügend Erziehrinnen da waren.

Personal :
Angegangen wird das Personalproblem in Böblingen mit verstärkter Ausbildung. Gut angenommen wird die sogenannte PIA-Ausbildung, bei der die Auszubildenden von Anfang an Geld erhalten