Aktionen für behinderte Menschen gibt es viele, zum Alltag ist Inklusion aber noch nicht geworden. Foto: Baumann

Eins, zwei, drei: Der Behindertenbeauftragte des Kreises bewirbt sich für eine dritte Amtszeit, obwohl schon nach der ersten Schluss sein sollte. Der Landrat ist darüber so froh, dass er sogar auf Geld verzichtet. Das gefällt nicht jedem.

Ludwigsburg - Eckart Bohn ist mit seiner Arbeit als Behindertenbeauftragter relativ zufrieden. Täglich bietet er eine zweistündige Sprechstunde im Landratsamt an, er hält Vorträge in Kommunen, nimmt an Fachveranstaltungen teil und wird nicht müde, die Bürgermeister darauf hinzuweisen, dass sie bis zum 1. Januar 2022 alle Haltestellen barrierefrei umgestalten müssen. „Das Thema ist inzwischen in jedem Ort angekommen“, sagt Eckart Bohn. Das sei nicht in jedem Landkreis so. Langweilig wird dem Behindertenbeauftragten des Landkreises trotzdem nicht werden. Der Durchbruch zur Selbstverständlichkeit der Inklusion sei noch nicht zu sehen, sagt Bohn.

2000 Euro für ein Ehrenamt

Möglicherweise könnte er ein bisschen schneller erreicht werden, wenn der Beauftragte eine volle hauptamtliche Stelle hätte, statt der jetzigen halben ehrenamtlichen. Doch daran hatten weder Bohn, noch die Mehrheit des Kreistags, der ihn gewählt hat, Interesse. Und, Stand jetzt, wird sich daran nichts ändern – obwohl Eckart Bohn, der inzwischen 76 Jahre ist, sein mit 2000 Euro vergütetes Ehrenamt längst abgegeben haben wollte.

Als Bohn 2015 in das neu vorgeschriebene Amt gewählt wurde, wollte er nur eine Amtszeit machen. Möglicherweise war diese Vorsicht der Diskussion im Vorfeld geschuldet. Die Grünen hatten heftig kritisiert, dass die Stelle nicht ausgeschrieben, sondern quasi durch die Hintertür mit dem Wunschkandidaten des Landrats Rainer Haas besetzt worden war. Nach Ablauf der ersten zwei Jahre machte Eckart Bohn dann doch weiter – gewählt von der Mehrheit, kritisiert von Grünen. Und von Antonio Florio, dem Vorsitzenden des Vereins „Selbstbestimmt Leben im Landkreis Ludwigsburg“.

Die Kosten übernimmt das Land

Aus Ärger über das intransparente Verfahren hat er sich 2017 selbst für das Amt beworben – ohne eine Reaktion der Kreispolitiker zu bekommen. „Das hat mit Inklusion nichts zu tun“, sagt Antonio Florio, der selbst behindert ist. Dieses intransparente Vorgehen dürfe sich nicht ein weiteres Mal wiederholen.

Doch genau so könnte es kommen. Eckart Bohn will eine dritte Amtszeit absolvieren. „Warum nicht?“, fragt er rhetorisch. „Ich bin munter und fidel.“ Weil diese verantwortungsvolle Position mit einer halben Stelle nicht zu machen sei – wie Brigitte Muras sagt, die Fraktionschefin der Grünen im Kreistag. Tatsächlich ist der Landkreis Ludwigsburg der einzige in der Region – und einer von wenigen im Land –, die auf einen ehrenamtlichen Behindertenbeauftragten setzt. Und darauf verzichtet, eine Auswahl an qualifizierten Bewerbern zu haben. In Stuttgart zum Beispiel sind auf die öffentliche Ausschreibung mehr als 50 Bewerbungen eingegangen. Der Kreis verzichtet zudem indirekt auf Geld: Das Gehalt einer hauptamtlichen Vollzeitkraft übernimmt das Land; ebenso wie die Aufwandsentschädigung für die ehrenamtliche Teilzeitstelle.

Eine seltene Kombination

Man müsse nicht mehr Geld ausgeben, wenn man für weniger eine „hervorragende Lösung“ finde, hält der Landrat Rainer Haas dagegen, der Eckart Bohn einen „Glücksfall für den Landkreis“ nennt. Bohn, der viele Jahre in leitender Position beim Landeswohlfahrtsverband gearbeitet hat, zähle zu den „herausragenden Fachleuten“. Seine kommunalpolitische Erfahrung – Bohn saß für die SPD im Gemeinderat und im Kreistag – erweise sich zudem als außerordentlich hilfreiche Kombination. „Wir hören nur Lob.“

Brigitte Muras betont, dass sich die Grünen nicht an Eckart Bohn persönlich stören. Tatsächlich habe er gute Voraussetzungen. Dennoch werde ihre Fraktion nach der Sommerpause wieder einen Antrag stellen und die öffentliche Ausschreibung einer hauptamtliche Stelle fordern: „Wir wollen das Beste für den Kreis.“

Eckart Bohn sagt, dass nichts gegen die hauptamtliche Ausübung des Amtes spreche. Er komme dafür aber nicht in Frage.