Walter Bauer Foto: factum/Granville

Walter Bauer hat als Einziger im Hemminger Gemeinderat den Etat 2018 abgelehnt – und nicht mit seiner Fraktion gestimmt. Der Chef der Christdemokraten hält auch sonst nichts von Linientreue.

Hemmingen - Er ist der Chef der größten Fraktion im Gemeinderat – und ärgert sich nicht nur darüber, dass die Kommunen durch Entscheidungen von Bund und Land bestimmt werden. Walter Bauer will, dass Spielräume vor Ort ausgenutzt werden, zum Beispiel bei der Kinderbetreuung.

Herr Bauer, Sie ärgern sich seit Längerem über die Christdemokraten. Ist die CDU noch Ihre Partei? Sie waren ja mal bei den Freien Wählern.
Das ist eine gute Frage. Auf kommunalpolitischer Ebene spielt die Parteizugehörigkeit nur eine sehr untergeordnete Rolle – zumal in einer Kommune in der Größe von Hemmingen. Da hat das ein anderes Gewicht. Hier werden Personen gewählt und weniger die Parteizugehörigkeit. Bundespolitisch habe ich ein riesengroßes Problem mit der CDU – seit Längerem. Die CDU wurde durch die Politik von Frau Merkel programmatisch entkernt.
Wie meinen Sie das?
Ich kann die wesentlichen Inhalte der CDU nicht mehr erklären. Frau Merkel hat die CDU soweit sozialdemokratisiert, dass sie nach allen Seiten koalitionsfähig ist. Die SPD ist so schwach geworden, weil Merkel fast alle Positionen übernommen hat – vom Mindestlohn bis zur Schwulen-Ehe. Der Wähler, auch der der Grünen, muss sich in der Zwischenzeit ganz genau überlegen, warum er die CDU nicht wählen soll.
Und Sie wollen Konservativer bleiben?
Selbstverständlich. Ich bin und bleibe ein Wertkonservativer – das heißt für mich: das Gute bewahren und offen sein für Neues. Ich bin nicht der Typ dafür, immer auf dem alten Standpunkt zu bleiben. Drei Dinge haben die CDU groß gemacht: das Christlich-Soziale, das Liberale und das Konservative. Das macht die CDU aus. Die Konservativen fühlen sich in der CDU nicht mehr zuhause. Ich habe das letzte Mal nicht die CDU gewählt.
Bitte sagen Sie das noch einmal.
Ich habe das letzte Mal nicht die CDU gewählt. Weil ich diese Partei nicht mehr wählen konnte.
Das sagt der CDU-Gemeinderatschef.
Ich habe das schon oft öffentlich gesagt. Das ist auch der Grund, warum ich noch in der Partei bin: Ich möchte in den Versammlungen die Stimme der Konservativen erheben. Das beschränkt sich nicht auf die Flüchtlingspolitik. Das ist ein Punkt. Die Steuern sind ein anderer. Es ist ein Unding, dass der Staat seit einigen Jahren im Geld schier ersäuft, Milliarden Überschüsse macht und zu denen, die schon länger hier leben, sagt, für Steuerentlastung haben wir kein Geld. Und dann hat man in fünf Jahren 100 Milliarden für Flüchtlinge übrig.
Ist der Hemminger Gemeinderat noch Ihr Gremium?
Was denn sonst? Ich bin Hemminger, ich bin hier geboren, lebe hier und werde hier beerdigt werden. Hemmingen ist meine Heimatgemeinde, zu der ich eine intensive Verbindung habe. Ich bin Landwirt, erfreue mich täglich an der Natur. Da ist es für mich selbstverständlich, die Zukunft der Gemeinde mit zu gestalten. Das ist ein großes Hobby von mir als Ausgleich zum Alltag.
Es gibt doch aber ein „Aber“. Oder?
Die Bestimmung von außen in vielen Punkten verdirbt mir ein Stück weit die Lust an der Kommunalpolitik. Wir reden immer von der Politik des Gehörtwerdens – müssen aber Anweisungen von oben umsetzen, ohne Einfluss darauf nehmen zu können.
Sehen Sie sich „nur“ als kritischen Gemeinderat oder stecken tiefere Zerwürfnisse hinter Ihrem Agieren im Gremium? Sie kabbeln sich ja auch regelmäßig mit der SPD.
Ich sehe mich nicht als so kritischen Gemeinderat. Und ich kabbele mich auch nicht mit der SPD oder suche die direkte Konfrontation, denn das hat keinen Sinn. Wir sollten uns nur noch in der Sache auseinandersetzen, zumal SPD und CDU in den letzten Haushaltsberatungen in vielen Punkten gemeinsam gestimmt haben. Das hat uns überrascht.