Die Hemminger Grundschule muss dringend saniert werden – nur ein Posten im Haushalt der Gemeinde. Foto: factum/Granville

Die Gemeinderäte beschließen den Haushaltsplan – gegen die Stimme des CDU-Fraktionschefs Walter Bauer. Er will die Kosten für die Flüchtlingsunterbringung nicht mittragen – und fordert weniger Ganztagesbetreuung in den Kindergärten.

Hemmingen - Der Hemminger Haushalt ist verabschiedet – mit einer Gegenstimme des CDU-Fraktionschefs Walter Bauer. „In der Finanzplanung sind die Investitionen für die Flüchtlingsunterbringung der größte Einzelposten“, sagte er. Doch die Bundesregierung erstatte den Kommunen nicht die Kosten dafür. „Ich bin nicht bereit, die Verantwortung für die Folgekosten der Politik der planlosen Massenmigration mitzutragen“, sagte er.

Schulden muss die Gemeinde zwar auch dieses Jahr keine machen. Wirklich glücklich wirkte aber kein Kommunalpolitiker mit dem Haushaltsplan. Oder um es mit den Worten von Sabine Waldenmaier zu formulieren, sie hielt für die Freien Wähler die Haushaltsrede: „Leider profitieren nicht alle Kommunen in gleichem Maße vom Konjunkturmotor. Manche Kommunen hängen nur an einem Tropf – wie die unsrige.“ Drei Millionen Euro könne die Gemeinde nicht durch Einnahmen decken, sondern müsse dafür an die Rücklagen gehen. „Es stimmt uns bedenklich, dass wir in den ‚fetten’ Jahren zum Haushaltsausgleich auf Rücklagen zurückgreifen müssen“, findet Waldenmaier. Das „zähe Ringen um Einsparungen“ habe Hemmingen nicht wirklich weitergebracht. Aus Sicht der Liberalen Barbara von Rotberg habe die Gemeinde das Glück, dass sie auch in den „fetten Jahren sparsam gewirtschaftet“ habe.

Hemmingen will keine Stromtankstelle betreiben

Mögliche Lösungen müssten erst noch gefunden werden, sagte Waldenmaier. Etwa für die Frage nach Gewerbeansiedlung, ohne weitere nennenswerte Flächen im Gewerbegebiet zu haben. „Wir sollten innovative Ideen aufgreifen, wenn sie uns Nutzen bringen können“, so Waldenmaier – selbst wenn das bedeuten könne, Infrastruktur bereitzustellen, zu der Hemmingen nicht verpflichtet sei: „Um morgen noch mithalten zu können, bedarf es mehr, als nur vorausschauend Leerrohre zu verlegen. Manches hätte es trotz aller berechtigter Bedenken verdient, dass zumindest noch mal darüber nachgedacht wird.“

Waldenmaier spielte damit auf einen Antrag ihrer Partei im Zuge der Haushaltsberatungen an: Hemmingen könne selbst eine Stromtankstelle betreiben, denn Elektromobilität werde immer wichtiger. Der Antrag wurde aber abgelehnt.

Indes warf die SPD-Fraktion der Verwaltung vor, bei den Prognosen bewusst Tatsachen wegzulassen und „auf Teufel komm raus zu dramatisieren“, um Gebührenerhöhungen wie die für die Kinderbetreuung im vergangenen Juli leichter zu rechtfertigen. „Wir sehen die mittelfristige Gesamtsituation günstiger an, als von der Verwaltung vorgegeben und von den anderen Fraktionen nachgekaut. Mit unserer Betrachtung sind wir bisher immer gut gefahren“, sagte Gerhard Stahl. Ihm zufolge schrumpfe laut Verwaltung die Summe der liquiden Mittel von derzeit mehr als 21 auf 3,5 Millionen Euro Ende 2021.

SPD für gebührenfreie Kitas

Stahl kritisierte unter anderem, dass die Verwaltung bei der Berechnung der Steuereinnahmen von einer Einwohnerzahl ausgegangen sei, die schon jetzt überschritten sei. „Ich komme Ende 2021 auf liquide Mittel von rund sieben Millionen Euro, also genau doppelt so viel wie prognostiziert“, sagte Stahl, der aber auch den Blick in die Zukunft richtete. So wollen sich die Sozialdemokraten weiter für bezahlbaren Wohnraum und sozialen Wohnbau einsetzen, für die Ausweisung neuer Baugebiete – oder für gebührenfreie Kitas.

Insgesamt war die Kinderbetreuung ein großes Thema, zieht sie doch fast 60 Prozent der Personalkosten nach sich. „Die Betreuung im Vorschulalter kostet Hemmingen im Jahr rund sechs Millionen Euro. Nur schweren Herzens haben wir die Erhöhung der Gebühren beschlossen“, sagte Barbara von Rotberg (FDP).

Notfalls muss eine Beratungsagentur helfen

Angesichts der Kosten fürchtet der CDU-Sprecher Walter Bauer: „Wenn es uns nicht gelingt gegenzusteuern, droht dieser Teil so dominant zu werden, dass uns der Freiraum an anderer Stelle fehlt.“ Daher müssten alle „gewohnte Komfortzonen“ verlassen. Die Flexibilität und Wahlfreiheit für Eltern bedeuteten einen erhöhten Aufwand für die Gemeinde.

Der CDU-Mann fordert, dass nicht mehr jede Einrichtung ganztags offen sein soll. Bauer findet klare Worte: „Wir erwarten, dass die Verwaltung Vorschläge prüft, die nicht überall Freude auslösen.“ Werde die Arbeitsgruppe Kinderbetreuung keine Ergebnisse liefern, weil die Verwaltung jede Veränderung ablehne, will die CDU eine Beratungsagentur beauftragen.

Der Haushalt 2018 in Zahlen – Debatte um feuchte Grundschule geht weiter

Personalkosten Ausgaben von knapp 20 Millionen Euro stehen Einnahmen von rund 17 Millionen Euro gegenüber. Hemmingen holen bei der Berechnung der Umlagezahlungen die Steuernachzahlungen ein, die die Gemeinde 2016 erhalten hat: Sie muss 7,2 Millionen Euro Umlagen und acht Millionen Euro Transferaufwendungen zahlen. Zu schaffen machen ihr auch hohe Personalkosten von 7,2 Millionen Euro – 40 Prozent aller Ausgaben. Davon fließen 4,3 Millionen in die Kinderbetreuung. Diese Kosten haben sich seit 2011 verdreifacht.

Gewerbesteuer Hemmingen nimmt fünf Millionen Euro Gewerbesteuer ein. 2017 hatte die Gemeinde nicht einmal 2,2 Millionen Euro verbucht – dabei rechnete sie mit 3,6 Millionen. Die Gewerbesteuer liegt mit 380 Punkten laut CDU „deutlich über dem Kreisdurchschnitt von 356 Punkten“. Die Grundsteuer B (für Grundstücks- und Hausbesitzer) steigt von 300 auf 340 Punkte.

Investitionen 5,3 Millionen Euro werden in Baumaßnahmen investiert. Für das Feuerwehrgerätehaus sind noch zwei Millionen Euro veranschlagt, für den Bau von Unterkünften für Flüchtlinge und Obdachlose 1,5 Millionen Euro. 400.000 Euro kostet die Fertigstellung der Kita im Neubaugebiet Hälde, für die Bahnunterquerung zur Hälde sind 700.000 Euro veranschlagt. Die Sanierung der Seestraße soll 400.000 Euro kosten.

Feuchte Grundschule Der seit Jahren bekannte Wassereintritt in die Grundschule durch das Flachdach wurde bei der jüngsten Gemeinderatssitzung erneut heftig diskutiert. SPD und Freie Wähler kritisierten den Ortsbaumeister Josef Lang, der in einem Bericht in Regio-TV gesagt hatte, das Thema sei schon mehrfach Ansatz im Gemeinderat gewesen, man habe es aber geschoben. „Bei der Formulierung muss eine außenstehende Person zu dem Ergebnis kommen, der Gemeinderat habe geschoben. Clever formuliert, aber eine Unverschämtheit, denn geschoben hat ausschließlich das Bauamt“, sagte der SPD-Mann Gerhard Stahl. Nach Klagen über gesundheitliche Probleme wurde neben dem Raum im Untergeschoss nun ein weiterer dicht gemacht. Dort wurden bis dahin Drittklässler unterrichtet.

Mängelliste Auf Antrag von SPD, CDU und Freien Wählern beschloss der Gemeinderat, dass die Verwaltung ihm eine Liste vorlegt, die aufzeigt, welche Gebäude welche Schäden haben, wie hoch Reparaturkosten und Zeitaufwand dafür sind – und wie das Bauamt die Dringlichkeit einer Sanierung einstuft. Der Rat berät dann über die Priorisierung und sagt seine Meinung dazu.