Mit dem Abriss der Umkleidekabinen wird der Umbau des alten Freibads unübersehbar. Foto: factum/Granville

Das alte Freibad wird zum Freizeitpark umgebaut; nicht nur, aber insbesondere für die Jugend. Alt eingesessene Herrenberger hegen eine nostalgische Zuneigung zu dem 1931 eröffneten Bad.

Herrenberg - Die Ideen der Jugend waren vielfältig: Leinwand ausrollen, Projektor aufstellen, fertig ist das Freiluftkino. Oder Rampe aufbauen, Hindernisse aufstellen – und fertig ist die Skateranlage. Aus beiden wird wohl nichts, denn sowohl das Kino als auch den Skatepark wollten Herrenbergs Jugendliche im Becken des alten Freibads aufbauen. Doch dessen Wände bröseln. Jede weitere Belastung würde die Risse im Beton vergrößern. Mit einiger Sicherheit würde in ein bis zwei Jahren Wasser ins Becken sickern, denn dessen Boden ruht nur knapp über dem Grundwasserspiegel. So hat es ein Statiker festgestellt und geraten, den Beton herauszureißen und das Loch zuzuschütten.

„Wir prüfen das noch, aber wie es aussieht, ist das Becken nicht zu halten“, sagt Stefan Kraus, der Chef der Abteilung Technische Dienste in Herrenberg – jedenfalls nicht zu einem akzeptablen Preis. Der Boden müsste geteert, die Wände müssten saniert werden. „Das käme einem Neubau gleich“, sagt Kraus. Außerdem müsste das Becken umzäunt werden, und ein zweiter Fluchtweg fehlt. Ungeachtet dessen wird das Freibad zum Freizeitpark umgebaut. Was an diesem Freitag sichtbar wird: Die Umkleidekabinen werden abgerissen.

Eine Auktion belegte die nostalgische Verbundenheit

Im September 2014 war der Betrieb aufgegeben worden. Im darauffolgenden Mai wurde das neue Naturfreibad eröffnet. Das Ende des im Jahr 1931 eröffneten Bades nach 83 Jahren stimmte zumindest Alteingesessene schwermütig. Sie, ihre Eltern und womöglich schon ihre Großeltern hatten in dem mit blauer Kautschukfarbe beschichteten Becken das Schwimmen gelernt. Die Verbundenheit belegte am letzten Öffnungstag eine Auktion: Die Finanzbürgermeisterin Gabrielle Getzeny versteigerte bei Nieselregen alle erdenklichen Utensilien, von der Sanitätsliege bis zu den Türen der Umkleidekabine. Mit Ausnahme eines Klettergerüstes, für das Getzeny 3200 Euro Mindestgebot aufrief, fanden alle Erinnerungsstücke einen Abnehmer.

Entsprechend schockiert waren die Herrenberger, als im Juni 2015 die historische Holzfassade in Flammen stand. Von ihr blieben nur verkohlte Reste. Selbst der Oberbürgermeister Thomas Sprißler eilte nachts um zwei an den Brandort, als sei mit vereinten Kräften noch etwas zu retten. Die Polizei argwöhnte, dass Brandstifter das Feuer gelegt hätten. Denn ein Zeuge hatte drei Jugendliche davonrennen sehen, bevor die Flammen zu züngeln begannen. Der Plan, die Fassade als Eingang zu einem noch zu bauenden Stadtpark weiterzuverwenden, war jedenfalls dahin.

Ideen für den neuen Park sind willkommen

In Zukunft soll das Gelände vor allem Jugendlichen als Treffpunkt dienen. Allerdings „kann sich selbstverständlich auch der Stadtseniorenrat dort versammeln“, betont Kraus. „Das soll eine Spielwiese für alle Bürger sein.“ Die Gestaltung ist noch weitgehend offen. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird das alte Becken so verfüllt, dass die Oberfläche befestigt und wasserdicht ist. So könnte dort beispielsweise ein Festzelt aufgestellt werden. Kraus harrt der Ideen; jede sei willkommen, versichert er. Herrenberger Jugendliche haben bei ihrem jährlichen Forum bereits ihre Wünsche skizziert und schon einmal Möbel aus Holzpaletten gebaut, auf denen sie es sich im neuen Park gemütlich machen wollen.

Ob sich auch nachfolgende Generationen auf der Wiese tummeln werden, ist ungewiss. Vorerst hat der Park für acht Jahre Bestandsschutz, höchstens für zehn. Womöglich wird das Gelände danach zu Bauland. Darüber hat der Gemeinderat noch nicht entschieden, genauso wenig wie über den Abriss des Beckens. Durchlaufen die Pläne die Gremien reibungslos, könnte das Gelände noch vor den Sommerferien eröffnet werden. „Das ist das ehrgeizige Ziel“, sagt Kraus. Widerstand ist nicht zu erwarten, aber die Kosten für die Zwischenlösung sollen möglichst niedrig bleiben. Deshalb hofft die Verwaltung bei der Beseitigung eines womöglich dringenden Problems auf Bürgerhilfe: Die alten Toiletten des Bades stehen zwar noch, sind aber unbenutzbar. Finden sich Kundige, die sie im Ehrenamt wiederherstellen, soll das Material aus der Stadtkasse bezahlt werden.