Judith Caspari und Milan von Waardenburg spielen die Hauptrollen im Musical „Anastasia“, das am 15. November Premiere feiert Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Die Königinnen Olga und Katharina haben viel Gutes in Stuttgart getan. Nun wird Anastasia gefeiert, eine weitere Zarentochter. Am Montagabend haben sich die beiden Hauptdarsteller des neuen Musicals beim Herbstempfang der Stage Entertainment im Apollo-Theater überzeugend präsentiert.

Stuttgart - Der Mythos um die jüngste Tochter des letzten russischen Zaren fasziniert Judith Caspari, die Hauptdarstellerin des Musicals „Anastasia“, seit Kindheitstagen. „Ich habe tonnenweise Bücher über die Romanov-Familie“, sagt die 24-Jährige, die kürzlich in Essen ihr Musikstudium an der Folkwang-Universität abgeschlossen und am Montagabend beim Herbstempfang der Stage Entertainment im Foyer des Apollo-Theaters Stadtpromis und Multiplikatoren die russische Seele nähergebracht hat.

Ihre Großmutter stammt aus dem ehemaligen Ostpreußen, was das Interesse der jungen Frau an der russischen Geschichte schon früh weckte. Ganz bewusst hat sich die Stage Entertainment für Stuttgart entschieden, um in der einstigen Heimat der beiden Zarentöchter und Königinnen Olga und Katharina sowie in der deutschen Hauptstadt des Ballettwunders am 15. November die Deutschland-Premiere eines Broadway-Erfolgs zu feiern, der Elemente des klassischen Balletts mit Musical verbindet.

„Der Vorverkauf läuft so gut wie zuletzt bei ,Mary Poppins’“, berichtet Jürgen Marx, der für den Süden zuständige Gebietsdirektor der Stage Entertainment. Aus den Vorverkaufsstellen hört er, dass die überwiegend weiblichen Käuferinnen der Karten so jung sind wie noch nie bei einem Stuttgarter Musical. Der Zeichentrickfilm „Anatasia“ scheint bei vielen unvergessen.

Die Legende um Anatasia hielt sich lange

Über den inhabergeführten US-Medienkonzern Advance Publications („Vanity Fair“), der den Stage-Konzern vollständig aufgekauft hat, sagt Marx nur Gutes. Die Übergabe des Firmengründers Joop van den Ende an die neuen Besitzer in Amsterdam ist für die Mitarbeiter via Internet live übertragen worden. Die neuen Eigentümer hatten bisher mit Entertainment nichts zu tun. Da die Zukunft von Zeitungen und Zeitschriften ungewiss ist, wenden sie sich neuen Geschäftsfeldern zu.

Wie war das nun mit Anastasia? Die Legende, wonach die jüngste Zarentochter die Tötung ihrer Familie in der Novemberrevolution von 1918 überlebt hat, hielt sich lange. Als 1994 die Leichen der Romanows exhumiert wurden, fehlten tatsächlich zwei. In den USA behauptete Anna Anderson, über Jahrzehnte die Zarentochter Anastasia zu sein. Erst 2008, zehn Jahre nach ihrem Tod, konnte eine DNA-Untersuchung zweifelsfrei klären, dass sie nicht mit dem Zarengeschlecht verwandt gewesen sein konnte. Schon damals war die neue Methode so weit fortgeschritten, dass man einen DNA-Test an beliebigem menschlichem Material durchführen konnte.

„Die Charaktere dieser Familie finde ich spannend, weil es sich dabei um keine heile Disney-Familie handelt“, sagt Hauptdarstellerin Judith Caspari, „sondern eine echte und brutale Zarenfamilie.“ Die Töchter hätten für sie „immer etwas Magisches“ gehabt. Beim Herbstempfang sang die 24-Jährige an der Seite von Milan von Waardenburg, der noch bei „Der Glöckner von Notre Dame“ mitwirkt und bei „Anastasia“ künftig die Hauptrolle des Dimitri übernimmt.

Am selben Abend startet Palazzo auf dem Wasen

Aus dem Kleinganoven Dimitri wird in der Show der Prinz an der Seite der angeblichen Zarentochter. Das Publikum, sagt von Waardenburg, könne sich freuen auf „ein klassisches Bühnenbild und pompöse Kostüme einerseits sowie auf die Verschmelzung mit den heute möglichen Technologien andererseits, etwa mit einer gigantischen LED-Wand und fantastischen Projektionen“. Zieht die russische Seele in Stuttgart wieder einmal die Menschen in den Bann? Die Freude auf die Premiere am 15. November ist groß – nicht aber bei allen wegen einer Terminüberschneidung. Am selben Abend will in Stuttgart das Dinner-Zelt Palazzo mit Harald Wohlfahrt starten.

Die Uraufführung von „Anatasia“ fand am 13. Mai 2016 in Hartford statt. Am Broadway wird die Show über den widerlegten Mythos um die Zarentochter seit April 2017 nach dem Vorbild des gleichnamigen Zeichentricksfilms mit großem Erfolg gespielt. In Stuttgart findet die Premiere am Donnerstag, 15. November, statt.